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So weiß wie Schnee. So schwarz wie das Ebenholz. Und so rot wie Blut.
Kein Märchen. Ein Mädchen. Meine Schwester.
So grau wie eine Maus. Das bin ich.
Sie ist die schönste Blume im Garten meiner Familie. Ich spiele nur die zweite Geige. Bin eine von vielen. Nichts Besonderes.
Es sollte mir nichts ausmachen. Ich sollte mich daran gewöhnt haben.
Eifersucht ist ein hässliches Gefühl. Deshalb ist sie auch so schön. Sie kennt keine Eifersucht. Wann war jemals jemand wichtiger als sie? Noch nie.
Wann hat mir zuletzt jemand ein Kompliment gemacht? Wann hat mir zuletzt jemand ein Lob ausgesprochen? Wann hat mir zuletzt jemand seine Liebe gestanden?
Wenn sowas je passiert sein sollte, kann ich mich nicht mehr entsinnen.
Sie war immer dort, wo ich war. Wo immer ich hätte glänzen können, hat sie mich mit ihrer reinen Anwesenheit überstrahlt.
Hass ist ein hässliches Gefühl. Deshalb ist sie auch so lieb. Sie kennt keinen Hass. Wann wurden ihr jemals Steine in den Weg gelegt, mit denen sie hätte zurückwerfen können? Noch nie.
Ich bin genauso besonders wie sie. Im Inneren. Das merkt nur niemand. Und vielleicht will ich auch gar nicht, dass es jemand merkt. Weil ich weiß, sie wird immer besser sein als ich. Schöner, schlauer, anmutiger, begabter, freundlicher, liebenswürdiger, musikalischer, einfach immer besser als ich.
Und da bekomme ich lieber ganz viel Aufmerksamkeit aus Mitleid als kaum welches, weil ich fast so besonders bin wie sie. Aber nur fast.
So sieht es in meinem Leben aus. Hier hinten, im langweiligen Hintergrund. Aber was wäre sie ohne mich? Sie könnte nicht leuchten, wenn ich nicht ihre schlechtere Hälfte wäre.


Bildergeschichten - Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt