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Jade's P.O.V.

Ich lag auf meinem Bett und weinte ins Kissen rein, damit mich niemand hörte. Meine Mutter hatte heute frei und ich erzählte ihr einfach, dass mein Kopf etwas weh tat und ich mich deshalb von der Schule abgemeldet hatte. In gewisser Weise stimmte das auch, deshalb sagte sie auch, dass ich nächstes Mal doch bitte weniger trinken sollte, sie es aber heute durchgehen lassen würde, da es mein achtzehnter Geburtstag war. Zum Glück hatte sie nicht gemerkt, wie es mir wirklich ging. Denn ich war verwirrt und ich fühlte mich alleine, obwohl ich doch so viele Freunde hatte. Aber niemand verstand mich, niemand wusste was ich wirklich fühlte, wie denn auch, wenn ich mich selbst nicht mal verstand? Ich weinte und weinte und konnte nicht mehr aufhören. Eine Welt brach für mich zusammen und das völlig ohne Grund, zumindest ergab das alles für mich keinen Sinn. Was wollte ich denn noch? Geld hatten wir auch, ein großes Haus mit zwei Etagen, einen riesigen Kleiderschrank, eigentlich alles was sich eine Frau nur wünschen konnte. Und trotzdem fühlte ich mich leer. 

Wer ist dieses Mädchen? Vielleicht war sie nur Einbildung wegen dem Alkohol oder sie ist wirklich eine Hexe und hat mich verflucht. Ach was denke ich denn da, es gibt keine Hexen, ich glaube ich werde verrückt. Aber sie ist es doch, die mein Leben kaputt gemacht hat. Vorher war alles gut, ich hatte Spaß und dann ist sie aufgetaucht und hat mich verwirrt. Oder war es Ash mit dem Kuss? Oder habe ich mir vorher einfach nie Gedanken um mein Leben gemacht? Vielleicht ist auch einfach der Geburtstag schuld, wenn ich vorher gewusst hätte wie es ist achtzehn zu sein, hätte ich mir nie gewünscht so alt zu werden. Aber das älter werden kann man ja ohnehin nicht aufhalten. Ich weiß nicht wer schuld ist, aber ich will die rothaarige auf jeden Fall zur Rede stellen, was sie mit mir gemacht hat. Ich werde einfach nächstes Wochenende wieder in den Club gehen und darauf hoffen, dass sie auch da sein wird. 

In Gedanken versunken merkte ich nicht, dass jemand in meinem Zimmer stand und schreckte hoch als ich es bemerkte. Es war Ash und ich wusste nicht ob ich glücklich oder traurig sein sollte, denn ich wollte nicht, dass er mich in diesem Zustand sah. Aber andererseits wollte ich mit jemandem reden, doch was sollte ich sagen?

"Wie lange stehst du schon hier?", fragte ich und versuchte mir meine Gefühle nicht anmerken zu lassen, was aber sinnlos war, denn man sah sie in meinem Gesicht.

"Ich bin gerade erst reingekommen. Ich habe mir wirklich sorgen um dich gemacht und bin sofort zu dir gefahren, als ich dich in der Schule nicht gefunden habe", er setzte sich zu mir aufs Bett und legte einen Arm um mich, "Was ist denn los, Jade? Du weißt, dass du mit mir reden kannst"

"Oh nein, jetzt schwänzt du wegen mir die Schule? Das war wirklich nicht nötig" Doch war es ... Es beruhigte mich, wenn er hier war aber das konnte ich ihm irgendwie nicht sagen. Schon wieder kullerte mir eine Träne die Wange hinunter. Ich glaube ich habe noch nie so häufig geweint an einem Tag.

"Hey, komm her ... bitte wein nicht, es wird alles wieder gut. Du musst es mir nicht erzählen wenn du nicht willst, ich werde einfach nur für dich da sein. Du bist doch meine süße Prinzessin und ich kann es nicht ertragen, wenn es dir schlecht geht" Er nahm mich in den Arm und strich mir meine Haare aus dem Gesicht. Jetzt konnte ich meine Tränen wirklich nicht mehr zurückhalten, so einen Freund wie ihn hatte ich nicht verdient. Er war wundervoll zu mir, doch ich konnte ihn einfach nicht auf die Art lieben, wie er mich liebte. Ich hasste es ihm das Herz zu brechen, aber wir waren nun mal beste Freunde und er war für mich eher wie ein Bruder.

Ich kämpfte mit mir selbst, ob ich es ihm erzählen sollte oder nicht. Ich hatte Angst, andererseits konnte ich mit Männern einfach nicht so gut reden, wobei es mir bei Ash deutlich leichter fiel. Aber ich musste es loswerden, also setzte ich mich wieder normal hin und schaute ihm in die dunklen Augen und die ganze Geschichte sprudelte nur so aus mir heraus, wobei ich einige Details ausließ und nur kurz das Mädchen erwähnte, denn ich wollte die Aufmerksamkeit irgendwie nicht darauf lenken.

Er musterte mich mit einem nachdenklichen Blick. Ich fragte mich, was er wohl dachte. Was wenn er nicht mehr mit mir befreundet sein will, wenn ich ihn mit meinen Gedanken und Gefühlen abgeschreckt habe? Er nahm meine Hand und das überraschte mich, denn ich hatte das schlimmste befürchtet: "Erzähl mir mehr von diesem Mädchen, das du gesehen hast" Oh nein, gerade das wollte ich vermeiden, aber es wäre zu auffällig das Thema zu wechseln.

"Naja ... wie schon gesagt, sie stand da halt etwas weiter weg an der Bar. Und als ich sie bemerkt habe, konnte ich nicht aufhören sie anzustarren. Sie war so wunderschön und faszinierend mit den langen roten Haaren, den Sommersprossen und das Lächeln ist einfach wow, ich weiß nicht wie ich das beschreiben soll. Sie war deutlich kleiner als ich, wirkte deshalb auch so zierlich und süß. Aber das faszinierende war einfach dieser Gegensatz, denn vom Gesicht her hat sie sehr unschuldig und anständig gewirkt aber sie hat ein schwarzes Kleid getragen, was an den Seiten offen war. Man hat eine Lederhose gesehen und ihre Beine haben auch total trainiert gewirkt, allgemein sehr sportlich. Aber ich konnte halt nicht viel erkennen. Es war so als hätte sie zwei Seiten an sich. Das komische war aber, dass ich total nervös geworden bin und mein Herz hat so schnell geschlagen, als wäre ich gerade gerannt und das hat mich total verwirrt, weil ich kann mich nicht daran erinnern sie von irgendwoher zu kennen und ich meine klar sieht sie gut aus, aber es ist nicht so als wäre ich neidisch, oder? Meinst du ich wäre gerne wie sie und deshalb denke ich so viel nach? Aber das erklärt trotzdem nicht, weshalb ich mich seit dem so komisch fühle, so leer. Obwohl, vielleicht bin ich im Inneren doch unzufrieden mit meinem Aussehen, aber ich weiß es nicht. Soll ich mir die Haare rot färben? Aber nein, ich habe sie doch extra grün gefärbt, weil das so passend zu meinem Namen ist. Vielleicht ist sie auch einfach wirklich eine Hexe und hat mich verflucht und du hälst mich jetzt für verrückt" Als ich zu Ende sprach war ich erstmal leicht geschockt, dass ich gerade so viel über sie erzählt habe, über ein Mädchen, das ich nicht kenne. Es wirkte ja schon fast wie Schwärmerei, aber sie ist doch kein Star, den ich bewundern konnte, sondern eine unbekannte Person. Wie dumm das doch alles war ... 

"Weißt du was ich denke?", sagte Ash und machte eine kurze Pause, "Aber bitte, sei mir nicht böse und reg dich nicht darüber auf, hör mir einfach zu" Ich nickte und bekam etwas Angst, was wollte er mir denn sagen, was mich böse machen könnte? 

"Ich ... Ich denke, dass du lesbisch sein könntest" Nein! Wie konnte er nur sowas sagen? Bestimmt nur, weil ich ihn nicht liebe. Ich riss mich von ihm los, aber er hielt mich fest. Wieder musste ich mit den Tränen kämpfen. Erst Jonas und jetzt Ash, wie konnte mein bester Freund mir das nur antun?  

"Jade, hör mir zu ... du hast genickt und es damit versprochen. Bevor du denkst, dass es eine Beleidigung war, wie Jonas sie gemeint hatte, nein das war es nicht. Daran ist doch absolut nichts schlimm, du bist so wie du bist und ich werde dich immer so lieben, egal ob du nun Männer, Frauen oder beides magst. Du bist so ein wundervoller Mensch, auch wenn du deine schöne Seite oft hinter deinem Sarkasmus versteckst, weil du denkst es ist nicht cool genug liebevoll und nett zu sein. Du weinst, weil du dich leer fühlst, weil dir etwas fehlt, obwohl du alles hast. Und das was dir fehlt ist eben dieser Teil von dir. Jedes Mal, wenn jemand versucht dir die Augen zu öffnen, blockst du ab und bist traurig. Die meiste Zeit als ähnliches passiert ist hast du es überspielen können, aber als du dieses Mädchen gesehen hast, hast du eine gewisse Anziehung gespürt und dieses Gefühl versucht dir die Wahrheit zu zeigen, aber du willst sie nicht sehen und suchst Ausreden für das, was du gefühlt hast. Als Jonas dich gefragt hat bist du rausgerannt, aber warum? Du kannst jeden Satz kontern, sagst anderen immer die Meinung, genauso wie Valerie auch, aber du hast darauf nicht geantwortet"

"Nein ... nein", ich stand auf und taumelte etwas, weil ich durch meine Tränen leicht verschwommen sah, "Du willst es doch nur nicht akzeptieren, dass ich dich nicht liebe! Vielleicht ist es ja einfacher für dich zu glauben ich würde auf Frauen stehen, was richtig widerlich und pervers ist, weil du dann nichts dafür kannst, dass ich nicht dieselben Gefühle für dich habe. Geh einfach, bitte!" Ich schrie ihn an, das war mir alles zu viel. Als ich seinen verletzten und traurigen Blick sah und er die Tür hinter sich schloss brach ich auf dem Boden zusammen. Was habe ich getan? Er hat so schöne Sachen zu mir gesagt, er ist der einzige, der so über mich denkt, der einzige, der Gutes in mir gesehen hat, was ich nicht mal in mir selbst sehe. Ich habe gerade einen Menschen, der mir sehr viel bedeutet, verletzt und habe seine Gefühle für mich benutzt um ihn zu beleidigen. 

Ich wollte aufstehen und ihm hinterherlaufen, mich entschuldigen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Das was er gesagt hatte, blieb in meinem Kopf hängen.

"Du könntest lesbisch sein", "Das was dir fehlt ist dieser Teil von dir", "Du hast eine gewisse Anziehung gespürt", "Als Jonas dich gefragt hat bist du rausgerannt, aber warum?"

True Colors | girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt