6

317 31 1
                                    

I was ashamed to speak your name.

00:13 zeigten die roten Zahlen seines Weckers an, als Josh seine Augen öffnete und hell wach war. Sein Zimmer war erleuchtet von dem grellen Mond, der direkt in sein Zimmer strahlte. Er setzte sich auf und griff nach der Wasserflasche neben seinem Bett um sich anschließend auf die rechte Seite zu drehen und den Mond zu beobachten. Ohne es zu bemerken und sich auch irgendwie den Kopf zu zerbrechen, ist Josh auch schnell wieder eingeschlafen.

Am nächsten Morgen hatte Josh den Boden der Realität erreicht und akzeptiert. Es war als ob die gestrige Nacht alles verändert hatte und der Mond auch alles in seinem Kopf ausgeleuchtet und erkenntlich gemacht hatte. Ein Gang ins Bad, ein Griff zum Müsli, ein Schritt aus dem Haus und ein Weg zur Schule. Der Alltag setzte wieder ein und Josh wurde bewusst, dass das alles wie ein Tagtraum war. Wie viel Zeit war überhaupt vergangen? Eine Woche, oder doch ein Monat? Zwei Monate? Am Wochenende würde Weihnachten sein und Josh hatte alles um sich herum vergessen, indem er seine Sichtweite nur auf Tyler beschränkte.

Er saß im Unterricht und hatte sogar so weit es ging mitgearbeitet. Tyler war auch in der Schule, aber Josh war froh, dass er ihm nicht begegnet war. Er war wieder der selbe Einzelgänger wie vor Tyler. Vor Tyler? Selbst seine Zeitangabe hatte sich geändert. Zwei Äras in einem Leben, vor Tyler und nach Tyler. Josh schüttelte diesen Gedanken aus seinem Kopf, als er in die Straße einbog wo sein geliebtes Guitar Center war. Als er ankam, sah er wie der Besitzer ein "Ausverkauf -  alles muss raus" Schild anbrachte. Josh schluckte schwer, bis er das Wort ergriff.

"Hallo. Was ist passiert?"

"Meine Frau geht es wieder schlechter, ich habe nun keine Zeit mehr für meinen Laden. Da du nicht mehr kamst und auch Jerry gekündigt hat, muss ich jetzt wohl oder übel alles los werden."

"Oh, das klingt ja ziemlich scheiße. Ich habe in nächster Zeit wieder mehr Möglichkeiten hier her zu kommen, dann können Sie mehr bei Ihrer Frau sein."

"Das ist nett, aber ich habe keine Geldreserven um dich zu bezahlen... Das wird wohl leider nichts."

"Wie lange soll der Ausverkauf denn gehen? Ich bin froh, wenn ich nicht zuhause sein muss."

"Ohne Bezahlung? Kommt gar nicht in Frage."

"Ach kommen Sie schon, ich mache das wirklich gerne... Sie wissen doch, wenn ich an den Drums sein darf, mache ich alles."

"Wenn dir das reicht?"

"Ja, vollkommen!"

"Meinetwegen, aber auch nur, weil Kate mich braucht. Dann darfst du morgen her kommen... Hier, ich werde morgen im Krankenhaus sein."

Er übergab Josh den Schlüssel

"Vielen Dank. Ich hoffe Ihrer Frau geht es bald besser."

"Danke dir."

Josh drehte sich nickend um und ging nach Hause. Er wollte nicht nach Hause, aber was blieb ihm anderes übrig. Er öffnete die Tür, ging in sein Zimmer und setzte sich an den Hausaufgaben, googlete einige Sachen, immerhin war er länger nicht in der Schule. Danach setzte er sich auf sein Bett. Was war nur los mit ihm? Er war nie ein Vorzeigeschüler, aber warum fühlte er sich jetzt so.

Die Woche über lief es genau so ab. Morgens zur Schule, danach zum Guitar Center und abends Hausaufgaben machen und schlafen. Josh fand solch ein Leben immer trostlos, aber ihm gefiel es. Außerdem war es nicht so langweilig im Store, so kurz vor Weihnachten. Er musste keine unnötigen Konversationen führen, sah seine Mitbewohner und Familie höchstens morgens und abends und konnte sogar seinem Hobby nachkommen. Weihnachten selber war komisch, aber trotzdem familiär. Jeder bekam eine Kleinigkeit, gutes Essen, aber mehr war dem Abend auch nicht zu entlocken.

Am heutigen Tag war er gerade mit den Hausaufgaben für die Ferien fertig und hatte Abendbrot gegessen, als er sich aufs Bett setzte und sich umzog. In dem Moment klopfte es an seiner Tür und Tyler streckte seinen Kopf rein.

"Stör ich?"

"Nein, komm rein."

Tyler schloss die Tür hinter sich und setzte sich auf Joshs Schreibtischstuhl.

"Was ist los mit dir?"

"Was soll denn los sein?"

"Du redest nie, bist nur noch weg oder in deinem Zimmer, ich mache mir Sorgen."

"Brauchst du nicht. Immer hin warst du es, der verständlich gemacht hat, dass du nichts mit mir zu tun haben möchtest."

"Ich weiß. Es tut mir leid."

Tyler senkte seinen Kopf. Er hatte bis jetzt den Blickkontakt gesucht, doch Josh war nicht drauf eingegangen.

"Dir brauch das nicht leid tun... War ja meine Schuld."

"Hör auf. Die Zeit hier hat mir die Augen geöffnet, du hattest Recht. Meine Familie war schon immer kaputt und die Prügel einzustellen, nur damit niemand anderes was abbekommt, war ganz schön scheiße. Es tut mir leid, dass ich dir das alles so übel genommen habe."

Josh guckte zu Tyler rüber. Sein Kopf ratterte, er hatte jetzt seit einer Woche sein Leben im Griff, soll er zulassen, dass ein gewisser Tyler das wieder zerstört?

"Ach ist schon gut."

"Nein, das ist nicht gut."

Ein lange, unangenehme Stille breitete sich aus. Nach fünf Minuten schweigen, schickte Josh Tyler raus. Er wolle schlafen gehen und das gerne ohne Tyler.

An schlafen war jedoch nicht zu denken, nach vier Stunden grübeln stand er auf, er wusste nicht genau wo er hin wollte. Als er die Tür öffnete, stand ein Tyler vor ihm, der gerade zu ihm wollte. Ohne zu zögern vielen sich die Beiden in den Arm und gingen während der Umarmung zurück in Joshs Zimmer.

"Warum distanzierst du dich so von mir?"

"Weil ich blind war, blind vor Verwirrung und Hass. Es tut mir leid."

Tyler vergrub seinen Kopf in Joshs Schulter. Joshs Hand strich ruhig über Tylers Haaransatz am Nacken.

"Ich habe mich zu lange geweigert dich auch nur zu erwähnen oder gar anzusehen."

"Warum?"

"Weil ich mich so schrecklich schuldig gefühlt habe, dass ich mich nicht würdig sah, deinen Namen auch nur in den Mund zu nehmen... Ich habe so viel falsch gemacht."

"Hey, guck mich an. Du hast das Richtige getan...
War das im Krankenhaus ernst gemeint? Das über deine Gefühle für mich?"

"Ich schätze schon."

Tyler hebte seinen Kopf von Joshs Schulter und zog diesen an sich, um ihm einen Kuss zu geben. Josh jedoch erwiderte diesen nicht.

"Es tut mir leid, ich brauch jetzt Zeit für mich."

"Nein, mir tut es leid."

Tyler öffnete die Tür.

"Warte! Wir sollten aufhören uns zu entschuldigen, das ist ein nerviger und endloser Kreislauf."

Tyler ging aus dem Zimmer und ins Wohnzimmer um Fernsehen zu gucken, um auf andere Gedanken zu kommen und um sich einen Plan auszudenken, wieder an Josh ran zu kommen. Er braucht ihn und er weiß, dass es andersrum genauso ist.

Save me. | Joshler | TØP FF | Twenty One Pilots (Buch 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt