Don't you forget about me...

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Gedankenverloren stand ich da und starrte das Haus an.

Irgendeine Erinnerung schien hier festzustecken.

Ich strengte mein Hirn an, versuchte eine Erinnerung zu finden, doch ich fand nur die des heutigen Tages.

Immerwieder durchzuckten mich die Bilder von Barbaras braunen Augen. Oder waren es die, einer anderen Person? Sie schienen sich in meinem Kopf festgesetzt zu haben,wie ein kleiner Parasit und ließen mich nicht mehr los. Oder sollte mir das etwas sagen?

Es kam mir vor, als lachten sie mich aus. "Man, bist du dumm! Du checkst auch gar nix!"

Frustriert und unschlüssig stand ich vor dem Haus.

Bestimmt bildete ich mir alles nur ein. Vielleicht hatte mich gar keine alte Gewohnheit/Erinnerung hierher geführt, sondern doch nur der Zufall.

Enttäuschung kroch mir die Kehle hoch und ich wollte gerade zurück zur Haltestelle gehen, da ging auf einmal die Haustüre auf. Ich blieb stehen und wandte mich doch noch einmal um.

Aus der Tür kam ein junger Mann. Auf den dunklen Haaren saß eine grün-weißeCap und in der linken Hand hatte er einen Rucksack, den er wohl gerade auf eine Schulter schmeißen wollte. Er sah fertig aus. So richtig mitgenommen, was ich nicht nur an seinen Augenringen, die ich sogar auf die 4 Meter Entfernung zwischen uns sah, festmachte sondern auch an seinem schleppenden Gang und dem monoton nach unten gerichteten Blick.

Mein Atem stockte mir, ohne dass ich wusste, warum. Ich spürte, wie meine rechte Hand zu zittern begann. Ich wollte ihn ansprechen! Ihm etwas sagen, ganz egal was, Irgendetwas!!! Doch ich wusste nicht, was.

Sein Blick streifte mich, ging weiter, kam wieder zurück und blieb an mir hängen. Sein Kopf hob sich, als er mir ins Gesicht sah. Als unsere Blicke sich trafen, schien mein Herz stehen geblieben zu sein, um mir zu signalisieren, dass hier gerade etwas ganz Bedeutendes geschah.

"Ellie?", er ließ seine Tasche fallen.

In seinem Gesicht war die reine Verwirrung zu lesen. Ich schluckte trocken, mein Atem ging schnell. Ich war unfähig auch nur einen Laut zu machen.

Die Fragezeichen in seinem Gesicht machten einer erleichterten Freude Platz, als er die paar Schritte auf mich zustürmte. Die Sonne schien in seine dadurch goldbraunen Augen und ließ sie von innen erstrahlen, wie das Lächeln auf seinem Gesicht. Für mich war es das schönste Lächeln, dass ich jemals erlebt hatte, was vielleicht damit zusammenhing, dass ich an diesem Tag fast ausschließlich falsche Lächeln zu Gesicht bekommen hatte. Doch dieses war echt. Ich spürte es in seinem Blick, der sich tief in meine Augen borhte und mich verschlang und in der Art, wie sein ganzes Gesicht mit lachte.

Ich öffnete den Mund, spürte ein Brennen in den Augen, doch bevor ich etwas sagen konnte, hatte er mich fest in seine Arme geschlossen.

"Ich dachte du wärst tot?!"

Wie gerne hätte ich mich an seine Schulter geschmiegt, es fühlte sich doch so richtig an! Doch ich tat das einzig Vernünftige in dieser Situation und wand mich aus seiner Umarmung.

Verwirrt sah er mich an.

"Ellie? Es tut mir leid. Echt. Ich...wollte das nicht so, wie es passiert ist!"

"S-sorry",stotterte ich,"ich kenn dich gar nicht."

Sein verwirrter Blick wurde noch verwirrter. "Wie? Willst du nichts mehr mit mir zu tun haben? Hör zu, es tut mir wirklich leid!!",jetzt sah er richtig verzweifelt aus.

"Nein...",antwortete ich gedehnt,"es kann sein, dass wir uns kennen, aber ich...bin heute morgen ohne irgendeine Erinnerung aufgewacht. Es tut mir sehr leid." Den letzten Teil hauchte ich eher, als das ich ihn sprach.

Man konnte sehen, wie die Enttäuschung seine Gesichtszüge nach unten fallen ließ.

"Du weißt gar nichts mehr?!"

Ich antwortete nicht. Die Angst vor seiner Reaktion war zu groß.

"Ellie?! An irgendetwas musst du dich doch erinnern?!"

Ich stand da, wollte etwas sagen, rang nach Worten, nach Luft. Doch ich fand keine. Ratlos starrte ich den fremden Typen vor mir an. Alles in mir schrie, dass ich ihn kannte, doch ich hatte keine Erinnerung.

"Verdammt, Ellie, sag was!"

"Ich bin nicht Ellie",sagte ich.

Er stutzte. Die Fragezeichen, in seinem Kopf konnte man fast von außen sehen. Sein Blick ging ins Leere.

"Wie jetzt?",grinste er verwirrt.

"Vielleicht verwechselst du mich ja einfach. Ich weiß es nicht, schließlich habe ich kein richtiges Gedächtnis mehr. Aber ich bin bei meinen Eltern aufgewacht und die haben mir alles erzählt. Ich bin Tina, Tina Kramer.",klärte ich ihn auf. Ich hatte keine Ahnung, warum ich alles so erzählte, doch ich wollte unbedingt an diese logische Erklärung glauben. Er hatte mich bestimmt nur verwechselt. Egal,was mein Gefühl sagte.

Sein Blick heftete sich tief und ernst an meinen.

"Ich könnte dich niemals vergessen oder verwechseln"

Dieser Satz jagte kalte und sich unangenehm gut anfühlende Schauer über meinen Rücken und ließ mein ohnehin schon auf Hochtouren laufendes Herz noch schneller schlagen. Was meinte er jetzt damit?

Ich schüttelte den Kopf um ihn wieder klar zu kriegen. Was war nur mit mir los?

"Außerdem...",fuhr er plötzlich fort,"sind deine Eltern längst tot."

Das schockte mich. Tot?

Von was redete der Typ da eigentlich?! Kommt einfach an und fängt an mich zuzulabern! Sollte das eine neue Anmachmasche sein? Nicht mit mir!

"Jetzt hör mir mal zu!", zischte ich,"Ich hab keine Ahnung, was du von mir willst und was du versuchst, mir zu erzählen, aber ich fall da nicht drauf rein,ok! Du musst mich verwechseln!"

Er starrte mich hilflos aus seinen braunen Augen an und versuchte etwas zu sagen. Schnippisch hob ich meine Augenbrauen.

"Ok...Ellie...Tina, wie auch immer. Ich hab keine Ahnung, ob du mich verarschst, oder ob du dich wirklich an nichts erinnern kannst. Ich habe ebenfalls keine Ahnung, wer dir diesen  Schwachsinn erzählt hat, mit Tina und deinen Eltern, aber wenn du mir nicht glaubst und dich nicht an mich erinnerst:

Ich bin Flo! Na? Immernoch nicht?

Wir waren sogar zusammen auf der Grundschule."

Peinlich berührt sah ich ihn an. Wenn das stimmte, dann...

Aber Barbara und Wolfgang! Das Ganze konnten die doch unmöglich erfunden haben! Was war denn mit dem Foto?! Ich fühlte mich so ohnmächtig.

Ich seufzte. "Es tut mir leid! Wirklich. Es ist ein bisschen schwer, weil ich gar nicht weiß, was ich glauben soll. Mein Kopf ist wie ein großer, weißer Wattebausch ohne Erinnerung."

Enttäuscht sah er mich an.

"Na dann, wenn du mich vergessen hast. Dann hab ich auch keinen Grund mehr, es zu probieren."Seine Stimme klang nun wieder so mitgenommen, wie er am Anfang ausgesehen hatte. Er drehte sich um und ging auf seinen Rucksack zu.

Shit, das war meine Schuld gewesen! Was sollte ich jetzt tun?!

Noch immer kamen keine Worte aus meinem Mund und ich fühlte mich, wie betäubt.

Ich sah ihn von hinten. Wie er davon ging. Mir den Rücken gekehrt. Und es machte mich traurig. Verzweifelt.

Da passierte es! Auf einmal schossen mir lauter Erinnerungen durch den Kopf. Wie lauter Blitze, der Stromstöße meinen Körper zucken ließen. Ich spürte sie, wollte sie festhalten, doch es blieben nur kleine Dinge zurück.

"Flo!!!",rief ich,"warte!!!"

Remember me - (LeFloidFF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt