-06- KAPITEL

492 14 4
                                    

Es war wie in der Nacht auf Berk, bevor Ohnezahn verletzt wurde. Nur dieses Mal, waren wir beide besser organisiert. Bei möglichen Wunden müssten wir nicht mehr auf das pure Glücke warten, sondern hatten einen Drachenreiter jederzeit in unserem Windschatten (meist war es Silas, der junge Drachenjäger mit dem Zopf, dem ich vor ein paar Wochen einen dunkelgrünen Albtraum gezähmt habe; er nennt ihn Brandschuppe).

Wobei dieses Mal Verletzungen ziemlich gering gehalten wurden, schließlich sollte Ohnezahn nicht schon wieder eine knappe Woche flugunfähig sein. Und ich glaube die Drachenjäger wären stinksauer, wenn mir was Ernsthaftes passieren würde.

Das Gute, dass ich hier nicht auf Berk war, war, dass ich nur schwer, oder gar nicht, erkannt werden konnte. Hier interessierte es einen nicht, welche Häuptlingskinder vor ein paar Monaten von Drachen erwischt wurden und das machte es leicht. Ich war froh, dass ich keine wilden Drachen fangen musste, sondern nur die anderen Drachenjäger auszuschalten und einzuschüchtern brauchte. Ihre Drachen waren danach selbstverständlich Eigentum der Schattenjäger, denen ich nun angehörte. Gezwungermaßen.

Um fair zu bleiben, ich hasste es nicht komplett. Die Schattenjäger waren gerecht, töteten keine Drachen und bildeten sogar ausgewählte Krieger zu Drachenreitern aus. Die anderen Drachen wurden auf dem Drachenmarkt gehandelt und zu sehr guten Preisen verkauft; schließlich gab es nicht mehr viele andere Drachenjäger, die Drachen anboten.

Außerdem war ich bei den Schattenjägern wichtig und wurde geschätzt, etwas was ich auf Berk nie erfahren hatte und so fühlte ich mich ihnen mit der Zeit immer angehöriger und verwarf all die Fluchtpläne die ich anfangs entwickelt habe. Es war gar nicht so schlecht hier und ich hatte viele Privilegien.

Ich konzentrierte mich und ließ Ohnezahn einen Plasmaball abfeuern um die Drachenjäger zu zerstreuen, welche einen jungen Schockrachen aus der Angriffszone zu retten versuchten. Kaum schlug das Feuer neben ihnen ein, stoben sie auseinander und liesen den ängstlichen Schockrachen zurück. Ohnezahn landete am Boden und ich sprang von seinem Rücken und hob den jungen Drachen auf. Er versetzte mir einen leichten Stromschlag, der jedoch nicht mehr bewirkte, als dass ich leicht zurückzuckte. Der Kleine jaulte schwach; er musste schleunigst zurück ins Wasser. Ich setzte mich wieder in den Sattel und flog zu Silas, der gerade ein feindliches Schiff in Brand setzte. "Der Drache muss dringend in ein Wasserbecken", rief ich ihm zu und übergab ihm vorsichtig den jungen Schockrachen. Silas nickte und flog zurück zu einem der unseren Schiffe.

Danach brüllte Ohnezahn wieder und stürzte sich in eine weitere Rettungsaktion. Ein Regenschneider, der in einem Käfig gefangen war. Aber ich lenkte Ohnezahn weg von dem Drachen. "Wir können ihn nicht freilassen", sagte ich, "wir haben fast gewonnen und müssen jetzt nur noch den Kopf dieser Drachenjägerbande finden. Der Regenschneider ist praktisch schon unser."

Ohnezahn schnaubte und flog weiter über den ehemaligen Stützpunkt. Die Schattenjäger hatten das Lager bei Nacht überraschend angegriffen, sodass die meisten Drachenjäger bereits gefangen wurden, bevor sie sich überhaupt wehren konnten. Aber nicht den Anführer, der laut Gerüchten einst einen Knochenräuber erlegt habe und dessen Hörner an seinem Helm befestigt habe. Dann plötzlich klappte Ohnezahn seine Flügel zusammen und fiel auf den Boden zu und jetzt sah auch ich den markanten Helm und den Schemen, der mit schnellen Schrittes zwischen den Bäumen Deckung suchte. "Gut gemacht Ohnezahn", flüsterte ich und tätschelte seine Flanke.

Ohnezahn bremste ab und ließ mich dann von seinem Rücken springen. Mein linkes Bein wurde von einer Prothese ersetzt, als man mich aus der Drachenfalle gerettet hat, aber es machte mir keine Probleme mehr und hat sich sogar als Vorteil für Ohnezahns Steuerung erwiesen. Als ich am Boden aufkam, rannte ich sofort weiter und in den Wald hinein. Sofort wurde ich langsamer und ging in Deckung als ich den Drachenfänger ein wenig entfernt von mir stehen sah. Er schien auf etwas zu warten, angriffsbereit stand er mit dem Speer im Halbschatten. Er wollte Ohnezahn und mich erwischen, wurde mir klar und ich umrundete ihn vorsichtig. Aber plötzlich wurde ich von hinten gepackt und gegen einen Baumstamm gedrückt. Der Anführer kam näher und bedeutete den zwei Drachenjägern, die ebenfalls im Wald gelauert haben, mich loszulassen. Ich versuchte feindselig dreinzublicken, war aber komischerweise lediglich genervt. Ich musste echt an meinen Anschleichtechniken feilen. "Und du bist tatsächlich der, der den -"

"JA", unterbrach ich resigniert, "ich hab den Nachtschatten gezähmt. Kaum zu glauben, ich weiß."

Und wie ein unsichtbares Zeichen hin, brach Ohnezahn aus dem Geäst und packte den Drachenjäger und ich flitzte blitzschnell aus der Reichweite der beiden anderen Wikinger und sprang auf meinen Drachen. Der Drachenfänger wand sind in Ohnezahns Krallen und stieß wilde Flüche aus. "Wenigstens kann sich einer von uns anschleichen", meinte ich zu Ohnezahn und grinsend sah ich dem hörnerbesetztem Helm nach, der dem entsetzten Drachenjäger gerade vom Kopf rutschte, und dann immer weiter in die Tiefe fiel.

Schatten der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt