22. DEZEMBER

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Q U I N N

Es gab einmal so einen Spruch den meine Mutter mir immer versucht hatte einzutrichtern, damit ich endlich mal pünktlicher wurde.

Der frühe Vogel fängt den Wurm.

Hätte ich mich doch bloß darangehalten. Ich war noch so fertig vom Skifahren, von dem Unfall der uns im Sessellift passiert war, und von dem nächtlichen Gespräch mit Dana.

Auch die ganzen gestrigen Proben hatten mich fertiggemacht.

Ich war so müde, dass ich doch tatsächlich meinen Wecker aus dem Fenster geschmissen und somit verschlafen hatte. Da ich als letzte beim Frühstück ankam, hatte ich keine große Auswahl mehr, über das, was ich essen konnte.

Wieso verdammt nochmal war unsere Klasse nur so gefräßig?

Seufzend setzte ich mich zu meiner Gruppe an den Tisch. Die Lehrer die uns beaufsichtigten, machten ein paar Ansagen. Wann wir wieder abfahren würden, wie wir unser Zimmer vorher zu säubern hatten, und so weiter. Ich hörte mal wieder gar nicht richtig zu, sondern aß die Reste des Essens. Nicht gerade gesättigt verzog ich den Mund und versuchte mich einfach zufrieden zu geben, immerhin war ich ja selber schuld gewesen.

Mit Sicherheit konnte ich, wenn wir wieder Zuhause waren erstmal was richtiges zu mir nehmen. Das Skifahren gestern lag mir noch immer ziemlich heftig in den Knochen, der Muskelkater brachte mich fast um.

Das zeigte mir mal wieder, dass ich eindeutig mehr Sport treiben sollte.

"Hast du von der Ansprache überhaupt auch nur ein Wort mitbekommen?", fragte Dana und sofort lagen alle Blicke unseres Tisches auf mir.

Auch Louis'.

Ich spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss.

"Ähm, nein. Aber dafür habe ich ja dich", rettete ich mich gerade noch so aus dieser äußerst unangenehmen Situation.

Unter dem Tisch trat ein Bein, welches ich als das meiner besten Freundin identifizieren konnte, nach mir.

Verwirrt blickte ich zu der Person.

"Du solltest es dir abgewöhnen immer rot wie eine Tomate zu werden, wenn etwas Peinliches passiert."

Zustimmend nickte ich schnell und sah dann direkt wieder weg.

Wenige Minuten später brachten alle ihr Geschirr weg, und gingen dann auf ihre Zimmer.

Dana und ich folgten diesem Beispiel.

Wir packten unsere Sachen zusammen, um das Zimmer besser aufräumen zu können. Die passenden Geräte wie zum Beispiel einen Besen, fanden wir unten in der Abstellkammer. Dabei gab es in unserem Raum eigentlich gar nicht so viel zum Putzen, da wir ja nur darin geschlafen hatten und nicht wirklich dort gewesen waren.

Wegen der Proben am gestrigen Abend, kratzte mein Hals und meine Stimme brach hin und wieder. Ich sollte definitiv so spät am Abend nie wieder versuchen zu singen.

Irgendwie war ich stolz auf Louis und mich, weil wir als einzige Gruppe wirklich richtig gut vorbereitet gewesen waren, und nur ganz leichte Fehler hineingebracht hatten. Ganz im Gegensatz zu anderen Gruppen.

Liam und meine beste Freundin hatten sich für die kurze Zwischenpause die es geben würde, etwas ganz Spezielles überlegt, wovon sie niemandem hatten erzählen wollen. Anscheinend waren die Lehrer die einzigen Personen die davon wussten.

Ich war richtig aufgeregt, wenn ich an den Auftritt dachte.

Vor so vielen Menschen hatte ich noch nie in meinem gesamten Leben gesungen. Es war eine komplett neue Erfahrung, die ich nur zu gerne machen würde.

Hoffentlich würde alles glattgehen.

Draußen im Flur war die Hölle los, alle kamen mit ihrem Gepäck aus den Zimmern, nur um dieses unten vor der Tür zu lagern, bis wir in den Bus einsteigen würden. Hin und wieder fielen ein paar Schimpfwörter da der eine oder andere wohl im Weg gestanden hatte, doch darum kümmerte ich mich nicht sonderlich.

Erst als auch ich mit meinem Koffer den Gang betrat, ging der große Kampf los.

An der Treppe schließlich, bekam ich "ausversehen" einen Ellenbogen in die Rippen, was mich dazu brachte meinen Koffer loszulassen der dann mit einem lauten Poltern die Treppe herunterflog. Mit einem Knall landete er auf dem Boden, im ganzen Haus war es auf der Stelle still, alle Blicke lagen auf mir.

Peinlich berührt hüpfte ich die Treppen Stufe für Stufe runter, hob mein Gepäck auf und tat so als wäre rein gar nichts passiert.

Ein grinsender Louis tauchte neben mir auf.

"Du bist der Hammer, Quinn. Wie du einfach weiterläufst, als wäre nichts passiert", raunte er in mein Ohr, das Lächeln noch immer auf seinen Zügen erhalten.

"Es ist doch auch nichts passiert", überspielte ich den kleinen Unfall von eben.

"Jaja", erwiderte er nur und machte sich mit seinen Sachen auf den Weg zum Bus. Wir waren die ersten die entdeckt hatten, dass man seine Sachen mittlerweile schon beim Busfahrer abgeben konnte, so gab es diesmal wenigstens für mich kein weiteres Gedränge. Trotzdem beschloss ich noch einmal im Zimmer nachzusehen, ob ich auch wirklich alles eingepackt hatte.

*

Die Busfahrt war mir relativ kurz vorgekommen, da ich fast mehr als die Hälfte verschlafen hatte. Zufrieden wanderte mein Blick aus dem Fenster, ich beobachtete die kleinen weißen Flöckchen die auf die Erde niederrieselten.

Diese ganze Situation kam mir vor wie ein riesiges Deja-Vu von dem Schultag, an dem Louis in mein Leben getreten war. Und natürlich musste sich die eben benannte Person genau jetzt auf dem freien Platz neben mir niederlassen. So wie ich Dana kannte trieb sie sich gerade wieder bei Liam herum.

Gelassen starrte ich meinen neuen Sitznachbar an.

"Was gibt's?"

"Quinn, was ist jetzt mit uns?", entgegnete er.

"Was soll mit uns sein?"

"Nun ja, weißt du... Ach ich bin nicht gut in sowas", meinte Louis und fuhr sich nervös durch die Haare. Ich wusste genau worauf er anspielte, hatte aber ebenfalls keine Ahnung wie ich das Ansprechen sollte.

Irgendetwas war noch immer zwischen uns.

"Gib mir einfach erst ein bisschen Zeit, um das ganze Mal zu verdauen, okay?"

"Okay."

L O U I S

Gekränkt ließ ich mich wieder in meinen Sitz fallen.

Noch nie hatte mich jemand abgelehnt. Wieso stieß sie mich jetzt wieder von sich weg?

Okay genau genommen konnte ich es ihr nicht verübeln, immerhin hatte sie mich mit Lola gesehen und doch im Ernst gedacht ich hätte sie wegen eines anderen Mädchens versetzt!

Aber meine Cousine hatte einfach Hilfe gebraucht, und meine Familie war nun einmal alles für mich; auch wenn der Großteil davon mich nicht mehr leiden konnte.

Auch wenn ich es vielleicht nicht zugeben wollte, hatte Quinn mich richtig beeindruckt. Nicht nur allein wegen ihrer Art, mit schwierigen Dingen umzugehen, sondern auch wegen ihres Charakters. Er war so rein und unschuldig.

Das komplette Gegenteil zu mir.

Etwas in meinem inneren sagte mir, dass ich sie mochte.

Und das würde ich erst Recht nicht zugeben.

Sie würde mich nie im Leben als ihren Freund akzeptieren, wenn sie erfahren würde, dass ich ihren Vater umgebracht hatte.

Hatte ich Dana nicht eigentlich gesagt, sie solle Quinn in Ruhe lassen?

Mit der musste ich aber echt nochmal ein ernstes Wörtchen reden. So schwer war ich doch nun auch nicht von Begriff gewesen. Aber verletzte ich Quinn damit nicht eigentlich noch mehr?

Darauf wollte ich keine Rücksicht nehmen, aber ich schaffte es nicht.

Wenn es um Quinn ging, konnte ich einfach nicht der Rücksichtslose Louis sein, der ich sonst war.

MISTLETOE » LOUIS TOMLINSONWo Geschichten leben. Entdecke jetzt