Im Hause des hochwohlgeborenen Herrn Black

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Es behagte Severus nicht. Es behagte ihm überhaupt nicht. Die Türschwelle zu übertreten fühlte sich an, als würde er die brennenden Stiegen zur Hölle hinabsteigen, wo nur der Teufel wartete, um über ihn zu richten. In diesem Haus zeigte sich der Teufel in Gestalt von Sirius Black, der, gelinde gesagt, keinerlei Verständnis dafür aufbrachte, dass ausgerechnet er diese Schwelle übertreten sollte, die in sein Reich führte. Als ob er es je freiwillig getan hätte.

Das Haus war groß und seltsam. Es wirkte ein wenig düster. Doch die Atmosphäre gefiel ihm, auch wenn er es nie zugegeben hätte, dass er ausgerechnet Blacks Haus für behaglich hielt.

Severus wurde von Dumbledore an den Tisch gebeten und setzte sich stumm, die funkensprühenden Blicke Blacks ignorierend. Es war doch nicht seine Schuld, dass Dumbledore sein Haus für die Treffen des Phönixordens erwählt hatte und er trug ebenfalls keine Schuld daran, dass Black das Haus nicht verlassen konnte, weil überall nach ihm gefahndet wurde. Er war doch nur der dumme Idiot der sich, unbemerkt von den anderen, in Lebensgefahr brachte und dafür nicht mal ein Dankeschön oder ein Schulterklopfen bekam. Wie sich Severus dabei fühlte, war nicht relevant für den Orden. Doch wenn er es recht bedachte, dachten vermutlich viele, er besäße nicht einmal so etwas. Gefühle.

Severus besaß viel zu viele davon, doch er zeigte sie nie offen. Sein Geist war stets fest verschlossen und niemand durfte eindringen. Ein Meister der Täuschung. Perfekt für den Job geeignet.

Er schreckte aus den Gedanken hoch, als Dumbledore das erste Ordenstreffen nach so vielen Jahren eröffnete. Für Severus war es das allererste überhaupt und er wusste, dass die Leute im Raum, abgesehen von Dumbledore, ihm misstrauten, weil er ein ehemaliger Todesser war und jetzt wieder einer werden sollte. Zumindest zum Schein.


In den nächsten Tagen fühlte Severus sich buchstäblich wie ein Tennisball, der hin und her geschlagen wurde. Zur einen Stunde wohnte er geheimen Todessertreffen bei und zur nächsten gab er die Informationen daraus an den Orden weiter. Den Todessern gab er halbwegs falsche Informationen über den Orden. Solche, die gerade noch glaubwürdig klangen und zum Teil auch stimmten. Es war schwer, doch das kümmerte Severus nicht. Nur eines schmerzte ihn ein wenig: Die Seite, für die er kämpfte, vertraute ihm weniger, als die, die er verriet. Nicht, dass er Vertrauen gebraucht hätte. Es war nur einfach schrecklich für ihn, diese Undankbarkeit in aller Augen zu sehen. Ein klitzekleines Lob, ein klitzekleiner Dank, das hätte ihm schon gereicht. Aber er bekam ihn nie.


Erneut betrat er das Haus des hochwohlgeborenen Herrn Black. Zum wievielten Mal wusste er nicht mehr, doch wahrscheinlich zählte Black mit, wie oft er sein Reich besudelte. Severus war immer froh, wenn er es wieder verlassen konnte. Doch an diesem Tage kam er noch einmal zurück. Er war kein schusseliger Mensch, doch er hatte am Küchentisch auf seine Uhr gesehen und hatte sie dann dort liegen lassen. Normalerweise lag ihm nicht viel an materiellen Dingen, doch diese Uhr war ein Erbstück seiner verstorbenen Mutter. Gut, er hatte nie das beste Verhältnis zu seine Eltern gehabt, aber gehasst hatte er sie nicht und er wollte diese letzte Erinnerung in Ehren halten und sie nicht auf Blacks Küchentisch verotten lassen.

Er klopfte. Der Hauself Kreacher öffnete mürrisch und lies ihn ein. Black trat in den Flur und sah zum ihm. "Was willst du?", fragte er missbilligend.

"Ich habe meine Uhr vergessen. Ich würde sie gerne wiederhaben."

"Komm mit", seufzte Black und ging voraus, direkt in die Küche. Severus wunderte sich, dass rein gar keine abfällige Bemerkung von ihm kam. Das passte so rein gar nicht zu seinem sonstigen Verhalten ihm gegenüber.

Er führte ihn in die Küche und drückte ihm emotionlos die Uhr in die Hand. "Da."

"Danke. Sehr freundlich." Severus hätte nie gedacht, dass er diese Worte einmal an Black richten würde.

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