Kapitel 7

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>>Shannon !<<

Ich stolperte ihm hinterher. Doch als ich um die Ecke bog fand ich ihn nicht mehr. Wo lang ist er gelaufen ?

Ich lief durch dutzende Zimmern und dann eine Etage tiefer. Keine Spur von einem Todesengel. Als ich in sein Arbeitszimmer lief und ihn immer noch nicht vorfand, wollte ich mich am liebsten auf den Boden schmeißen und weinen. Ich fuhr mir verzweifelt durchs Haar.

>>Shannon, bitte !<<, meine Stimme verlor sich in meinen hektischen Atemzügen.

Kaum verstummte ich, wurde ich schon beinahe gewaltsam gegen die Wand des Arbeitszimmers gepresst. Meine Augen hatten sich reflexartig geschlossen und mein Rücken schmerzte.

>>Ja, du hast recht.<<, hauchte Shannon mir ins Ohr.

Ich verstand ihn kaum durch das Rauschen in meinen Ohren. Hatte er das wirklich gesagt ?

>>Ich versuche mich zu zügeln. Unter einer Bedingung.<<, ich spürte seinen Atem an meiner Haut und sofort öffnete ich meine Augen.

Seine Augen begutachteten mein Haar. Fast wie in Trance gab ich keinen Mucks von mir.

>>Du akzeptierst, dass du nie wieder in dein altes Leben zurück gehen kannst.<<

Wie bitte ?!

Sofort lichtete sich der Nebel in meinem Kopf und ich versuchte ihn von mir zu drücken.

>>Was ist das denn für ein schlechter Deal ?<<, kam es empört von mir.

Ich hatte mal wieder meinen Mund aufgemacht, ohne vorher nach zu denken.

Er ließ seinen Griff jedoch nicht locker, verstärkte ihn aber auch nicht. Es war, als drückte ich gegen eine eiserne Wand.

Stattdessen grinste er mich an. Das machte mich so perplex, dass ich ihn bloß anstarren konnte. Ach, jetzt amüsierst du dich auch noch ?

>>Hör mir gut zu, Engelchen.<<, jetzt reichte es mir. >>Ich bin vielleicht ein hilfloser kleiner Mensch, aber ich bin nicht dein Schoßhündchen. Vielleicht tanzt jeder um dich herum nach deiner Pfeife, aber ich lass mir sowas nicht gefallen.<<, ich spürte, wie meine Augen provokant aufblitzten.

Er schien es auch zu bemerken. So standen wir uns eine Weile gegenüber. Ich konnte seine Mimik einfach nicht deuten. Die Spannung zwischen uns war fast unerträglich. Dann tat er etwas, was ich nicht von ihm erwartet hätte.

Er leckte sich über die Lippen und ließ im selben Moment aprupt von mir los. Fast, als hätte er sich verbrannt.

>>Wir reden ein anderes Mal darüber.<<, diese Worte kamen so schnell aus seinem Mund, dass ich ihnen kaum folgen konnte. >>Nun verlass' mein Zimmer.<<

Ich brauchte erst eine Weile um diese Wendung der Ereignisse zu realisieren, gehorchte ihm dann jedoch, um keine weiteren Vorfälle geschehen zu lassen, die ich vielleicht später bereuen würde. Einige Schritte von Shannons Zimmer entfernt wartete Kyle bereits auf mich. Er sah mich an, als wäre ich aus dem Vietnam-Krieg zurück. Ich schloss die Tür hinter mir und lief auf ihn zu. Kaum wollte ich zum Reden ansetzen, verschloss er mir den Mund mit seiner Hand und legte mit der anderen einen Finger auf seinen eigenen, um mir zu zeigen, dass ich mich noch etwas mit dem Erzählen gedulden musste. Ich nickte und er ließ seine Hände wieder sinken. Dann deutete er mir, ihm zu folgen und lief gradewegs zum Hintergarten der kleinen Villa. Dort angekommen schloss er die Gartentür und schenkte mir erst dann wieder seine volle Aufmerksamkeit.

>>Er hätte uns sonst hören können.<<, flüsterte er.

Ich sah ihn bloß fragend an. >>Könnt ihr etwa besser hören, als wir Menschen ?<<

Er nickte.

Ich riss meine Augen auf, behilt jedoch meinen Flüsterton. >>Hast du vorhin alles mitgehört ?<<

Nochmals Nicken.

Langsam wurde mir alles unangenehmer. Das schien Kyle zu bemerken und setzte eine mitfühlende Mimik auf.

>>Ach Süße, du wirst schon sehen. Es wird gar nicht mal so übel hier, wie du es dir wahrscheinlich ausmalst.<<

>>Ach, wirklich ? Ich werde meine Familie nie wieder sehen können. Meine Freunde ebenfalls nicht. Ich kann nicht mehr zur Schule oder später einen Beruf ausüben. Meine ganzen Lebensplanungen sind hinüber und dann erlaubt er sich auch noch mir Befehle zu erteilen !<<, mir kamen beinahe die Tränen und meinen Flüsterton hatte ich auch bereits vergessen.

Sollte er das doch hören, er war schließlich der Grund für dieses ganze Schlamssel.

>>Stattdessen sitz ich jetzt mein ganzes Leben rum und lebe alleine mit zwei wildfremden Kerlen. Was ein Leben !<<

Hatte seine Mimik bei dem Wort 'wildfremd' einen Riss bekommen ?

>>Theoretisch gesehen wünschen sich das nicht wenige Frauen ...<<, fing er an, bis er bemerkte, dass ich ihn wütend anfunkelte und er daraufhin verstummte.

Jedoch setzte er wieder an. >>Komm erstmal rein. Ich mache dir einen heißen Tee und was zu essen. Wir können auch Fernsehen wenn du möchtest. Außerdem hat niemand gesagt, dass du den ganzen Tag nur rumsitzen musst. Sobald ich oder Shannon da sind führen wir dich sicher aus. Mach dir da mal keine Sorgen.<<

PoenaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt