Viel zu sagen

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Wortlos stellte Ellie sich vor die Tafel. Nach einem perfekten Lächeln war ihr nicht mehr zumute. Sie sah auf ihr Leeres Blatt.

"Wer bin ich?", begann sie. Sie räusperte sich. "Wer bin ich? Ich schätze diese Frage ist Ansichtssache...

Für meine Eltern bin ich die brave Tochter, die nie Ärger macht und immer selbstständig für die Schule lernt.
Für die Lehrer bin ich das unauffällige Mädchen, dass sich kaum meldet.
Für die meisten in der Klasse bin ich sicher die Schüchterne. Immer still und zurückhaltend.
Und dann ist da noch meine beste Freundin..." Sie sah zu Katja. "Für sie bin ich alles, was ich für die anderen nicht bin. Frech, offen, witzig und manchmal mit einem ziemlich schwarzen Humor. Ich glaube fast, sie könnte diese Frage am besten beantworten. Aber es ist ja meine Aufgabe.
Also wer bin ich für mich? Wie bin ich?
Heute habe ich festgestellt, dass ich sein kann, wie ich will, solange ich mich dabei wohlfühle. Das reicht euch nicht? Ich soll mich beschreiben? Da gibt es ein kleines Problem. Man kann die wenigsten Menschen mit einzelnden Worten beschreiben. Menschen sind nichts, was man analysiert. Menschen sind etwas was man kennt oder eben nicht. Ihr wollt wissen, wer ich bin? Hier stehe ich. Sprecht mich doch einfach mal an und unterhaltet euch mit mir. Dann könnt ihr euch euer eigenes Bild von mir machen."

Alle, aber auch wirklich alle im Raum sahen sie an.
Mit der Ausnahme von ihr selbst, aber das brauchte sich auch gar nicht sehen, denn sie wusste, was sie gerade gesagt hatte war viel bedeutender, als es ihr Aussehen jemals sein könnte.
Ellie strich sich ihre dunkelblondes, Strähnchen durchzogenes Haar zurück, damit alle ihr Lächeln sehen konnten. Auch das wusste sie, ohne es zu sehen. Sie sah wieder aus wie sie und es störte sie nicht im geringsten, dass ihr Lächeln nicht mehr perfekt war.

So wie sieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt