Flucht vor dem Bräutigam

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„Darling?"

Die Stimme hallte durch den staubigen Raum und schallte von den bröckelten Wenden zurück, es klang so als ob Millionen Menschen rufen würden.

Sahra versteckte sich hinter einem großen Regal. Ihr Herz raste vor Angst, ihre Hände zitterten stark.

„Wo bist du Darling?"

Sahra erstarrte. Die Stimme kam von der anderen Seite des Schranks und sie konnte hören wie er eine Hand auf diesen legte.

Sie betete, dass er den Schrank nicht beiseite verschoben würde. Sie konnte die wahnsinnige Melodie von „ I Want a Girl" leise hören.

Eddie Gluskin war ein menschenverachtender und frauenfeindlicher Mann. Mit selbst genähter Kleidung schlich er auf leisen Füßen herum. Er hatte die Absicht Sahra zu seiner Braut zu machen.
Sie mochte sich nicht ausmalen was er mit ihr anstellen mochte.

„Darling." raunzte er etwas lauter.

Zwei starke Hände ruhten auf einmal auf Sahras Schultern. Sie unterdrückte einen
Schrei als sie hinter den Schrank hervor gezerrt wurde. Gluskin Lippen zierte ein strahlendes Lächeln.

„Du bist schwer zu kriegen, Darling." sagte er herzlich. „ Nun, Renn nicht mehr davon. Ich werde dich zu meiner Braut machen und eine Braut muss an ihrem Hochzeitstag vorzeigbar sein."

Sahra versuchte krampfhaft sich aus seinem Griff zu befreien.

„Du kannst es wohl nicht mehr erwarten die Ehe zu vollziehen, oder Schatz?" flüsterte der Mann erfreut in ihr Ohr.

Die Frau hatte das Gefühl lautstark zu schreien als sie von Eddie hochgenommen wurde. Sie spürte einen Kloß im Hals, der nicht weg zu gehen schien. Kalter Schweiß lag auf ihr wie eine zweite Haut.

Gluskin ging durch verschiedene Räume und Flure, es kam ihr vor wie ein Irrgarten. Er schloss jede Tür hinter sich, um sicher zu stellen, dass Sahra bei einer Flucht nicht weit kommen würde.

„Wir sind da." sagte Gluskin beruhigend.

Die Zitternde konnte die ganze Zeit kaum etwas sehen und wusste nun schließlich nicht wohin er sie brachte. Jetzt, im gedämmten Licht, konnte sie etwas weißes erkennen. Ihre Lippen standen zart offen, was sie erblickt raubt ihr die Kraft zum Atmen.

„Ja, Darling. Es ist dein Hochzeitskleid. Ich hoffe es gefällt dir. Und ich hoffe du trägst es zu unserer Hochzeit." Obwohl die Stimme von Eddie höflich und sanft war erschrak Sahra innerlich.

Er setzte sie behutsam auf einen Stuhl und fesselte ihre Hände an die Armlehnen. „Tut mir Leid, aber ich muss das tun, Schatz. Das verstehst du doch, nicht wahr?"

Ohne auf eine Antwort zu warten ging der Bräutigam zum Kleid und legte seine schwere Hand wie eine Feder darauf.

„Siehst du?" fragte er und drehte sich um. „Ich habe es nur für dich gemacht."

Sahra zuckte zusammen als er erneut seine Hand auf ihre Schulter legte.
Er hockte sich hin und zog die Armgurte straffer, bemerkte mit besorgter Miene Sahras verzogenes Gesicht. „ Tut mir Leid Darling, es ist nur zu deinem Besten", sagte er traurig.
Schweigend senkte sie ihren Blick nach unten.

Er ließ sie schließlich alleine und ging zurück zu seinem Werk. Er zog der Puppe das Kleid aus und legte es sich über den Arm. Wie ein Gentleman mit einem entzückenden Geschenk auf dem Arm schlenderte er zurück zu seiner Braut, er grinste, doch seine Freude wich Kummer als er Sahra schluchzen hörte. Verwirrt muss er die Stirn runzeln.

„Hast du Angst vor mir?" fragte er mit leiser, aber gefährlicher Stimme.
Die Unterlippe von Sahra fing an zu zittern, der Kloß im Hals war so groß geworden, dass sie drohte daran zu ersticken. Eddie wiederholte die Frage, aber es klang jetzt eher wie eine Warnung. Sahra schüttelte langsam den Kopf, sie war zu verängstigt um die Wahrheit zu sagen. Ihre Augen brannten und Tränen füllten sich wie ein kleiner See am Lidrand und ließen ein Bächlein an ihrer Wange hinunterrinnen. Sie schaute zu Gluskin hoch, doch er schien ihre feuchten Augen gar nicht zu bemerken.
Er blickte auf das Kleid, was über seinem Arm lag und seufzte. Er lag das Kleid behutsam auf den Tisch und löste die Armgurte, Sahra hoffte für einen Moment, dass er sie in die Freiheit entlassen würde, doch die Hoffnung wurde zerstört als Gluskin ihr das Kleid überreichen will.

„Ich möchte wissen wie du darin aussiehst..." murmelte er. Sahra nahm zitternd das Kleid und schlich mit wackeligen Beinen zu einer Trennwand. Als sie aus dem Blickfeld von Eddie verschwand sah sie den abgebröckelten Putz der Wand. Kurz dachte sie über eine Chance zum Abhauen nach. Würde sie ein Stückchen weit genug weg werfen würde Gluskin sicherlich nachschauen, was das war, und sie könnte unbemerkt verschwinden. Nein, sie schüttelte ihren Kopf, er würde diesen alten Trick sofort durchschauen.

Sahra lehnte sich gegen die Wand und starrte die gegenüberliegende Trennwand an. Der Schweiß ihrer Hand sickerte langsam in den schmutzigen Stoff des Kleides. Sie fragte sich ob es ihn irgendwann langweilen würde.

„Schatz, alles in Ordnung?"

Da war sie, Gluskins zarte Stimme, doch keine Spur von Langeweile. Sie schloss die Augen und dachte kurz nach. Sie muss es tun sonst würde er zu ihr kommen um ihr „zu helfen".

Zuerst zog sie mit Zögern ihr weißes Kleid aus. Sie bekam sofort eine Gänsehaut durch den kleinen Windzug. Obwohl sie das Kleid nicht mochte, musste sie zu geben, dass Gluskin sehr gut schneidern konnte.


Langsam trat sie hinter der Trennwand hervor.

Don't Be Afraid my DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt