~Von einer unerwarteten Liebeserklärung, die ganz bestimmt nicht so enden sollte

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Niall's P.o.V.

Ich lehnte mich ein wenig weg von Barbara und spürte sofort Liams irritierten Blick auf mir. Langsam aber sicher fingen nun wirklich meine Hände an zu schwitzen und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Was war nur los mit mir?

"Ich muss mal kurz auf Klo.", stammelte ich und stolperte schnell in den Flur und anschließend in das Gästebad. Ich drehte den Wasserhahn an und ließ mir zur Beruhigung die kühle Flüssigkeit durch die Finger rinnen, ehe ich mir schließlich auch noch ein paar Tropfen ins Gesicht zu Spritzen, in der Hoffnung, dadurch wieder klar denken zu können. Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die Wand geschlagen, doch ich wusste, dass es nichts gebracht hätte. Probleme ließen sich schließlich nicht durch Gewalt lösen.

Auf einmal öffnete sich mit einem Knartschen die Tür und ich hätte mir wirklich gerne die Hand vor die Stirn geschlagen, da ich nicht abgeschlossen hatte.

"Niall?", hörte ich kurz darauf Barbaras sanfte Stimme mit gewohnt starkem Akzent fragen. Ich liebte ihren Akzent, den auch, wenn sie sich manchmal wirklich komisch anhörte und vermutlich jeder ab und zu seine Probleme hatte, sie zu verstehen, hörte er sich total unschuldig an und passte perfekt zu ihrem süßen Lächeln. Kurz darauf stand sie auch schon vor mir, so dass sich ihre Augen direkt in meine bohrten. Blau gegen blau.

"Niall, was ist los?"

"Nichts, was soll schon los sein?", fragte ich, doch ich traute mich nicht unseren Blickkontakt zu beenden.

"Warum hast du mich nicht geküsst?"

Unruhig spielte ich mit dem Saum meines Shirts, antwortete jedoch nicht.

"Niall?"

"Warum hätte ich dich küssen sollen?"

Sie zuckte kurz zusammen, sammelte sich dann allerdings schnell wieder und meinte:

"Weil Sophia denken soll, dass ich deine Freundin bin."

"Ich will aber kein Mädchen küssen, das keine Gefühle für mich hat."

"Du hast mich schon öfters geküsst!", entgegnete Barbara, allerdings sagte sie nichts zu meiner Begründung, was mich leicht stutzig machte.

Stop, mach dir keine Hoffnungen!

"Das war etwas anderes!", meinte ich und musste selber zugeben, dass das ein verdammt schlechtes Argument war.

"Wieso sollte das etwas anderes gewesen sein?", stellte auch Barbara sofort in Frage und zischte, als ich nichts antwortete, noch hinterher:

"Du traust dich doch einfach nicht mehr. Du bist so ein Looser, weißt du das eigentlich?!"

Grob packte ich sie an den Schultern und drückte sie gegen die Wand, so dass mein Körper fest an meinen gedrückt war. Trotzdem versuchte ich sie an ihren Schultern zu schütteln und stellte mich zeitgleich auf die Zehenspitzen um größer zu wirken.

"Ich bin kein Looser!"

Ich wusste nicht was in mich gefahren war. Jeden Tag hörte oder las ich unzählige Beleidigungen und ich konnte wirklich nicht behaupten, dass sie mich nicht mitnahmen, aber sie von Barbara zu hören war noch viel schlimmer. Es war, als würde jedes ihrer Worte magisch sein. Ein Schlag in die Magengrube war nichts dagegen.

Von Barbara erhielt ich keine Reaktion außer einem leisen Wimmern und ich drückte schließlich hart meine Lippen auf ihre. Fordernd erarbeitete sich meine Zunge den Weg in ihren Mund und der Kuss wurde immer fordernder, zumindestens von meiner Seite aus. Barbara hingegen stand einfach nur regungslos da, hatte die Arme leblos an ihrem Körper herunterhängen und ließ das alles über sich ergehen.

Atemlos löste ich mich nach einiger Zeit wieder und wollte provizierend in ihre Augen schauen um ihr zu zeigen, dass ich kein Looser war, doch ihr Blick war zwar in meine Richtung gerichtet, doch ihre weit aufgerissenen Augen starrten kalt durch mich hindurch, während eine einzelne Träne ihre Wange hinunterkullerte.

Erst jetzt realisierte ich, was ich soeben getan hatte. Ich wusste nicht, was mit Barbara los war, doch eines war sicher: Sie hatte irgendetwas erlebt, dass ich mir nicht in meinen wildesten Täumen hätte erdenken können.

Langsam hob ich meine Hand und wollte ihr die Träne wegstreichen, doch sie schlug mir panisch die Hand weg während langsam wieder Leben in ihren Körper kam, was ich hauptsächlich an ihrer viel zu schnellen Atmung erkennen konnte.

"Barbara, du hattest Recht.", murmelte ich und wollte ihre Hände in meine nehmen, doch sie zog ihre weg.

"Ich bin ein Looser. Ich renne selbst vor meinen eigenen Gefühlen weg. Ich bin ein verdammter Looser."

Barbara begann zu zittern und versuchte Abstand zwischen uns zu bringen, was gar nicht so einfach war, da ich schließlich vor ihr stand.

"Barbara, es tut mir so Leid. Es ist mir alles zu viel, ich-..."

"Stop, ich will das nicht hören!", wimmerte sie und drückte sich die Handflächen auf die Ohren, doch mit Mühe gelang es mir sie zu entfernen.

"Barbara, hör mir zu. Ich, ich... Ich glaube ich habe mich in dich verliebt, ich..."

"Nein, nein. Ich will das nicht hören...", rief Barbara immer wieder, während ihr die Tränen mittlerweile in Strömen über das Gesicht liefen, doch ich musste ähnlich verzweifelt ausgehen haben.

"Nein, nein, nein.", rief sie weiter, bis schließlich ihre Stimme abrach und ihre Beine nachgaben und sie auf dem kühlen Badezimmerboden fiel.

Ich wollte ihr aufhelfen, wurde allerdings von zwei starken Armen davon abgehalten, indem sie mich aus dem Badezimmer zogen.

"Barbara, ich habe mich in dich verliebt.", rief ich noch ein letztes Mal verzweifelt ehe ich noch sah, wie sich Sophia neben Barbara auf die weißen Fließen setzte und mich Liam etwas weniger sanft ins Schlafzimmer verfrachtete.

"Liam, i-ich, du hättest Recht. Ich.."

"Pscht, ganz ruhig, Nialler.", murmelte er beruhigend und reichte mir einen Schokoriegel. Vermutlich dachte er, das würde mich aufmuntern, aber mir war gerade wirklich nicht nach Essen zu mute. Ich hatte es versemmelt.

"Liam, ich will zu ihr.", flehte ich, doch Liam schüttelte bestimmend den Kopf.

"Ich denke, Barbara braucht erstmal ein wenig Abstand. Sophia ist bei ihr."

"Aber ich will zu ihr."

"Du hast sie total verängstigt! Was hast du dir dabei nur gedacht? Du bist doch sonst nicht so!"

"I-Ich wollte das alles nicht.", stotterte ich und Panik machte sich in mir breit. Was, wenn Barbara wirklich Angst vor mir hatte?

Auf einmal erschien Sophias Kopf in der Tür und während sie mich keines Blickes würdigte meinte sie an ihren Freund gerichtet:

"Ich bringe Barbara nach Hause."

Er nickte und ich wollte aufspringen um mich von Barbara zu verabschieden, doch zusätzlich zu Sophias warnendem Blick hielt mich auch noch Liams Hand auf meiner Schulter zurück, also musste ich wohl oder übel hier sitzen bleiben.

"Liam...", fing ich an zu reden, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich sagen sollte. Mein Kopf war total leer und so fühlte ich mich auch. Am liebsten würde ich mich einfach bäuchlings auf mein Bett schmeißen und mich nie wieder bewegen. Einfach nur die Leere genießen, nicht mal mehr schlafen. Und hoffen, dass sie wieder zurück kommt.

"Niall, sag einfach nichts."

"Was würdest du denn machen, wenn du dich gegenüber Sophia komplett falsch verhalten hättest?"

"I-Ich weiß nicht...", murmelte er, doch während meiner Frage zuckte er kurz zusammen und ich vermutete in seinen Augen etwas zu sehen, das mich stark an Schmerz erinnerte.

Und zeitgleich beschloss ich, zu kämpfen. Ich wollte nicht, dass ich umsonst all meinen Mut zusammen genommen hatte, nur damit mein Outing ignoriert wurde. Nein, so leicht gab ich mich nicht geschlagen.

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