-01- KAPITEL

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"Was hast du gesagt?" Stirnrunzelnd sah ich vom Buch der Drachen auf, das vor mir auf einem der alten Holztische lag. Astrid verdrehte die Augen, Rotzbakke grölte belustigt und die Zwillinge begannen sich gegenseitig zu ergänzen.

"Fischbein meinte, dass er jetzt das Buch der Drachen haben möchte."-

"Ja, weil er ja wenigstens etwas damit anfangen kann." Fischbein, der etwas abseits stand, kratzte sich verlegen am Hinterkopf, während Rotzbakke mich von der Bank schubste und Fischbein das Buch zu warf. "Schwächlinge wie dich können wir nicht gebrauchen, zisch also ab, klar?" Die Zwillinge lachten, Taffnuss ergänzte: "Und wenn ein Drache dich findet, dann könntest du ja für das Buch testen, ob der dich in einem Bissen verschlingen kann und -" - "Warte, das geht?", fragte Raffnuss erstaunt. "Klar,... oder nicht?" Die beiden sahen sich verwirrt an und begannen lautstark zu streiten.

Währenddessen rappelte ich mich auf und wollte unauffällig die Große Halle verlassen, als Astrid plötzlich herumfuhr und mich anstarrte. Ihre blauen Augen bohrten sich wütend in meine. "Das er schwach ist, ist ja nicht mal das Schlimmste." Bei ihrem beißenden Spott drehten sich sogar die Zwillinge zu Astrid um und Fischbein und Rotzbakke sahen sich verwundert an. Plötzlich erinnerten mich ihre Augen nicht mehr wie sonst an kühle, aber klare Seen, sondern an einen scharfen Eissplitter. Ungerührt fuhr sie fort: "Das Schlimmste ist, dass er nicht mal versucht einen Drachen zu erledigen. Er steht nur im Weg herum und hindert uns zu Kämpfen. Er ist ein Feigling." Die letzten Worte spuckte sie beinahe und ihre Stimme triefte vor Verachtung.

Weil Feiglinge ja auch einen Nachtschatten zähmen können, dachte ich verbittert, hatte aber nicht vor, sie zu belehren, schließlich konnten sie doch denken was sie wollten. Auch wenn ich nicht erwartet habe, dass Astrid sich so gegen mich wenden könnte, Rotzbakke ja, ... aber Astrid?

Im Nachhinein weiß ich nicht mehr, wie ich aus der Großen Halle gegangen bin und das Gelächter der anderen Jugendlichen hinter mir gelassen habe. Aber plötzlich erschien mir die Aussicht mit Ohnezahn einfach abzuhauen und -genau wie den Spott hinter mir- einfach ganz Berk hinter mir zulassen. Vermissen würde mich ja doch Keiner.

Schmerzvoll wurde mir bewusst, wie wenig davon gelogen wäre. Er ist ein Feigling, hallten Astrids Worte in mir nach. Eine Enttäuschung, sah ich die stummen Worte von Haudrauf vor meinem geistigen Auge. Ein Nichtsnutz, spürte ich die Blicke der ganzen Dorfbewohnern. Und ich glaube, in diesem Moment hätte ich keinen Einzigen von ihnen vermisst.

-

Ich denke, ich wusste nicht, wie wenig mich dieser Gedanke loslassen, und wie sehr er mich belasten würde.

Jeden Tag dachte ich daran, wie es wäre, einfach mit Ohnezahn abzuhauen und von einem Tag auf den anderen einfach weg zu sein. Ich dachte daran, dass ich tatsächlich ein Feigling war, weil ich mich nicht dazu durchringen konnte.

Denn auch wenn ich tief in mir spürte, wie der Gedanke immer mehr Form annahm und weiter an die Oberfläche wollte, sträubte sich etwas anderes neben eben diesem Gedanken und zögerte meine Entscheidung immer wieder hinaus. Ich glaube es war diese naive Hoffnung, das Dorf -und besonders meinen Vater- endlich stolz zu machen. Ich musste eben nur auf den richtigen Zeitpunkt warten. Aber je länger diese beiden inneren Stimmen ihren Kampf fochten, desto mehr wurde mir bewusst, welche gewinnen würde.

Ich überlegte, ob ich einen Abschiedsbrief dalassen sollte. Oder ob Berk sonst dachte, ein Drache hätte mich verschleppt. Ob sie mich suchen würden. Wie die letzten Worte meines Vaters lauteten. Vielleicht würde Astrid sogar bereuen, was sie gesagt hatte. Aber egal, wie oft ich mir diese Fragen stellte, ich bekam nie eine Antwort.

"Na Kumpel, was sagst du? Du willst ja bestimmt auch nicht die ganze Zeit im Talkessel eingesperrt sein, oder?" Ich seufzte und Ohnezahn grummelte zustimmend, stupste mich an und deutete mit seiner Schnauze erst zum Sattel, der neben mir auf einem Felsen lag, und dann zum Himmel, der sich bereits in der nahenden Abenddämmerung violett färbte.

"Heute nicht mehr, tut mir leid Ohnezahn. Vater ist seit dem letzten Drachenangriff noch besessener einen Drachen zu erwischen. Es ist zu gefährlich."

Ohnezahn gurrte traurig und ließ sich neben mir nieder. Ich streichelte gedankenverloren seinen Kopf. "Wenn er dich -uns- sähe, Ohnezahn, er würde uns umbringen, ... er ... er würde dir ohne jegliche Reue ein Schwert ins Herz rammen." Der Drache zuckte leicht zusammen, schnaubte kurz und schmiegte sich dann enger an meine Hand.

Und das würde ich mir nie verzeihen.

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Dieses Kapitel entstand in ziemlicher Hast, weil das usprüngliche 1. Kapitel gelöscht wurde. Bin mal wieder nicht zufrieden.

Meinung bitte in die Kommis, freu mich immer drüber :D

Lg

Schatten der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt