Wir waren bereits einige Stunden unterwegs. Elysia war mir schweigend auf ihrem hellbraunen Hengst gefolgt und hatte nur ein einziges mal um eine kurze Pause gebeten. Dreimal kreuzten Wächter unseren Weg, doch wir zogen uns ins Dickicht des Waldes zurück und ließen sie passieren, bis uns schließlich einen von ihnen entdeckte und ich blitzschnell meine Kartenmagie anwandte. Kaum hatte ich die Karte in die Luft geblasen blickte der Wächter durch uns hindurch. Ich merkte, dass ich Elysia nicht geheuer war, doch das war mir ganz Recht so. Vielleicht würde sie mich dann irgendwann freiwillig verlassen. Als die leere Karte zu Boden segelte, hatte sie ihr stirnrunzelnd nachgesehen und mich dann mit einem undefinierbaren Blick gemustert. Doch mich kümmerte das nicht. Ich hatte nie um eine Gefährtin gebeten. Ich hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, Elysia einfach in der ersten Nacht zurückzulassen, hatte diese Idee allerdings wieder verworfen. Sie durfte mich nicht bloß begleiten, weil Ann es so vorhergesehen hatte, sondern auch weil mir eingefallen war, dass auch ich in einer meinen Visionen ein Mädchen mit langen, dunklen Haaren gesehen hatte. Es war gut möglich, dass es sich dabei um Elysia gehandelt hatte. Sicher war ich allerdings nicht. Ich dachte über meine Zukunft nach. Würde wirklich alles so geschehen, wie Ann es mir gezeigt hatte? Sie sagte, es seien bloß Hinweise und es wäre möglich, dass sich noch alles änderte. Doch wenn ich mich nicht an diese Visionen hielt, wo würde ich denn dann letztlich enden? Und hatte Ann mir die Visionen in der richtigen Reihenfolge gezeigt? Ich brauchte einen Plan und mehr als diese Zukunftsvisionen konnte ich mir wahrlich nicht erhoffen.
Also war ich dem Wink gefolgt und hatte mich nach Westen begeben. Zunächst wollte ich so weit wie möglich von dem Pub weggelangen.
Als ich meinen Gedanken so nachhing schoben sich plötzlich dunkle Regenwolken vor die Sonne und ein kühler Wind fuhr durch die grünen Baumkronen des Waldes.
Ferner Donner kündigte grelle Blitze an, die sich surrend in der schwülen Luft entluden.
Es war Spätsommer und heftige Gewitter waren momentan keine Seltenheit. Auch heute braute sich ein heftiges Unwetter zusammen. Auch Elysia bemerke den Wetterumschwung und wurde unruhiger. ,,Ich weiß ja, dass du mir nicht sagen willst, was eigentlich das Ziel unserer Reise ist. Aber mir wäre es doch ganz lieb ein Dach über dem Kopf zu haben, wenn der Sturm losgeht.",erklärte sie mir und sah mich auffordernd an.
,,Ganz in der Nähe ist ein Unterschlupf, den ich bereits viele Male genutzt habe. Dort sind wir sicher.",erklärte ich ihr bereitwillig. ,,Oh, schön.",sie wirkte kurz angebunden, ,,Und ich dachte schon, du würdest beliebig in Richtung Westen reiten. Das ist mir nämlich aufgefallen. Also das wir nach Westen reiten, mein ich!" Sie klang ziemlich stolz darauf, diese Erkenntnis gemacht zu haben und ich konnte darüber nur grinsend den Kopf schütteln. ,,Warum verrätst du mir nicht, was im Westen liegt?",murmelte sie und erwartete anscheinend keine Antwort. Die konnte und wollte ich ihr auch nicht geben. Es ging sie einfach nichts an. Das hier war meine Aufgabe die ich zu bewältigen hatte. Außerdem war es eines der tiefsten und komplexesten meiner Geheimnisse, das nicht so einfach auszuplaudern war. Vielleicht - ja ganz vielleicht - erfuhr sie es eines Tages. Schließlich würden wir auf unserer Reise gewisse Leute aufsuchen, die ein Teil dieses Geheimnisses waren...Es hatte bereits zu regnen begonnen, als wir an meinem Unterschlupf ankamen. Dicke Tropfen durchnässten unsere Kleidung und ich war froh, als ich den Spalt zwischen den Felsen endlich entdeckte. Wir befanden und tief im Herzen des Waldes. Die letzten Minuten waren wir schweigend unseren eigenen Pfaden durch das feuchte Unterholz gefolgt. Die Natur hier war so unberührt, dass die Pflanzen höher als gewöhnlich neben uns aufragten und jeder Zentimeter von Farnen und Moos bedeckt war. Vor uns ragte ein zerklüfteter Felsen auf, der mehre Meter hoch war und an dessen rechten Seite sich im Verborgenen die besagte Spalte auftat, durch die gerade so ein Mensch hindurch passte. Uns blieb also nichts anderes übrig, als die Pferde an einen Baum davor zu binden, an dem es relativ trocken war. Die Laubdecke der Bäume bildete glücklicherweise ein dichtes Geflecht.
,,Was wenn sie sich losreißen?", fragte Elysia skeptisch. Ich zucke mit den Schultern. ,,Die Felsspalte ist nunmal zu eng für die Tiere. Ich jedenfalls werde jetzt ins Trockene gehen." Ich musste meine Stimme gegen den tosenden Sturm erheben, der in den Blättern tobte. ,,Das Gewitter wird sowieso nicht allzu lange dauern. Die letzten Tage war es kurz und heftig. Und jetzt komm schon!" Widerwillig tätschelte sie ein letztes Mal die Nüstern ihrer Reittiere und folgte mir dann. Ich zwängte mich seitlich durch die Felsspalte und folgte dem rauen Stein bis er breiter wurde und in einer Art Höhle endete. Rund um uns herum ragten nun vier Meter hohe Felswände empor, und ein weiterer umgestürzter Stein bildete ein schützendes Dach. Hier waren wir vor dem prasselnden Regen geschützt. Zielsicher ging ich weiter in dir Höhle hinein, bis ich an der rechten Seite eine kleine Holzkiste fand und sie öffnete. Darin befanden sich Leinentücher und wie erhofft auch einen kleinen Vorrat an Nüssen, Gemüse und Obst. Ich schmiss Elysia einen Apfel zu, den sie erschrocken auffing. ,,Hier, iss." Sie rümpfte angesichts meines Befehlstons die Nase, biss jedoch genüsslich hinein. Ich selbst steckte einige Nüsse in meine Manteltasche, erhob mich und klopfte mir den Staub von der Hose. Ohne ein Wort zu sagen ging ich tiefer in die Höhle hinein, bis ich eine Öffnung im Fels fand, die ich durchschritt.
,,Hey! Wo willst du hin?", rief Elysia hinter mir empört und schloss zügig zu mir auf. Ich antwortete nicht und zog mich die Wand empor ,,Warte doch!", hörte ich sie rufen. Seufzend sah ich auf sie herab und beobachtete wie sie vergeblich versuchte auf die Steinplatte vor ihr zu klettern. ,,Bleib unten Elysia", sagte ich resigniert, doch mir war bewusst dass ich mit diesen Worten ihren eisernen Willen nur noch mehr herausforderte. Mit einem Ruck zog sie sich zu mir herauf und stand mir nun mit wütenden Blick gegenüber. ,,Das hättest du wohl gerne! Man lässt eine Dame nicht alleine in einer modrigen, dunklen Höhle zurück!" Ich grinste sie schief an. ,,Eine Dame?" Augenblicklich liefen ihre Wangen rot an und sie zog ihre Schultern hoch. Ohne weiter darauf einzugehen drehte ich mich um und kletterte weiter den schwarzen Fels hinauf bis ich durch eine hölzerne Treppe in eine Art Baumhaus gelang. Ich hatte es zwischen die beiden Felsen gebaut und es war von außen so gut getarnt, dass ich mir sicher sein konnte, dass es niemand bemerkte falls sich doch einmal eine Seele hierher verirrte. Von hier oben hatte man bei Sonnenschein einen fantastischen Blick über einen tiefblauen See, der von einem dichten, grünen Nadelwald umgeben war.
Obwohl der Regen um die Hütte herum peitschte, fanden kaum Regentropfen ihren Weg ins Innere.
Ich setzte mich in die dunkelste Ecke des kleinen Raumes und verschmolz mit den Schatten die das Gewitter mit sich brachte. Hinter mir hörte ich wie auch Elysia die kleine Tür erreichte und ich beobachtete ungerührt wie sie sich mit den Unterarmen mühsam auf den Holzboden stemmte, um hinauf zu gelangen.
Als sie es geschafft hatte sah sie sich fröstelnd um. Es war dunkel im Raum, keine Kerze leuchtete. Mir machte die Dunkelheit nichts aus. In ihr war ich in meinem Element. Doch das Mädchen schien verängstigt.
,,Kartenspieler? Wo bist du? Wo sind wir hier?"
Sie tastete blind vor sich her und stieß dabei gegen einen Kerzenständer der scheppernd zu Boden fiel. Elysia schrie erschrocken auf und wich zurück. Ich beobachtete das Szenario mit unbewegter Miene. Sie sollte lernen sich vor mir zu fürchten, genau wie alle anderen es taten. Es war nicht gut mir nahe zu kommen oder gar zu vertrauen. ,,Nummero eins.", flüsterte ich, ,,Schau dich immer zuerst im Raum um bevor du ihn betrittst." Ich sah wie ihr Blick umher huschte, mich aber immer noch nicht fand. ,,Wo bist du? Ich kann dich nicht sehen!" Sie kniff die Augen zusammen. ,,Solange ich nicht will, dass du mich siehst, wirst du es auch nicht tun können.",erwiderte ich kalt. ,,Wieso? Wie machst du das?" Ich spürte das ehrfürchtige Zittern in ihrer Stimme und lächelte zufrieden. Als sie versuchte in meine Richtung zu laufen glitt ich elegant zur Seite und ließ sie ins Leere laufen. Elysia stieß mit einem Stuhl zusammen und schrie erneut erschrocken auf. ,,Verdammt, was soll das?", fragte sie verärgert und rieb sich das schmerzende Knie. ,,Ich dachte wir hätten eine Abmachung!" ,,Eine Abmachung?" Ich lachte auf und es klang verächtlich. ,,Ich schließe keine Abmachungen! Versprechen und Schwüre sind lediglich da um gebrochen zu werden." Ein Gesicht flackerte vor meinen inneren Auge auf und ich spürte den tiefen, verbitterten Schmerz vergangener Tage in meiner Brust. Es war ihr Gesicht. Selbst ich hatte meinen Schwur nicht halten können. Die Tage in denen ich Anderen und sogar mir selbst Vertrauen schenkte waren vorüber.*******
Okay, okay, ich weiß es hat lange gedauert bis es zu diesem neuen Update kam, aber dafür dann jetzt ein etwas längeres Kapitel!
Ich hoffe es gefällt euch!Eure theWorld24
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Der Kartenspieler
Fantasy~Das Schicksal mischt die Karten, doch du spielst das Spiel~ ,,Ich lebe in den Schatten. Niemand sieht mich. Ich habe keinen Namen." **** Er schaute sie lange an. In seinem Blick lag etwas, das sie nicht deuten konnte. Seine Haare waren zerzaust und...