Schattenseite

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Schattenseite



Gleißendes Sonnenlicht fiel durch mein Fenster den Schreibtisch entlang auf die gegenüberliegende Wand des Fensters. Ein wenig geblendet durch das grelle Licht suchte ich nach meinem Französischbuch, dass irgendwo unter einem Stapel Hausarbeiten versteckt sein musste. Ganz nebenbei telefonierte ich auch noch mit Jason, der am anderen Ende der Leitung schon deutlich besser klang, als noch bei unserem Abschied. ,,Und nachher kommen die Dachdecker" beendete er seine Erklärung über das Haus seiner Großmutter. ,,Das hört sich nach noch ziemlich viel Arbeit an" meinte ich, während ich mit einer Hand das Buch unter dem Stapel hervorzog. ,,Ja, dass ist es auch, aber ich bin froh über die Ablenkung. So kann ich für ein paar Stunden alles vergessen." ,,Ich vermisse dich" platzte es aus mir heraus, auch wenn ich genau diesen Satz vermeiden wollte, denn Jason brauchte sicherlich nicht noch mehr Sorgen und eine einsame Freundin würde dem nicht besonders zu tun. ,,Ich dich auch, aber sobald ich wieder auf dem Damm bin, komme ich zurück und dann lasse ich dich nicht mehr los." Bei seinen Worten bildete sich ein Lächeln auf meinen Lippen. ,,Das hoffe ich und bis dahin komme ich klar. Ich will nur das es dir bald wieder besser geht" erwiderte ich ruhig. Mit einem Blick auf die Uhr verschwand diese Ruhe jedoch schlagartig, denn ich musste schleunigst los, wenn ich einigermaßen pünktlich kommen wollte. Zeitmanagement war im Moment wirklich nicht meine Stärke. ,,Jason. Ich muss auflegen, sonst komme ich zu spät. Ich liebe dich" erklärte ich hastig, schnappte mein Buch und legte auf ohne auf ein weiteres Wort von ihm zu warten.


Nach vier eher unspektakulären Stunden freute ich mich riesig auf die Mittagspause und das damit verbundene Mittagessen, dass auf mich wartete. Beim Betreten des Schulhofs suchte ich vergeblich nach Emily, Aria und Spencer, doch ich fand Hanna, die ganz in Gedanken vertieft an unserem Tisch saß. Ihr Essen, das auf einem Tablett vor ihr stand, war kaum angerührt. Ich stellte mein Tablett neben ihrem ab und ließ mich neben sie fallen. ,,Was ist los" fragte ich, als sie es endlich schaffte mich bedrückt anzusehen. Wortlos reichte sie mir ihr Handy. ,,Im Apple Rose Grill bei Ladenschluss. Komm allein oder Caleb muss büßen. -A" las ich halblaut vor. Ich kniff kurz die Augen zusammen. Jetzt verstand ich, warum ihre Stimmung im Keller war. ,,Was ist im Grill" hakte ich nach, als ich ihr, ihr Handy über den Tisch zu schob. ,,Keine Ahnung. -As Abendessen" antwortete Hanna schulterzuckend. ,,Wann hast du das gekriegt" fuhr ich fort, ohne auf ihre sarkastische Bemerkung einzugehen. ,,Heute Morgen. Ich habe mit Caleb zwei Sekunden geredet und Bumm, kam die Nachricht." ,,Glaubst du es ist wegen Mona" fragte ich und schob mir einen Bissen Auflauf in den Mund. ,,-A weiß wahrscheinlich, dass sie meinetwegen in Radley bleiben konnte" meinte Hanna niedergeschlagen. ,,Hat Wren irgendwas darüber gesagt, wie es ihr geht?" Plötzlich wurde Hanna unruhig und rutschte auf ihrem Platz hin und her. ,,Oh. Ich weiß nicht" stammelte sie. ,,Ich habe seitdem nicht mit ihm geredet." Ich beschloss ihr Verhalten zu ignorieren und mich lieber weiter mit dem aktuellen Problem auseinanderzusetzen. ,,Du kannst da nicht hin. Viel zu gefährlich." ,,Belle, wenn jemand Jason drohen würde" setzte Hanna verzweifelt an, doch ich unterbrach sie unwirsch. ,,Dann würdest du mir hoffentlich das Selbe sagen. Diese Woche habe ich schon jemanden verloren und wenn Jason nach Rosewood zurückkommt, dann hoffe ich das er heil zurückkommt, okay." Meine Stimme klang so bestimmend, dass Hanna klar war, dass kein Widerspruch möglich war. ,,Also bitte versprich mir, dass du nicht hingehst" fügte ich sanfter hinzu. ,,Okay. Versprochen" entgegnete Hanna, ihrem Gesicht konnte ich dabei deutlich ablesen, dass es ihr jedoch sehr missfiel.

Zwischen uns trat Schweigen, in dem wir unseren eigenen Gedanken nachhingen, bis Emily in unser Blickfeld geriet. Sie betrat in Begleitung von Paige den Schulhof und zu unserer Überraschung strahlte sie vor Freude. ,,Seit Mayas Tod sehe ich sie zum ersten Mal so lachen" sprach ich meinen Gedanken aus. ,,Ich nehme an, dass wir ihr nach wie vor nichts von dem Zugang zu Mayas Website sagen" erwiderte Hanna zähneknirschend. Mein Gesichtsausdruck wurde ernster. ,,Sie verdient einen Moment Unbeschwertheit, bevor wir sie ins Maya Wurmloch ziehen." ,,Aria denkt es war ein Zeichen, dass Emily an diesen Abend nicht erreichbar war" warf Hanna ein und klang dabei deutlich gelassener. ,,Als ob das Universum sie glücklich sehen will." ,,Das Universum ist ein willkürlicher Scheißkerl" sagte ich und nippte an meinem Wasser. Es stimmte das Universum hatte sich gegen uns verschworen, denn immer wenn etwas gutes passierte, kam es doppelt so schlecht wieder zurück. Vielleicht hatte das jedoch eher mit -A, als mit dem Universum zutun. ,,Hey" begrüßte uns Em, die mit Paige an unserem Tisch stoppte. ,,Hey. Hi Paige" gab ich zurück und wandte mich von Hanna zu ihnen um. ,,Wie geht's euch" fragte Em. ,,Äh. Ganz gut" antwortete ich und sah hilfesuchend zu Hanna. ,,Ja. Großartig" stimmte diese mir übertrieben fröhlich zu. Es wirkte eher merkwürdig, als überzeugend. ,,Großartig" wiederholte Emily misstrauisch Hannas Worte. ,,Okay, wir sehen uns" verabschiedete sich Em und verließ mit Paige im Schlepptau unseren Tisch und den Schulhof. Ich biss mir auf die Lippe, denn das Gefühl von Schuld machte sich in mir breit. Auch wenn es nur zu Emilys Besten war, hintergingen wir sie und mehr Heimlichtuerei brauchte ich nun wirklich nicht. Schließlich zog so etwas -A magisch an.

Never trust a pretty girl with an ugly secret → 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt