Chapter 14

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Chapter 14

Wahrscheinlich blieb Lee die ganze Zeit bei mir, fest stand jedoch, dass er noch (oder wieder) da war, als ich aufwachte.

„Auch wieder wach, du Schlafmütze?“ Lee grinste mich an. „Du hast ziemlich lange gepennt.“

„Echt?“ Entsetzt sprang ich auf und strich mir hastig die strubbeligen Haare aus dem Gesicht. „Wie lange denn?“

„Keine Angst. Du hast noch mehr als eine Viertelstunde Zeit, bis du zum Nachsitzen musst“, beruhigte mich Lee, worauf ich langsam wieder zu Boden sank und mir erst einmal Zeit nahm, richtig aufzuwachen.

„Dann ist ja gut“, seufzte ich erleichtert. „Sag mal, hast du eigentlich auch wieder Nachsitzen, oder was machst du hier?“

„Ach, ich dachte nur, vielleicht könnten wir uns danach treffen …“

„Du willst die ganze Zeit auf mich warten?“, fragte ich ungläubig, nicht ganz sicher, ob ich ihn richtig verstanden hatte.

„Doch, eigentlich schon“, murmelte Lee verlegen und blickte einer davonfliegenden Meise hinterher.

„Einverstanden, ich habe heute Abend auch Zeit.“ Noch nicht ganz sicher, was ich davon halten, geschweigedenn, wie ich darauf reagieren sollte, blickte ich ihn vorsichtig an, hatte jedoch nicht den Eindruck, das Richtige gesagt zu haben. Naja, man konnte ja nicht alles richtig machen.

„Und was machst du dann die ganze Zeit hier?“, fragte ich, in der Hoffnung, wenigstens ein bisschen vom Thema ablenken zu können.

„Ich habe ein Buch dabei“, erklärte Lee lächelnd und klopfte auf seine Schultasche. „Das sollte reichen.“

„Kann man nur hoffen. Notfalls kannst du ja auch eine Runde schlummern. Ich hole dich dann hier ab, einverstanden?“

„Alles klar.“

„Gut, und jetzt werde ich die letzten verbleibenden zehn Minuten nutzen, um mich noch ein bisschen auszuruhen. Ich fühle mich nämlich immer noch so schläfrig.“

„Du meine Güte, was haben sie denn heute mit dir angestellt?“, wollte Lee wissen.

„Mich mit scheußlichen Gebräuen vollgepumpt. Details gibt’s später“, sagte ich mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen. Dann, nach einer kurzen Pause fügte ich hinzu: „Weck mich, falls ich noch einmal einschlafe.“

Lee weckte mich und ihm hatte ich es auch zu verdanken, dass ich, obwohl ich immer noch im Halbschlaf war, es schaffte, den Nachsitzraum rechtzeitig zu erreichen. Mit einem Look, der wahrscheinlich einer Untoten alle Ehre gemacht hätte, schlurfte ich auf meinen Platz und beobachtete aus halb geschlossenen Augen, wie Lee wieder aus dem Raum verschwand und mich mit einem Lehrer und einer kleinen Gruppe komisch guckender Kinder alleine ließ.

Zum Glück schlief ich nicht noch einmal ein, sondern wachte eher wieder einigermaßen auf, aber dafür zog sich der Nachmittag hin wie ein besonders zäher Kaugummi. Ich kapierte weder den verpassten Stoff, noch das, was der Lehrer mir zu erklären versuchte und verwendete meine Zeit einfach darauf, mich zu fragen, warum Lee so lange auf mich warten wollte. Vielleicht hatte er mir ja angesehen, dass ich jemanden brauchen würde, der mich tröstete, oder er hatte mein Gespräch mit Cora mitbekommen. So oder so war ich ihm irgendwie dankbar.

Erschöpft, jedoch gleichzeitig erleichtert, den anstrengenden Tag nun endlich hinter mir lassen zu können, stolperte ich aus dem Nachsitzzimmer heraus und verließ so schnell wie möglich das Schloss, bevor noch etwas gestohlen wurde, solange ich mich darin aufhielt. In diesem Zustand glaubte ich, dass alles möglich war, und wollte auch kein Risiko eingehen. Ich stand auch so schon auf der Klippe.

Königreiche - Das verlorene SchwertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt