Wie gehofft war alles still und dunkel. Meine Augen brauchten einen Moment um sich an das Zwielicht zu gewöhnen, dann konnte es losgehen. Langsam öffnete ich die Tür und schlich hinein. Immer ein Fuß nach dem Anderen, bedacht darauf kein Geräusch zu machen. Leise schloss ich die Tür wieder hinter mir und versuchte mich zu orientieren. Im Kopf ging ich noch einmal den Plan durch, den ich mir zurechtgelegt hatte. Noch einmal vergewisserte ich mich, dass ich alles dabei hatte, was ich brauchen würde. Dann suchte ich die richtige Richtung und schlich los. Ich war ziemlich aufgeregt, denn heute war mein erstes Mal. Also musste ich besonders vorsichtig sein. Langsam tastete ich mich durch die Dunkelheit vorwärts. Meine Schritte machten kaum Geräusche auf dem weichen Teppich, das mein Vorteil war. Eigentlich war es ganz einfach. Ich musste nur dieses Zimmer hier durchqueren, im nächsten hätte ich dann mein Ziel erreicht. Und wenn alles gut ging, dann würde niemand bemerken, dass ich überhaupt hier war. Der Eingang zum nächsten Raum war zum Greifen nahe, als ich auf etwas trat, dass ein lautes Quietschen von sich gab. Mir stockte der Atem und ich spürte wie mein Herz wild zu schlagen begann. Schlagartig verharrte ich auf der Stelle und lauschte aufmerksam in die Finsternis. Für einen kurzen Augenblick dachte ich, ich hätte etwas gehört, doch das Glück war mit mir, denn es blieb alles still. Ich dankte Gott dafür und musterte den kleinen Gegenstand. Es war ein Hundespielzeug. Noch mehr Glück für mich, denn einen Hund hätte ich nicht so schnell beruhigen können. Noch einmal atmete ich tief durch, dann schlich ich weiter. Jetzt immer den Blick auch aufmerksam auf den Boden gerichtet. Schließlich erreichte ich den Durchgang zum nächsten Zimmer. Nur noch ein paar Schritte, dann hatte ich mein Ziel erreicht. Einen großen schweren Kasten aus Metall, der in der Zimmerecke thronte. Zwei große Ketten, die mit einem Schloss gesichert waren, hielten den Metallkasten verschlossen. Ich kramte in meiner Jackentasche und holte ein kleines Set Dietriche heraus. Natürlich hatte ich mich vorher eingehend informiert und schon einige Schlösser zur Probe geknackt. Das hier war so altmodisch, dass sollte ein Kinderspiel werden. Ich kniete mich auf den Boden und begann mit meinem Werk. Ein paar Versuche benötigte ich, dann war konnte ich es problemlos öffnen. Langsam nahm ich die Ketten zu Seite und legte sie sanft auf dem Boden ab. Dann hatte ich es geschafft und konnte den Kasten öffnen.
„Herbert!" Erschrocken zuckte ich zusammen, als das Licht anging. Hinter mir stand eine Frau und ihr Gesicht verriet mir, dass sie ziemlich wütend war. Und ich konnte mir auch denken warum, schließlich war es meine Frau. „Ich hätte es mir denken können!" fuhr sie schnippisch fort, während sie auf mich zu stapfte. „Der Arzt hat ausdrücklich gesagt, keine Mahlzeiten nach acht Uhr abends. Es ist schon schlimm genug, dass ich den Kühlschrank verriegeln muss, damit du dich auch daran hältst. Los, komm wieder ins Bett!"
Voller Sehnsucht blickte ich noch einmal zum Kühlschrank, bevor ich mit einem Seufzen das Licht in der Küche wieder aus machte und ihr zurück ins Schlafzimmer folgte. Ich war so nah dran. Doch leider war es nur ein fast perfekter Plan.
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Kurzgeschichten - Kleine Geschichten für zwischendurch
Historia CortaKleine Geschichten aus dem Alltag, über die Liebe und Beziehungen, über das Leben und andere Dinge, die mich bewegen oder, die ich selbst erlebt habe. Mal witzig, mal nachdenklich, mal zum Träumen. Platz #103 15.03.2017 Platz #75 17.03.2017 # 47 in...