Ein kleiner Mitternachtssnak schadet nie - Kapitel 6

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"Naaa, Du" Ich hätte mich fast zu Tode erschreckt.

"Mein Gott Lizzy! Hast du mich erschreckt! Was machst du hier?!"

"Ich dachte, wo ich dir doch die Schule gezeigt habt, könnte ich dir auch ein bisschen die Gegend zeigen." antworte sie mir, als wäre es das normalste der Welt mitten in der Nacht bei Fremden Leuten am Fenster zu stehen. "Um halb zwölf?!", fragte ich verschlafen. "Ganz genau", sagte sie lächelnd. Ich schob meine Bettdecke zur Seite und setzte mich auf die Bettkante. "Ich bin hier aufgewachsen, ich kenn die Gegend!" Doch das schien für Lizzy kein Gegenargument zu sein. "Auch um halb zwölf Nachts?", fragte sie herausfordernd. Dann sah sie mich mit ihrem süßestem Welpenblick an, den sie drauf hatte und fügte hinzu: "Auch komm schon! Das wird total lustig!" Ich überlegte. Einerseits hielt ich es für eine ziemlich bescheuerte Idee, andererseits reizte es mich ja schon irgendwie.

"In Ordnung. Lass mich nur noch schnell was anderes anziehen." Nur mit Top und kurzer Hose konnte es schließlich auch zu dieser Jahreszeit, Nachts ziemlich kalt sein. Während ich mir eine Jogginghose und einen Pulli anzog kam mir ein ganz anderer Gedanke. "Wie bist du eigentlich hier hochgekommen?", fragte ich Lizzy, "mein Zimmer liegt im 1.Stock!" "In eurem Garten lag ne Leiter", sagte sie schulterzuckend. Dieses Mädchen war doch irre!...fand ich gut! Erst Lizzy und dann ich, kletterten die Leiter herunter. Die ganze Zeit ging mir duch denn Kopf, was wohl passieren würde wenn mein Dad entdecken würde, dass ich nicht da bin. Andererseits hatte er doch selber gesagt das ich mir neue Freunde suchen sollte. Außerdem schlief er immer wie ein Stein.

Jedenfalls standen wir nun auf der menschenleeren Straße vor unserm Haus. Es war stockduster. Eigentlich mochte ich die Nacht. Sie gab mir seltsamer Weise das Gefühl von Sicherheit. "Was machen wir jetzt?", fragte ich flüsternd. Auch wenn das natürlich irgendwie überflüssig war. Hier draußen auf der Straße würde uns eh keiner mehr hören "Hast du hunger?" Lizzy sah mich fragend an. "Ähm... Also ein Mitternachtssnak schadet nie.", antwortete ich ihr leicht irritiert. "Kann komm mal mit!" Sie machte eine Handbewegung die mich dazu anweisen sollte, ihr zu folgen. Was ich dann auch tat. Eine Weile lang gingen wir schweigend nebeneinander her. Es war zwar kein unangenehmes Schweigen, trotzdem wollte ich lieber ein bisschen mit ihr plaudern. "Machst du sowas eigentlich öfters?" "Manchmal wenn mir danach ist. Wenn man mal Abstand von der Menschheit braucht." "Abstand von der Menschheit?", fragte ich verwirrt. "Na, du weißt schon! die ganzen Leute die dich anstarren und dir ständig meinen sagen zu müssen, wie man sein Leben zu Leben hat." Ich verstand was sie meinte. Die Dunkelheit erwartet nichts von dir. Du musst nicht gerade Laufen, musst dich nicht mit Mack-up voll schmieren und könntest theoretisch wild auf der Straße rumtanzen.

Denn Rest des Weges schwiegen wir. Ich wusste nun auch endlich wo mich Lizzy hinführte. Und es hätte mir klar sein sollen. Mcdonalds. "Et Voila! Da wären wir!", sagte Lizzy. "Du willst jetzt nicht wirklich um Mitternacht mit mir nach Mecces, oder?", fragte ich lachend. Als Antwort hielt sie mir die Tür auf. "Bitte nach ihnen!". Bis auf zwei LKW Fahrer und der ,Bedienung', war der Mcdonalds menschenleer. Lizzy bestellte sich eine Große Pommes und mit Erdbeer-Milchsake. Ich entschied mich zur einen 9ner Nuggets und einen Vanille-Milchsake. "Ähm... das is jetzt ne peinliche Sache, aber ich hab kein Geld dabei." "Geht auf mich." sagte Lizzy lachend.

Wir setzten uns, zusammen mit unseren Delikatessen in eine Ecke.

Nach einiger Zeit des Schweigens, fragte Lizzy kauend: "Du hast so was noch nie gemacht, oder?" "Nach 19 Uhr war es praktisch unmöglich das Internatsgelände zu verlassen." Ich hatte das nie als wirklich schlimm empfunden, ich war es ja schließlich gewohnt. Lizzy hingegen schien vollkommen geschockt zu sein. "Oh Gott! So ein Internat muss echt die Hölle sein!" Warum dachten das eigentlich so viele? Meiner Meinung nach war es gar nicht so schlecht. "Eigentlich war es sogar ziemlich cool! Du hattest deine Leute immer bei dir und Langweilig wurde es auch nie." Sie sah nicht aus, als würde sie mir das abkaufen. Aber es war wirklich so! "Und dein Bruder? Ist der auch auf dieses Internat gegangen?" "Ja, er...halt warte mal! Woher weißt du das ich'nen Bruder habe?!" Ich war mir ziemlich sicher, dass ich mit keinem Wort ihr gegenüber erwähnt hatte das ich einen Bruder hatte. "Hab mich im Fester geirrt. Der hat geguckt als hätte er ne fliegende Kuh gesehen!", lachte sie, so als wäre es das normalste der Welt nachts um Fremde Häuser zu schleichen.

"Hast du denn Geschwister?" "Ne kleine Schwester.", antwortete sie kaum hörbar. "Lebt die denn auch im Heim?" Lizzy zögerte bevor sie antwortete. "Sie lebt in einer Pflegefamilie" "Und du nicht?" "Mein ,Kleiner, süßer Mädchen' Charme war wohl nicht ansatzweise so überzeugend wie der von Mia" Sie lächelte traurig. "Aber immerhin hat sie es gut. Ich bin froh das ihr dieses scheiß Heim erspart geblieben ist."

Ich wusste das sie nicht darüber sprechen wollte, aber ich konnte nicht anders. Die Gelegenheit war einfach zu günstig. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass Lizzy ein bisschen mehr erzählen wollte. "Was ist denn mit euren Eltern?" "Die wollten uns nicht haben.", sagte sie trocken und man konnte die Wut in ihrer Stimme hören. "Nach der Scheidung meiner Eltern hatten sich beide neue 'Lebensgefährten' gesucht." Sie untermalte das Wort ,Lebensgefährten' mit der sehr bekannten ,Anführungszeichen' Geste. "Dad ist ohne Vorwarnung mit seiner Trulla nach Spanien abgehauen, und der neue Kerl meiner Mutter hasste Kinder. Er hat uns das Leben zur Hölle gemacht. Vor Mom hat er es jedoch immer so aussehen lassen, als wären wir die schuldigen. Im Streit fielen dann seinerseits die Worte: Entweder ich oder die Kinder!" Die Stimme des Freundes ihrer Mutter, affte sie tief nach, und fuhr dann wieder mir gewohnter Stimme fort. "Tschja... Meine Mutter hat sich für ihn entschieden." Sie starrte mich hasserfülltem Blick ins nichts. Leicht schockiert fragte ich sie: "Hat eure Mutter ihre Entscheidung den nicht irgendwann bereut?" Lizzy löste ihren starren Blick und fuhr mir gewohnter Gleichgültigkeit fort. "Ich weiß nicht . Glaube nicht. Sie ist jetzt mit dem Typen , der unsere Familie zerstört hat, verheiratet, wohnt in einem schönen Einfamilienhaus in einem Vorörtchen und ist wieder schwanger." Während ich zuhörte sah ich ihr fasziniert dabei zu, wie sie den eben geklauten Nugget in ihren Fingern zerquetschte. Aber wer könnte es ihr schon übel nehmen? Ich wäre, in solch einer Situation, auch sauer gewesen. Sehr sauer sogar.

Ruckartig stand sie auf. "Tschja, dramatisch!" Sagte sie mit einem künstlichem Lächeln. Ich nahm das als Zeichen, dass es jetzt genau Infos für den Moment waren. Wir brachten unsere Tabletts weg und verließen das 5-Sterne Restaurant.

Wir hatten tatsächlich 1 1/2 Stunden bei Mecces verbracht. "Meinst du nicht wir sollten uns langsam auf den Rückweg machen? Ich bin Hundemüde!", gähnte ich, und steckte Lizzy damit an. "Das kannst du aber laut sagen!"

Auf dem Heimweg quatschten wir über Gott und Welt. Ich hatte echt nicht erwartet das Lizzy so ein tiefgründiger Mensch ist. Sie hatte zu alles und jedem eine Meinung und gab diese auch preis. Das mochte ich sehr an ihr. Das hatten nämlich nicht viele Menschen. Während des Gespräches hatte ich oftmals das Gefühl gehabt, das ich in mein eigens Spiegelbild schaue. Jedoch kamen auch ziemlich unterschiedliche Meinungen und Theorien zusammen. Es machte richtig Spaß sich mit ihr darum zu ,battlen' wer recht hatte. Ich war schon fast ein wenig traurig als wir wieder vor meinem Haus standen. Lizzy stellte die Leiter wieder an die Hauswand und ließ mich voran klettern. Sie hinterher. Mein Zimmer betrat sie jedoch nicht, sie blieb auf der Leiter stehen und lehnte sich mit den Armen auf meine Fensterbank. "Danke, das du den Scheiß mitgemacht hast. War echt lustig.", flüsterte sie. "Kein Ding. Das sollten wir unbedingt öfters machen!", sagte ich noch kurz bevor sie aus meinem Blickfeld verschwand. Ich hörte gerade noch das leise Klappern der Leiter, die Lizzy vorsichtig wieder an ihren Platz legte. Danach fiel ich mit samt meiner Jacke und meinen Schuhen auf mein Bett und schlief ein.

Sooooo, das wars dann erst mal wieder :) Ich hatte dieses Kapitel zwar schon seit Wochen in mein Notizheftchen geschrieben, hatte aber nie Lust es abzutippen. Deswegen hat es ein wenig länger gebraucht :)

Hoffe es hat dir Gefallen :) Würde mich sehr über Kommentare freuen :)

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