4. Kapitel

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Ich sah sie irritiert an. Wie bitte? Ich war wirklich vielen Menschen in meinem bisherigen Leben etwas schuldig geworden - auch Ann - doch wieso forderte sie meine Gegenleistung ausgerechnet jetzt ein? Ich fand es in dieser Situation mehr als unpassend. ,,Was? Was willst du fordern, Delphie?" Ich musterte sie ernst und mit ausdrucksloser Mine, als sich ein breites Lächeln auf ihren Lippen bildete. ,,Ich verlange, dass du spielst.", sagte sie ohne Umschweife. ,,WAS?" Ich riss verwundert die Augen auf. ,,Ich fordere, dass du heute Nacht Karten spielst. Hier und jetzt, vorne in der Gaststätte."
,,Mit wem?", fragte ich argwöhnisch und musterte sie.
Sie zuckte die Schultern.
,,Wieso?", wollte ich erneut wissen.
,,Du hast kein Recht darauf es zu hinterfragen, Junge." Ärgerlich Kniff sie die Augen zusammen. ,,Ich bestehe darauf. Dann wird deine Schuld bei mir beglichen sein. Ich fordere bloß ein einfaches Spiel, mit deinen Karten. Nichts weiter." Sie sah mich durchdringend an. Ich hatte keine Ahnung auf was sie hinaus wollte und es war für mich nicht gerade ungefährlich, doch schließlich nickte ich knapp.
Langsam drehte ich mich der Tür zu, und sah dass sie nur angelehnt war. Hatte ich sie vorhin nicht geschlossen? Misstrauisch stieß ich sie auf und schaute den Gang hinauf. Ich sah gerade noch, wie ein kupferroter Kleidersaum um die nächste Ecke wehte.
,,Es hat uns jemand belauscht!", rief ich erschrocken und wirbelte zu Ann herum. Diese reagierte nicht und drängte sich gelassen an mir vorbei. Hastig folgte ich ihr und lief den Gang entlang zurück in den Pub. Dort war es mittlerweile noch voller geworden und überall feierten Menschen. Eine wilde Musik erklang und die hohen Flötentöne schrillten laut in meinen Ohren. Es war unangenehm eng in der Hütte. Eilig ließ ich den Blick über die Menschenmenge gleiten. Wer hatte und belauscht?, dachte ich voller Panik. Niemand sollte und durfte von meiner Mission erfahren! Wenn ich verraten würde, würde ich dem König ausgeliefert werden müssen. Nervös trat ich von einem auf den anderen Fuß. Plötzlich zupfte mich jemand am Ärmel. Ich blickte hinab auf das Delphi. Sie grinste höhnisch. ,,Jetzt mach dir mal nicht ins Hemd Junge! Wir hatten eine Abmachung, schon vergessen?" Benommen nickte ich. ,,Such du jemanden aus, Ann. Mir ist egal gegen wen ich spiele. Ich werde sowieso gewinnen, dass weißt du?" Sie nickte wissend und blickte sich nun ebenfalls im Raum um. Dann zeigte sie mit ihrem krummen Finger, auf einen stämmigen, vollbärtigen Mann in einem karierten Holzfällerhemd, der nicht weit von uns entfernt saß und sich lachend mit einem anderen Mann unterhielt. Gehetzt sag ich die Alte an. ,,Muss das denn wirklich sein, Ann? Ich verliere kostbare Zeit.“ Darauf erntete ich bloß einen strafenden Blick ihrerseits. Ich seufzte und schlenderte zu den Männern hinüber. Als ich direkt vor ihrem Tisch stand, stütze ich beide Hände auf die hölzerne Platte ab, sodass ihr Gespräch jäh verstummte und sie fragend aufblickten.
,,Habt Ihr Interesse eine Runde Karten zu spielen, mein werter Herr?", sprach ich den Bärtigen nun direkt an. Er hob erstaunt eine Augenbraue. ,,Ihr spielt Karten?" Er musterte mich interessiert. ,,Was ist Euer Einsatz?", fragte er skeptisch. Ich unterdrückte ein Grinsen. Er wollte einen Wetteinsatz?
,,Wenn du gewinnst schenke ich dir zehn Silberstücke.", erklärte ich ihm gespielt gelangweilt. Ich wusste das es ein hoher Einsatz war, den er mir kaum abschlagen konnte. Nun hob er beide Augenbrauen. ,,Das ist viel!", stellte er verwundert fest, ,,Was verlangt Ihr dann erst von mir?" Ich lachte leise. ,,Nichts. Es geht bloß um... meine Ehre." ,,Seid ihr sicher?", fragte er misstrauisch nach. Ich mochte Gegner, die sich um die Fairness im Spiel sorgten, doch diese Sorge war unbegründet und überflüssig. Natürlich war jedes Spiel, das gegen mich gespielt wurde im Grunde unfair. Also nickte ich und zückte die Spielkarten aus der Innenseite meines Mantels. Ich zog mir einen Stuhl heran, der gerade von einem Pärchen verlassen wurde, das nun zur Tanzfläche lief. Ich mischte die Karten elegant und sehr schnell. Zu schnell um natürlich zu wirken. Für ein menschliches Auge waren es nur ein paar Wimpernschläge, doch ich war einfach zu routiniert darin. Ich kannte nichts besser als meine Spielkarten. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Ann näher gekommen war und mich aus sicher Entfernung beobachtete. Was wollte sie eigentlich mit dieser Aktion bezwecken? Ich legte die nun gemischten Karten, zwischen uns auf den Tisch. ,,Wollt Ihr noch einmal mischen?", fragte ich den Mann höflich. Dieser schüttelte perplex den Kopf und starrte die Karten fasziniert an.
,,Das ist aber ein sehr hübsches Deck Karten!", stellte er fest und seine Augen klebten förmlich an den verschnörkelten  Spielkarten. Ich grinste. Jawohl, diese Karten waren mein ganzer Stolz. Alles woran ich noch glaubte und bei dem ich mir noch sicher sein konnte ehrlich gesagt.
Mir behagte es nicht, dass fremde Finger sie gleich berühren würden, doch ich gehorchte Ann und verteilte sie.
,,Wir spielen Siromas.", klärte ich den Mann auf. Dieser nickte zustimmend. Es war hierzulande ein bekanntes Strategiespiel und funktionierte ähnlich wie Pocker.
Eine für ihn,
eine für mich.
Eine für ihn,
eine für mich.
Als schließlich jeweils zehn Karten verteilt waren, deckte ich die oberste Karte des restlichen Stapels auf. Es war eine wunderschöne Zeichnung eines Kreuzkönigs abgebildet. Er hielt in seiner rechten Hand einen goldenen Apfel und in seiner Linken, ein ebenfalls goldenes Zepter mit einem dicken marineblauen Edelstein, der als Knauf diente. Der Stein funkelte kostbar im Licht der flackernen Kerzen um uns herum, doch das konnte nur ich sehen.
Ein roter Merlinmantel mit weißem, flauschigem Kragen umhüllte den Körper des Königs.
Er selber hatte dichtes, dunkles Haar und ein ovales Gesicht. Seine grünen Augen blicken starr geradeaus und ich hatte beinahe das Gefühl, dass er durch mich hindurch sah. Der schmale Mund war zu einem verkniffenden Lächeln verzogen und außerdem trug er einen gepflegten Drei-Tage-Bart. Dieses Gesicht war mir so vertraut wie nur weniges auf der Welt, doch ebenso gefürchtet. Es war eine Person die ich einst kannte oder zumindest geglaubt hatte zu kennen. Ein Vertrauter, der mein Vertrauen jedoch nicht wert gewesen war. An jeder der vier Ecken der Karte, war ein schwarzes Kreuz abgebildet. Der Künstler hatte nicht auf kleine Details verzichtet und so wirkte das Bild verblüffend echt. Auch für menschliche Augen.
,,Wirklich fantastisch, diese Karten!", sagte plötzlich eine Stimme direkt neben meinem Ohr. Der andere Mann hatte sich ebenfalls vorgebeugt und begutachtete den Stapel. ,,Wer ist der Künstler?", fragte der Bärtige neugierig. ,,Was tut das zur Sache?", antwortete ich nun eine Spur gereizt. Ich hatte nicht das geringste Bedürfnis ihnen auch nur irgendetwas über mich zu verraten. Ich registrierte wie die Männer verärgert Blickte tauschen. Ich nahm meine Karten auf die Hand und betrachtete sie. Sie waren gut. So gut eben, wie ich es gewohnt war. Ich achtete darauf, nicht sofort im ersten Zug meine Karten darzulegen und wartete geduldig zwei seiner Züge ab.

Schließlich breitete ich eine Karte nach der anderen vor meinem Gegner aus. Ein zufriedenes Grinsen stahl sich auf meine Lippen und ich steckte mir genüsslich eine Weintraube in den Mund. Ich ließ dem Mann einen Moment Zeit, die Symbole zu betrachten. Es ergab die höchste Punktzahl, die man erreichen konnte und das erkannte er nun auch. Er blickte auf und ich begegnete seinem fassungslosen Blick. ,,Wie?", stammelte er, ,,Wie ist das möglich in drei Zügen?" Ich zuckte mit den Schultern. ,,Pures Glück!" Ich zwinkerte. Und sammelte die Karten wieder ein. Mittlerweile standen mehrere Leute um uns herum und beobachteten gespannt die Situation. Ich fragte mich, ob ich absichtlich noch schlechter hätte spielen sollen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, aber ich wusste gar nicht ob ich das gekonnt hätte. Kartenspiele waren meine Leidenschaft, dabei ging mein Instinkt einfach mit mir durch.
,,Das war's dann wohl mir den zehn Silberstücken. Ihr musstet Euch eurem Sieg wirklich sehr sicher gewesen sein.", stellte der Mann fast schon enttäuscht fest. Doch dann zuckte er mit dem Schultern. ,,Eines müsst Ihr mir allerdings noch verraten." Er beugte sich mit interessierter Miene vor. ,,Ich gehe davon aus, dass Ihr mich nicht hintergehen wolltet, jedoch..." Er beugte sich noch ein Stück vor,
,,Weshalb fehlt die Karte Eurer Herzdame?"

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Hallo meine lieben Leser!

Ich dachte es wäre an der Zeit mich kurz zu melden um all jenen zu danken, die die Geschichte des mysteriösen Kartenspielers bisher mitverfolgt haben!

Liebend gerne würde ich erfahren, ob euch die Story bisher gefällt oder ob es eventuell auch Verbesserungsvorschläge eurerseits gibt.

Schreibt mir eure Gedanken gerne in die Kommentare! :-*

Weiterhin wünsche ich viel Spaß beim Lesen!

Eure theWorld24

Der KartenspielerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt