5. Kapitel

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Eigentlich hatte ich vor, jetzt, nach der Schule, noch schnell bei der Musikschule hier vorbeizufahren, um ich nach einem potentiellen Hornlehrer zu erkundigen. Aber nachdem wir heute einen langen Schultag hatten, habe ich keine Lust noch unnötig weit zu fahren. Obwohl die Musikschule alles andere als weit weg ist...

Schließlich schwinge ich mich auch meinen Motorroller und fahre nach Hause. Auf dem Weg philosophiere ich über die Frage, was es denn bitte auch für einen Sinn ergibt, wenn wir zwar erst zum zweiten Block Unterricht haben, dann aber bis knapp vier Uhr nachmittags Schule haben. Auch Schüler hätten gerne nachmittags doch gerne noch ein wenig Freizeit! Typisch Schulorganisation halt...

Zu Hause angekommen, schließe ich meinen Roller ab, ziehe ich mich aus und setze mich an meine Hausaufgaben. Und nein, ich setze mich nicht nackt an meine Schulsachen. Ich meinte, dass ich meine Draußenklamotten ausgezogen habe!

Hausaufgaben machen zählt zu meinen Vorsätzen für München. Hausaufgaben machen und Lernen, Lernen, Lernen. Schließlich werde ich in diesem Schuljahr mein Abitur machen. Zumindest so, wie ich es mir erhoffe.

Aber aus genau diesem Grund sollte ich mir nun ein paar Themen erarbeiten, die hier, im schweren Bundesland Bayern, zwar bereits durchgenommen wurden, zu Hause aber noch nicht.

Komisch, dass ich das noch immer als „zu Hause“ betrachte.

Sicher tue ich das nicht wegen meiner Mutter. Ich meine, klar, auch sie vermisse ich irgendwie. Aber das tue ich schon lange. Ich vermisse, wie sie früher war.

Ihre lustige Art, die sie immer hatte.

Ihre Fürsorge.

Unsere Mädelsabende, wenn Eron und Papa nicht da waren. Da haben wir immer tolle Filme gesehen. Teilweise im Kino, aber meistens nur zu Hause vor dem Fernseher.

Und schon wieder habe ich es „zu Hause“ genannt.

Wir haben uns da immer gegenseitig geschminkt, die Nägel lackiert, viel gelacht und bei traurigen Filmen zusammen geweint.

Aber ihre Verbissenheit, ihr Zorn, den sie später entwickelt hat, vermisse ich nicht.

Ich verabscheue unsere Streitigkeiten.

Ich hasse, wie sie jetzt ist; wie ich sie in Erinnerung habe.

Was ich wirklich an „zu Hause“ vermisse, ist Eron, meine Freunde - vor allem Mila - und die Vertrautheit.

Das ist der Ort, wo ich aufgewachsen bin.

Meine Heimat.

Werde ich mich je vollständig davon trennen können? München als mein zu Hause sehen?

Gewaltsam reiße ich mich von meinen Gedanken los. Ich lebe nicht in der Vergangenheit, nicht an einem anderen Ort.

Ich lebe Hier und Jetzt!

Und Hier und Jetzt sollte ich mich lieber im meine Schulsachen kümmern, als nur in Gedanken zu hängen!

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Es ist knapp sechs Uhr abends, als ich mich von meinen Schulsachen löse und beschließe ein wenig frische Luft zu schnappen. Normalerweise hätte ich dafür meine Inlineskates oder andere schicke Gefährte herausgekramt, doch München ist dafür leider nicht die richtige Stadt. Daran würde ich mich wohl oder übel gewöhnen müssen.

Von draußen tönen Motorengeräusche durch mein Fenster. Ein Blick bestätigt mir, dass mein Vater von der Arbeit heimkommt.

Also laufe ich die Treppe hinunter und erwische ihn gerade, als er die Tür öffnet.

„Hallo, Prinzessin!“, begrüßt er mich überrascht, als er sieht, wie ich mir meine Jacke überziehe. „Hast du heute noch etwas vor?“

„Ich wollte gerade mal eine Runde drehen. Hast du Lust und Zeit mit mir zu kommen?“

Papa nimmt mich kurz in den Arm. „Für dich doch immer!“

Freudig schlüpfe ich in meine Schuhe und trete durch die Tür, die mein Vater mir gerade aufhält. Ein echter Gentlemen halt. Da kann man sich gar nicht vorstellen, dass er und Carmen solche Probleme miteinander entwickelt haben.

Sehnsüchtig an die frühere Zeit denkend, warte ich bis Papa die Tür abgeschlossen hat. Dann greife ich nach seinem Arm und frage: „Wo längs soll es gehen?“

„Ich dachte, du wolltest dir die Füße vertreten? Dann musst du auch wissen, wo lang“, grinst mein Vater.

Ich werfe ihn einen Blick zu und gehe dann nach rechts.

Wir unternehmen einen langen Spaziergang durch weite Teile Münchens.

Okay, meinetwegen. Vielleicht waren es auch nur fünf Straßen, bis wir uns auf einer Bank im naheliegenden Park niedergelassen haben. Aber das tut gerade nicht zur Sache.

Wir sitzen hier nun also und lachen über alte Kindheitsgeschichten von Eron und mir, als sich über mir ein großer Schatten aufbaut. Verwirrt blicke ich auf.

***

Dam Dam Dam!

Ich wollte auch mal so einen fiesen Cut machen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 23, 2018 ⏰

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