Die junge Frau stand mit dem Rücken zu mir und ließ ihre blasse Hand gerade sanft über die Nüstern des schwarzen Pferdes streichen. Ich hörte wie sie leise murmelnd zu ihm sprach, doch verstand die Worte nicht.
Ich hatte keine Ahnung wer sie war, jedoch registrierte ich augenblicklich, dass sie ein kupferrotes Gewand trug. War sie es gewesen, die Ann und mich vorhin belauscht hatte?
Ihr Haar war dunkelbraun, fast schwarz und sehr lang. Sie fielen ihr wie ein Schwall dunkler Tinte den Rücken herab.
Ich räusperte mich leise. Die Frau zuckte kaum merklich zusammen und hielt in ihrer Bewegung inne. Dann drehte sie sich zu mir um.~
Sie musterte den Kartenspieler mit unverhohlener Neugierde. Ja, sie wusste, dass er der Kartenspieler war. Sie hatte seine Magie mit eigenen Augen zuerst auf der Straße, dann im Wirtshaus gesehen. Fasziniert hatte sie das Ganze genau sosehr, wie es sie auch geängstigt hatte. Aber ihre Neugierde hatte dieser Mann allemal geweckt. Außerdem war sie ziemlich stolz darauf, ihm durch das halbe Dorf gefolgt zu sein. Wenn man den Geschichten trauen durfte, hätte das nicht so einfach sein dürfen. Sie war sehr gespannt, was der Kartenspieler noch an Geheimnissen verbarg. Und ob der Rest der Gerüchte stimmte. Der Mann ihr gegenüber musterte sie genauso unverholen, wie sie es vorhin bei ihm getan hatte. Leider gab es an ihm gar nicht viel zu entdecken. Man konnte seine eleganten, anmutenden Bewegungen erkennen, die sie schon zuvor registriert hatte. Die aufrechte, große Statur und einen riesigen schwarzen Mantel, unter dem nur ein wenig blasse Haut an der Halspartie hervorlugte.
Sie fand den Unbekannten sowohl aufregend als auch ängstigend, doch ihre Absicht war klar. Sofort als das Orakel zu ihr gekommen war und ihr mitgeteilt hatte, dass der Kartenspieler eine Gefährtin auf seiner Reise brauchte, hatte die junge Frau sich dazu entschieden ihn zu begleiten.
,,Was tust du hier? Verschwinde!" Die Stimme des Mannes war tief und rau. Als hätte er sie lange Zeit nicht genutzt. Mit großen, dunkelbraunen Augen sah sie zu ihm auf. ,,Nein. Ich werde dich auf deiner Mission begleiten. Das Orakel hat mich geschickt." Für einen Moment schien er erstaunt und sprachlos. ,,Die alte Ann? Ich brauche keinen Begleiter!" Die Frau rollte genervt mit den Augen. Das Orakel hatte ihr gesagt, dass es so kommen und er mit allen Mitteln versuchen würde sie loszuwerden. ,,Da war Ann aber andere Ansicht.“,konterte sie, ,,Ich komme mit!" Sie versuchte so überzeugend wie möglich zu klingen, um ihre Entschlossenheit kenntlich zu machen. ,,Du würdest mich nur ausbremsen und angreifbar machen. Außerdem bin ich alleine praktisch unsichtbar, wenn du verstehst was ich meine." Seine Stimme hatte etwas herablassend, arrogantes und sie wäre ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen. ,,Tja, dann hast du eben Pech gehabt. Es ist schließlich mein Pferd, auf dem du reiten möchtest." Sie grinste höhnisch, wandte sich ab und tat so als wollte sie die Stute an den Zügeln davon führen. Einen Moment lang rang der Mann mit sich. ,,Warte!",rief er dann doch verärgert. ,,Schon gut! Gib mir das Pferd!" Sein Tonfall gefiel ihr ganz und gar nicht. Gerade so, als wollte er sich - kaum hatte sie ihm ihre liebste Stute ausgehändigt - vom Acker machen. ,,Das Pferd hat einen Namen!" Sie zog wütend eine Augenbraue hoch. ,,Na und? Es ist mein Mittel zum Zweck. Ich muss jetzt aufbrechen. Ich verliere kostbare Zeit. Es wird bereits hell und die halbe Stadt ist auf der Suche nach mir!",erwiderte er aufgebracht. Okay, jetzt war sie wirklich sauer. ,,Wenn du so weiter machst, kannst du gleich gucken, wo du ein Reittier herbekommst!“ Die Frau sah einen Mundwinkel des Kartenspielers belustigt zucken. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, zu was er wohl alles im Stande war ihr anzutun, wenn sie ihre Zunge nicht hütete. Dennoch wollte sie nicht kleinbei geben. Dafür war ihr Stolz zu groß. ,,Sie heißt Sandy. Verstanden?!" Die Frau hatte den Eindruck als würde sie seine Augen, durch das Dunkle der Kaputze, belustigt glänzen sehen. ,,Sandy. Soso." Er machte eine kurze Pause. ,,Na dann gib mir doch deine liebe Sandy, damit ich endlich los kann." ,,Wir!",erinnerte die Frau ihn. ,,Was?" ,,Wir können dann endlich los!",sagte sie gereizt.
,,Achso, natürlich. Wie du wünschst. Und jetzt komm schon!" Er machte einen Schritt auf sie zu. Sie war erstaunt, dass er sich so schnell hatte erweichen lassen. ,,Moment noch!",sagte die junge Frau und versuchte krampfhaft ihre aufrechte, stolze Haltung zu bewahren, ,,Ich möchte deinen Namen wissen. Deinen echten, vollen Namen." Für einige Sekunden lang konnte sie seinen stechenden Blick spüren. Dann sah sie wie er den Kopf schief legte. ,,Ich frage mich, ob du ihn nicht bereits kennst." Seine Stimme war lauernd. Als würde er nur darauf warten, dass seine Beute einen falschen Schritt machte. Ihr Blick, der bislang auf seiner breiten Brust gelegen hatte, schoss nach oben. Erneut fragte sie sich, wie seine Augen wohl aussehen mochten, verbannte diese Überlegung jedoch vorerst aus ihrem Kopf. So wie er sie nun anschaute ahnte sie, dass er wusste, dass sie ihn und das Orakel vorhin in der Kammer belauscht hatte.
Leider hatte die Frau dabei gar nicht allzu viele Informationen erlangt. Ihr war bloß irgendein Gerede von Schicksal, Urväter und dieser eine Satz, der auf der Pergamentrolle stand im Gedächtnis geblieben. Doch viel konnte sie damit wirklich nicht anfangen. ,,Sag mir: Hast du mich und das Orakel belauscht?",fuhr der Kartenspieler nun fort und sie zuckte schuldbewusst zusammen. Bei seinem scharfen Unterton bekam die junge Frau eine Gänsehaut. Langsam nickte sie. ,,Ja, das habe ich. Und das Orakel hat mich die ganze Zeit gesehen und mich doch nicht weggeschickt. Sie wollte es so." Der Mann legte eine Hand an sein Kinn. ,,Ist das wahr? Interessant. Also sollst du mich wohl wirklich begleiten?" ,,Ja!",bestätigte die Frau ohne zu zögern. Sie blickte den Kartenspieler so offen und aufrichtig an, das diesem ein leichter Schauer über den Rücken fuhr. ,,Und du willst dass auch wirklich?" Er ließ es wie eine Frage klingen, doch in Wahrheit war es purer Zeifel daran, ob das Mädchen in der Lage war, mit ihm mitzuhalten. ,,Ja!",wiederholte sie abermals. ,,Na dann los!" Ungeduldig kam er noch weiter auf die Frau zu. ,,Stopp! Du hast meine Frage nicht beantwortet!" Er hielt in der Bewegung inne. ,,Mein Name wäre wie Gift auf deinen Lippen.“ Er hielt kurz inne und die junge Frau konnte nicht anders als ihn anzustarren. ,,Eigentlich hat es nicht den geringsten Nutzen für dich, meinen Namen zu kennen. Es würde sowohl mich, als auch dich in große Gefahr bringen. Du würdest die neue Zielscheibe werden. Was rede ich? Du wirst die neue Zielscheibe werden, sobald man dich in meiner Gesellschaft gesehen hat! Willst du hier wirklich alles aufgeben?" Darüber brauchte sie nicht lange nachzudenken. ,,Ich habe hier nichts mehr, was ich aufgeben kann. Meine Eltern und alle vier Geschwister sind mir vor kurzem genommen wurden und ich bin komplett allein in dieser Welt. ...Mit Ausnahme der zwei Pferde natürlich.",fügte sie rasch hinzu und unterdrückte den Knoten in ihrer Brust, als sie an ihre Familie dachte. ,,Verstehe.",murmelte der Mann und klang nachdenklich. Kein Funke Mitleid schwang in seiner Stimme mit, doch das fand die Frau nicht weiter schlimm. Von jemandem wie ihm wollte und brauchte sie kein Mitleid. ,,Ich kann dir meinem vollen Namen nicht anvertrauen, Mädchen. Wenn du gefangen genommen wirst, ist das erste was sie tun werden, dich zu foltern um an Informationen über mich zu gelangen." ,,Tu nicht so als würdest du dich um meine Sicherheit sorgen!",motzte sie beleidigt. ,,Nein. Das habe ich nie behauptet. Von mir aus kannst du sehr gerne hier bleiben." Seine Stimme klang amüsiert und sie konnte weiße Zähne aufblitzen sehen. ,,Idiot!",murmelte sie und zog mit einem Ruck den Sattelgurt des Pferdes fester. ,,Ich heiße Elysia. Meinen Namen kannst du ruhig wissen. Ich möchte nämlich nicht immer nur 'Mädchen' von dir genannt werden!“ Als sie sich wieder schwungvoll zu den Mann umdrehte stieß sie gegen seine Brust. Er hatte den bereits geringen Abstand zwischen ihnen überwunden und beugte sich nun zu ihr hinunter. ,,Soso. Elysia also.“,flüsterte er ihr ins Ohr. ,,Und weißt du auch was dieser Name bedeutet? Ich nämlich schon.“
Sie starrte ihn mit großen Augen an. Nein, sie wusste es nicht. Den Namen hatte ihr Vater ihr gegeben und sie hatte ihn nie weiter infrage gestellt. Anscheinend spürte er ihre Unsicherheit, denn ohne ein Wort zu sagen, nahm er ihr die Zügel aus der Hand und glitt elegant auf den Rücken des Pferdes.*******
Hallo meine Lieben!Ich würde super gerne eure Meinung zu dem neuen Cover erfahren!!
Was haltet ihr von Elysia?
Und was ist bloß die mysteriöse Vergangenheit des Kartenspielers?Beste Grüße,
eure theWorld24
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Der Kartenspieler
Fantasy~Das Schicksal mischt die Karten, doch du spielst das Spiel~ ,,Ich lebe in den Schatten. Niemand sieht mich. Ich habe keinen Namen." **** Er schaute sie lange an. In seinem Blick lag etwas, das sie nicht deuten konnte. Seine Haare waren zerzaust und...