Kätzchen 2.0

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Ich wusste nicht, wie sie reagieren würde. Wusste nicht, ob es ihr gefallen würde. Wusste nicht, ob sie ärgerlich wäre oder glücklich. Ich kannte sie schon so lange, doch ab und an setzte mein Gehirn einfach aus. Es war nicht, dass ich sie nicht einschätzen konnte, auch wenn das so scheinen mochte. Es war eher der Fall, dass ich in diesem Moment vor lauter Aufregung einfach nicht denken konnte. Und das, das konnte ich mit Sicherheit sagen, gefiel ihr. Sogar ziemlich sehr. Mit einer nicht denkfähigen war eben viel mehr Spaß zu haben. Sie liebte es, wenn sie mich hinters Licht führen konnte, wenn ich ihr alles abnahm, wenn ich alles auf Anhieb tat. Wenn ich ihren Worten folgte, ohne auch nur einen weiteren Gedanken darüber zu verschwenden. Denn Verschwendung war das auf jeden Fall. Was sie mir befiel, war mein Gesetz und dem hatte ich ohne Widerrede und ohne Zögern zu folgen. So war unsere Beziehung aufgebaut und so hatten wir uns zu lieben und schätzen gelernt.

Die Haustür fiel ins Schloss. Das Zittern am ganzen Körper nahm zu. Meine Hände suchten Halt hinter meinem Rücken und ich kniete mich auf den Boden. Es half mir so unglaublich viel, wenn ich knien durfte. Es war wie ein Schalter in meinem Kopf, der sich umlegte und mich zur Ruhe kommen ließ. Und das ausnahmslos. Auch wenn es manchmal etwas Zeit bedarf, es funktionierte immer, ohne ein einziges Mal, dass es nicht geholfen hatte. Es war faszinierend und wundervoll.

Meine Atmung verlangsamte sich. Ich hörte ihre Schritte im Flur, wie sie ihre Jacke aufhing und die Schuhe ins Regal stellte. Mit meinen Fingern angelte ich nach meinem tail und legte ihn zurecht. Ich wollte ein perfektes Bild für Miss abgeben. Ich wollte, dass es ihr gefiel und sie sich freute. Der Streit vor ein paar Tagen saß noch in unserer beider Knochen und seitdem hatten wir nicht mehr wirklich gespielt. Und ich vermisste es so sehr. Ich hatte meine „dominanten Seitensprünge", wenn ich frech und aufgedreht war. Doch tief in mir, war ich ihre kleine Sub, ihr kleines Kätzchen. Und wenn man mir das nahm, dann fehlte etwas, dann war ich nicht ich selbst. Sie wusste das. Doch wir wollten nicht sofort wieder starten. So liebend gern ich das auch getan hätte. Ich hoffte sehr, dass sie meine Geste verstehen und schätzen würde, dass wir beide von diesem Vorfall lernen konnten. Es passierte nun mal, dass man sich streiten musste, doch davon wuchs unsere Beziehung. Ich war der festen Überzeugung, dass sich unser Spiel intensivieren würde, dass wir uns weiterentwickeln und neue Dinge ausprobieren würden.

„Wo ist denn mein kleines Kätzchen?", rief sie durch die Wohnung. Sie schien gerade in der Küche gewesen zu sein, ihrer Stimme nach. Doch ich entschied mich dagegen, zu antworten. Miss erschien auch keine fünf Sekunden später in der Wohnzimmertür. Ihr Blick verriet nichts. Doch das Lächeln, das sich auf ihre Lippen stahl, entging mir nicht im Geringsten. Sie trug ihre blaue Jeans und den schwarzen Hoodie samt Einhorn und Regenbogen. Der schwarze Lippenstift saß noch immer perfekt und war abgestimmt auf ihr Outfit. Sie war süchtig nach bunten und verrückten Lippen, die dennoch immer zu ihrem restlichen Aufzug passen mussten. Ich stand ihr dennoch in nichts nach. Meine Augen hatte ich passend zu meinem schwarzen tail dunkel geschminkt und auch der Rest meines Gesichts war mehr als dezent. Doch ich mochte es und Miss hatte nichts dagegen. Auf Lippenstift hatte ich vorsichtshalber verzichtet. Denn ungeknebelt würde ich heute nicht bleiben. Nicht nach ihrer ersten Reaktion.

„Na, was haben wir denn da?" Langsam kam sie auf mich zu. Ihre Schritte waren bedacht und langsam. Sie kostete jeden Augenblick aus, mit dem ich hibbeliger wurde, mit dem ich sie mehr spüren wollte. Ich wollte, dass sie mich berührte, dass mir zeigte, wer ich war und wer sie war. Angemerkt, Geduld war nicht gerade meine Stärke. Und das nutzte Miss beinahe immer gnadenlos aus. Einerseits, um mich zu ärgern und zu quälen, und andererseits, um mich zu einer geduldigeren Sub zu erziehen. Nur damit sie es sich dann erneut zu Nutzen machen konnte. So lief das eben bei uns. Und wir liebten es beide ebenbürtig. Egal, wie oft ich mich darüber heimlich und leise beklagte.

Demut und DominanzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt