Kapitel 18

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Die Fahrt zum Thames House verlief relativ ruhig. Ava saß mit verschränkten Armen auf dem Beifahrersitz, während Lucas den Lexus geschickt durch den abendlichen Verkehr Londons lenkte.

,,Du hast also einen Bruder", durchbrach Lucas schließlich die Stille und bog rechts ab.

Ava zuckte bei dem Klang seiner Stimme kurz zusammen und sah Lucas fragend an, ehe sie verstand, was er gemeint hatte.

,,Mh ? Matthew ? Ja", meinte sie und starrte nach vorne auf die Straße. Der abfällige Unterton in ihrer Stimme, blieb bei Lucas nicht unbemerkt.

,,Ich habe das Gefühl, dass ihr Beide euch nicht besonders versteht", fragte Lucas nun vorsichtig weiter und warf Ava einen kurzen Blick zu.

Ava hingegen, schnaubte nur. ,,Nicht besonders gut ist noch milde ausgedrückt."

Lucas lachte auf. ,,So schlimm ?"

,,Naja, wenn man davon absieht, dass er mir schon einmal einen privaten Sicherheitsdienst auf den Hals gehetzt hat...", meinte Ava gereizt und rutschte in ihrem Sitz etwas tiefer. Lucas hingegen schürzte die Lippen und runzelte über ihre Aussage die Stirn.

Ava beobachtete, wie Lucas wieder in die Tiefgarage des Thames House fuhr und den Lexus auf einen freien Parkplatz abstellte.

Beide stiegen fast gleichzeitig aus, Ava, welche immer noch barfuß lief, da sie ihre Pumps ja vor dem Restaurant liegen gelassen hatte und diese vermutlich bis in die Themse geflogen waren, zuckte kurz zusammen, als sie den rauen Boden unter ihren Füßen spürte.

Sie mussten aussehen, als wären sie in einen Schredder geraten. Das Gefühl hatte sie jedenfalls, als die Beiden ausgelaugt Sektion D betraten und bereits auf den Weg dorthin einige schräge Blicke bekommen hatten.

Sofort beim Betreten des großen Büroraumes beschlich Ava ein altbekanntes Gefühl und sie erinnerte sich an die Zeit vor drei Wochen, als sie eine Woche lang so gut wie jeden Morgen pünktlich um Acht und mit zwei Kaffeebechern bewaffnet hier auf der Matte gestanden und mit Malcolm hinterm Schreibtisch gesessen hatte.

Aber große Zeit sich umzusehen, hatte Ava nicht. Kaum hatte sie den Raum betreten, stürmte bereits Jo auf sie zu und zog Ava an sich. ,,Gott sei Dank. Wir hatten alle schon gedacht, dass ihr nicht überlebt hat", redete Jo, überschlug sich dabei fast.

Ava stand für einen Moment perplex da, Lucas entwich nur ein kleines Schmunzeln, während er sich an den Beiden Mädchen vorbei drückte und zu seinem Schreibtisch begab.

Ava brauchte einen Moment, ehe sie Jo ebenfalls kurz drückte. ,,Du solltest mich mittlerweile gut genug kennen, um zu wissen, dass mich ein einfaches „Gasleck" nicht so einfach klein kriegt", meinte Ava dann. In der Zeit, in der Ava hier geholfen hatte, war Jo eine gute Freundin geworden und auch eine willkommene Abwechslung zu der gefühlskalten Ros gewesen.

Jo trat nach einem Moment einen Schritt zurück und musterte Ava von oben bis unten. ,,Du siehst aus, als hätte sich ein Rudel Wölfe auf Dich gestürzt. Ich hab ein paar Wechselsachen da. Dann kannst du dich umziehen..." begann Jo nun.

,,Jo, das ist lieb von dir, aber wirklich nicht nötig..." unterbrach Ava sie, doch Jo schüttelte nur bestimmt mit dem Kopf.

,,Oh nein, ich bestehe darauf."

Eine Viertel Stunde später hatte Ava den zerschlissenen Rock und die zerrissene Bluse gegen eine, ihr etwas zu lange, Jeans und eine tintenblaue Bluse getauscht, welche ihr allerdings wie angegossen passte. Den obersten Knopf hatte Ava dabei offengelassen, die Ärmel locker hochgekrempelt. Wo Jo auf einmal die Stiefeletten hergenommen hatte, in denen Avas zerschrundenen Füße nun steckten, war ihr ein Rätsel. Sie waren Ava zwar eine Nummer zu groß, aber im Moment war dies vollkommen irrelevant. Sie war nur froh, erst einmal nicht mehr barfuß laufen zu müssen.

[London's Tributes]     Pulvis et umbraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt