Call on Me

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44 Tage und 2 Stunden später.

"Oh mein Gott wie spät ist es?" fragt sie geschafft aber lächelnd und lässt sich in der Mitte der Rückbank des Autos nieder. Steffi auf der rechten und Max auf der linken Seite setzen sich neben sie. Marcus fährt los, in Richtung Hotel, und Lena sieht zu Max. Sie lächelt ihn glücklich an. Er greift still nach ihrer Hand. Er hätte niemals gedacht dass das möglich wäre, seit der letzten Wochen. Dass Lena, ohne auch nur für eine Sekunde betrübt auszusehen, den kompletten Festival Tag über so strahlen würde. So wie früher. Es verdeutlicht ihm dass ihre Vermutungen wohl stimmten. Sobald sie mit Menschen zusammen ist die ihr gut tun und sie mal nicht an Verkaufszahlen von Alben oder stundenlange Fotoshootings denken muss, scheinen all ihre Symptome wie weggeblasen. Es macht ihn mehr als glücklich sie so strahlen zu sehen.
"Halb eins." sagt Steffi. Lena lehnt sich an Max' Schulter und sieht aus dem Fenster. Es ist dunkel aber die Lichter von Palm Springs im Auto erleuchten sein Gesicht. Sie lächelt, streichelt seine Hand in ihrer.
"Sollen wir noch ein Glas Wein in der kleinen Bar unten trinken?" fragt Steffi die beiden. Marcus sieht sie nur fragend an.
"Sorry babe I asked if we should still have a drink at the bar when we get back.." übersetzt Steffi schnell für ihren Freund. Alle nicken überzeugt und der Wagen kommt zum stehen. Es dauert keine fünf Minuten und die gesamte Coachella Crew lässt sich auf den Couches dieser alternativen Bar nieder. Lena macht mit ihrem Handy ein Foto. Kaum zu glauben dass so eine abgefahrene, kleine Bar direkt neben dem Hilton am Strand zu finden ist.
"Weißwein?" fragt Max seine Freundin. Sie nickt, schaut ihm und Marcus nach, die sich um die Getränke kümmern werden.
Steffi grinst Lena an.
"Ich finde unsere boys machen sich ganz gut miteinander bisher oder?" fragt sie happy. Lena lacht und nickt. Sie ist wirklich froh dass Marcus und Max sich so gut verstehen.
"Auf jeden Fall." sagt Lena. Steffis Handy vibriert. Das Model lächelt glücklich auf und Lena sieht sie verwirrt an. Die Musik in dieser Bar ist genau richtig um sich zu unterhalten. Nicht zu laut und nicht zu leise.
"Guck mal.. meine Schwester ist schwanger. Es wird ein Junge." sagt Steffi emotional und zeigt Lena das Ultraschallbild auf ihrem Handy. Lena sieht aufgeregt zu Steffi.
"Oh Gott, wie schön. Du wirst Tante!" sagt sie angetan. Steffi lacht und nickt.
"Ja, das ist eh die verrückteste Story aller Zeiten." lacht sie und holt aus.
"Also meine Schwester ist mit ihrem Freund erst seit sechs Monaten zusammen oder so.." Lena sieht sie verwundert an.
"Oh krass."
"Ja allerdings. Und sie hat einfach mal drei Monate lang nicht gewusst dass sie schwanger ist. Letzte Woche hat sie es erst rausgekriegt. Und das heftigste ist: Sie hat einfach mal drei Monate lang ihre Tage noch gekriegt. Obwohl sie schwanger war!" sagt Steffi aufgebracht. Lena sieht verwundert zu ihr.
"Wie kann das denn sein?"
Gerade als Steffi weitererzählen will kommt Max mit den Getränken zurück. Er setzt sich gegenüber von Lena und Steffi und verteilt die Gläser.
"Danke Schatz." sagt Lena leise, als Steffi schon weitererzählt.
"Ja pass auf, anscheinend kann das in den ersten Monaten echt noch sein dass man die Periode ganz leicht kriegt. Aber ich wusste das auch nicht." sagt sie nur. Lena nimmt einen Schluck ihres Weinglases.
"Ja und das geile an der ganzen Geschichte.." sagt Steffi lachend und sieht zu Max und Lena, "Sie dachte wochenlang dass sie ihre ganzen Wehwehchen wie Übelkeit und Müdigkeit und so einfach nur stressbedingt hätte." lacht Steffi, "Und dann ging sie sogar zu so einem Anti- Stress- Training. Richtig umsonst alles." lacht Steffi, nimmt ihr Handy wieder und öffnet nochmal das ihr so eben geschickte Ultraschallfoto. Max versteht nur Bahnhof.
"Worum geht's?" fragt er verwirrt, hat mitbekommen wie ruhig seine Freundin plötzlich wurde. Er sieht zu Lena, doch sie sieht weg. Steffi dreht ihr Handy um und hält es Max vor die Nase.
"Meine Schwester ist schwanger."
sagt sie nur und sieht wieder zu Max, "Tja, ich meine, ich vertraue der Pille ja auch aber seit der Story geht bei uns ohne Kondom garnichts mehr. Better safe than sorry." sagt sie grinsend und sieht verwirrt zu Max.
"Wo ist mein Freund eigentlich abgeblieben?"
Max räuspert sich. "Äh, der wartet an der Bar noch auf deinen Tequila Sunrise." sagt er. Steffi erhebt sich gutgelaunt.
"Ich bin gleich wieder da." sagt sie und verschwindet bei ihrem Freund am anderen Ende der Bar.
"Der Chardonnay ist echt gut, Schatz. Magst du mal.."
Max hört auf zu reden. Ihm ist erst jetzt Lenas Blick aufgefallen. Sie wirkt so als hätte sie gerade einen Mord miterlebt. Ihre Augen sind groß und ihre Hände zittern etwas. Das kann er auch durch die Dunkelheit ganz gut sehen.
"Lena, was.." er stellt sekundenschnell sein Glas ab und setzt sich neben sie auf die Bank wo Steffi eben noch gesessen hat. Sie sagt nichts, vergräbt ihr Gesicht nur in ihren Händen.
"Ich.. ich muss gehen." bringt sie dann heraus. Max versteht nur noch Bahnhof. Sie war doch eben noch bestens gelaunt. So gut gelaunt, wie schon lange nicht mehr. Dass ihre Stimmung von jetzt auf gleich so kippen würde hätte er nicht erwartet.
"Bist du müde..?" fragt er verwirrt, den Arm auf ihrem Rücken liegen.
"Wir müssen reden." bricht es dann aus ihr heraus. Max versteht nichts mehr. Besorgt nickt er nur denn er merkt ihr an dass sie es ernst meint.
"Okay, ich.. ich geh Steffi und dem Rest kurz Bescheid sagen." sagt er unsicher und steht auf. Lena beobachtet ihn und fühlt alles in sich Beben.
Du dummes Mädchen.
Du dummes dummes Mädchen.
Sie beobachtet wie Steffi und Marcus nur besorgt zu Max und dann zu Lena gucken. Steffi winkt Lena mitleidig. Er hat Ihnen scheinbar erzählt dass es ihr nicht gut wäre. Sie erhebt sich langsam, als Max wieder auf sie zukommt. Sie sieht ihm an dass er absolut planlos ist. Sie fühlt sich schuldig, ja. Aber sie kann das nicht hier. Nicht hier, unter all den Menschen die einfach nur eine gute Zeit haben wollen.
"Kommst du?" fragt er sie leise, legt seinen Arm um ihre Taille und begleitet sie aus der Strandbar. Kaum sind beide auf der gepflasterten Promenade von Malibu Beach angekommen, sieht er zu ihr.
"Willst du aufs Zimmer oder sollen wir noch ein bisschen.."
"Lass uns einfach da lang gehen, ich.. ich brauch Luft." sagt sie zittrig, fasst sich durch ihre Haare. Sie ist weiß wie eine Wand. Max sieht sie besorgt an. Er hat versucht aus ihrem Verhalten der letzten zehn Minuten schlau zu werden doch er tut es nicht. Er versteht nicht was plötzlich los ist.
"Lena." sagt er dann etwas energischer als eben und bleibt einfach stehen. Sie trabt noch ein paar Schritte, dreht sich dann zu ihm um.
"Du sagst mir jetzt sofort was passiert ist."
Er versucht ruhig zu bleiben. Sie spürt Panik in sich aufkommen, sieht einmal nach links und rechts. Sie beide haben sich maximal hundert Meter von der Strandbad entfernt. Trotz der Tatsache dass es Ein Uhr nachts ist, sind sie noch immer von lachenden Menschen umgeben.
Mit verschränkten Armen kommt sie ihm wieder ein bisschen näher.
"Lass uns..warte kurz, dahinten ist es ruhiger." sagt sie nur. Max nickt. Sie gehen beide nebeneinander her und schweigen. Nur selten hat sie solche Momente zwischen Ihnen erlebt. Es dauert fünf Minuten und die Straße wird immer leerer. Max kann in die Restaurants am Strand blicken, die langsam schließen. Es scheint dass sogar in Los Angeles ab einer bestimmten Uhrzeit die Straßen langsam tot werden.
"Kannst du mir jetzt.."
"Ich glaube ich bin schwanger." platzt es aus ihr raus. Max bleibt augenblicklich stehen, glaubt sich verhört zu haben.
"Was?"
"Ich glaube ich bin schwanger." wiederholt sie monoton, bleibt ebenfalls einfach stehen. Sie traut sich nicht in seine Augen zu sehen. Viel zu groß ist ihre Angst dass dieser das gleiche empfindet wie sie beim Gedanken an das was sie gerade gesagt hat.
"Was? Ich.." stammelt er. Lena wagt es schließlich doch und sieht durch die Dunkelheit zu ihm. Die Strassenlampen der Promenade sind zwar erleuchtet aber trotzdem ist es enorm dunkel. Sie hört die Wellen des Meeres gegen das Ufer peitschen und spürt den Wind, wie er ihre nackten Beine streift und eine Gänsehaut erzeugt. Nun wagt sie es doch, sieht ihrem Freund ins Gesicht. Er wirkt blass, was eine Untertreibung ist. Er sieht geschockt aus, kratzt sich unsicher am Hals.
"Ich muss mich.. hinsetzen." sagt er dann, trottet ein paar Schritte nach hinten und lässt sich auf die kleine Mauer zwischen Sand und Steinpromenade nieder. Da wo tagsüber die Strandbesucher mit einem Eis in der Hand verweilen sitzt nun ihr Freund. Eine Hand vor dem Mund, die andere auf seinem Knie abgestürzt. Mit weichen Knien geht sie auf ihn zu. Er sieht zu ihr hoch.
"Was heißt das du 'glaubst' du bist schwanger? Du.. du hattest doch letzte Woche deine Tage?" sagt er aufgebracht. Sie kann das Zittern in seiner Stimme hören. Nur selten hat sie ihn so erlebt.
"Steffi.. sie.." Lena bricht ab. Sie kann gerade keinen klaren Gedanken fassen. Lena lässt sich neben ihn plumpsen und atmet tief ein und aus. Sie spürt ihre Tränen hochkommen und schluckt schwer.
"Es passt alles zusammen. Meine Übelkeit, meine Müdigkeit. Meine Gefühlsschwankungen. Meine Periode, die nur schwach kam. Steffis Schwester hatte all das auch und die ist jetzt im dritten Monat schwanger. Mit einem Jungen." sagt sie panisch. Max sieht zu ihr. Ihre Augen sind mit Tränen gefüllt und ihre Brust hebt sich schnell auf und ab. Neben all der Angst die eben durch seine Adern geflossen ist, realisiert er jetzt erst welche Angst sie wohl haben muss, jetzt gerade, auf dieser unbequemen Steinbank irgendwo in Malibu.
"Ich.. ich weiß nicht wie ich so dumm sein kann. Max, dieser Gedanke kam mir nie. Ich hab niemals auch nur im Ansatz mal daran gedacht dass ich.."
Max unterbricht sie mit seiner Hand auf ihrem Oberschenkel. Sie steht kurz davor eine Panikattacke zu kriegen. Eine Träne läuft ihr die Wange runter und versucht klar zu denken. Für sie.
"Ich hab einen Plan, Lena. Atme mal tief ein und aus." sagt er beruhigend. Sie tut was er ihr sagt. Max platziert eine Hand auf ihrem Rücken. Er zittert selbst noch doch er versucht sich zu beruhigen und stark zu bleiben. Für sie. Sanft streichelt er über ihren Rücken. Sie scheint tatsächlich ein bisschen runterzukommen.
"Wir gehen jetzt ganz entspannt zu unserem Mietwagen, fahren zum nächsten CVS, besorgen dir Tests und dann.. dann wissen wir was Sache ist. Okay?" fragt er nur. Max klingt so als hätte er sich einigermaßen beruhigt doch das ist nicht der Fall. Er dreht innerlich durch. Er hat dieses Bild immer vor sich gehabt. Sie und er und Kinder. Doch in diesem Bild war er deutlich älter. Sie auch. In diesem Bild war er beruflich gefestigter als jetzt und sie nicht mehr so eingespannt in ihren Job wie heute. Es wäre nicht der richtige Zeitpunkt für ein Baby. Es wäre zu früh.
"Okay." krächzt sie leise. Max spürt ihre Angst. Er zieht sie unweigerlich in eine Umarmung. Er spürt wie sie leise in seine Brust weint. Und es bricht sein Herz.
"Hey Lena." sagt er nur beruhigend. Er nimmt ihr Gesicht in seine Hände und lächelt sie beruhigend an. Sie scheint vollkommen panisch zu werden. So hat er sie tatsächlich noch nie erlebt.
"Ganz ruhig bleiben. Keine Panik. Ich bin bei dir. Alles wird gut, okay?" sagt er vorsichtig und küsst sie liebevoll. Sie nickt nur und wischt sich die Tränen aus ihrem Gesicht.
"Komm, wir gehen erstmal ans Auto." sagt er ruhig und greift nach ihrer Hand. Mit eiskalten Schweisshänden greift sie nach seiner und trabt hinter ihm her. Sie hatte noch nie solche Angst wie gerade. Noch nie so viele Gedanken, die gleichzeitig durch ihren Kopf schießen.
Sie hat kein Zeitgefühl mehr dafür, wie lange es dauert bis sie an ihrem schwarzen SUV ankommen. Sie weiß nur, dass es eindeutig zu lange war. Dass sie sich viel zu lange angeschwiegen haben. Absolut untypisch für die beiden besten Freunde.
Max drückt den Knopf des Autoschlüssels. Er geht zur Beifahrerseite und öffnet ihre Tür. Lena setzt sich vorsichtig hinein. Er sieht sie besorgt an, kann erst jetzt im Licht des Autos sehen wie blass sie ist.
"Geht's?" fragt er besorgt, hilft ihr einzusteigen. Sie stellt ihren Rucksack vor sich ab und nickt. Sie wischt sich eine letzte Träne weg. Max weiß nicht wie er reagieren soll. Er küsst sie kurz auf die Wange und schließt ihre Tür dann. Es dauert keine fünf Sekunden und Max nimmt auf Fahrerseite Platz. Er startet den Wagen und beginnt im Navi nach dem nächsten Drogeriemarkt zu suchen. Welch ein Glück dass Geschäfte in den USA vierundzwanzig Stunden geöffnet sind.
"WH Smith. Drei Kilometer entfernt. Perfekt." sagt er leise und startet die Navigation. Lena sieht zu ihm, wie rational er mit allem gerade umgehen kann während sie wie gelähmt neben ihm sitzt. Mag sein dass sie das vorlautere Mundwerk hat, aber in diesen Momenten realisiert sie dass er so viel stärker ist als sie es jemals sein wird.
Der Wagen rollt los und Lena sieht aus dem Fenster. Stille. Sie spürt seine rechte Hand die während des Fahrens nach ihrer greift. Er verschließt ihre Hände miteinander. Sie sieht zu ihm, doch er sieht auf die Straße.
"Dieser Abend kann zwei mögliche Ausgänge haben." sagt er dann in die Stille. Nicht mal mehr die leisen Klänge des Radios kann sie wahrnehmen.
"Entweder diese Tests sind negativ und wir erholen uns gefühlt die ganze Nacht von diesem Schock. Oder du bist...schwanger." beendet er den Satz. Gerade als er weiterreden möchte unterbricht sie ihn, ihre eiskalte Hand in seiner und den Blick auf die Straße gerichtet.
"Oder die haben zu und ich muss durchdrehen."
Max guckt zu ihr. Er muss unweigerlich lachen. Er war niemals dankbarer für ihren Humor als in diesem Moment.
"Keiner wird hier heute Nacht durchdrehen, verstanden?" fragt er leise. Lena atmet tief ein und aus, als Max schon den riesigen Parkplatz der amerikanischen Drogeriekette befährt. Er schaltet den Motor aus. Sie beide bewegen sich kaum. Er sieht zu Lena doch sie starrt ins nichts.
"Wie.. wie reagieren wir? Wenn..?" Er musste es einfach ansprechen. Er muss wissen wie sie über all das denkt und empfindet. Er muss es einfach wissen, sonst wird er nicht in der Lage sein diesen Laden zu betreten.
"Ich.. ich weiß es nicht." sagt sie dann und sieht zu ihm. Sie krallt sich an seiner Hand fest, die noch immer in seiner liegt.
"Ich liebe dich und ich will eine Familie mit dir aber ich bin fünfundzwanzig, Max. Wir..das.." er spürt wie die Tränen ihre Augen wieder füllen. Max schluckt. Er empfindet genauso wie sie. Es ist zu früh. Es wäre einfach zu früh.
"Willst du.. willst du wissen wie ich das alles sehe?" fragt er dann. Sie sieht gespannt zu ihm und nickt hastig. Max atmet tief ein und aus. Er starrt nun ebenfalls in die Dunkelheit am Ende der Straße und versucht einen Satz zu formulieren.
"Ich sehe das wie du, dass.. dass es zu früh ist und wir.. und wir warten sollten. Aber.."
"Aber?!" fragt sie ihn sofort. Er atmet noch einmal zittrig ein und sieht dann zu ihr.
"Aber wenn du schwanger bist, dann.. ich bin mit im Boot okay? Ich bin da, was immer du machen willst. Das ist meine Aufgabe. Ich will einfach nicht dass du Angst hast dass ich mich verpisse oder deinen Vater 2.0 spiele. So wird das nicht laufen. Ich liebe dich und ich bleibe immer bei dir. Egal ob es mit fünfundzwanzig soweit ist oder mit fünfunddreißig. Selbst wenn du mit achtzehn von mir schwanger gewesen wärst wäre ich bei dir.."
Lena unterbricht ihn mit einem hastigen Kuss. Er spürt ihre Lippen auf seinen und wie sie ihn so fest es nur geht an sich drückt. Er kann sie schmecken und auch die salzige Tränenflüssigkeit, die ihre Wangen herunterläuft. Lena hingegen weiß dass das hier ihr Moment ist. Ihr ganz individueller Moment, in dem sie wusste dass er der eine ist. Ab jetzt, für alle Ewigkeit wird sie diesen Moment nennen falls sie mal gefragt werden sollte, wann sie wusste das Max, ihr Max, der Eine für sie ist.
Sie lässt ihn langsam los und sieht ihn verweint an.
"Ich liebe dich." schluchzt sie los und drückt ihre Stirn gegen seine.
Max muss schwer schlucken. Es ist das erste mal seit sehr sehr langer Zeit dass auch ihm die Tränen kommen. Sie so aufgelöst zu sehen, tut ihm im Herzen weh. "Ich dich auch. Und wenn.. und wenn du mein Baby im Bauch hast dann liebe ich dich ganz genauso. Egal wann oder wie oder.. ach keine Ahnung." bricht er ab, spürt wie auch ihm Tränen in die Augen schießen. Lena sieht verweint in seine Augen und muss sanft grinsen. Es beruhigt sie irgendwie schon dass sie nicht die einzige ist, die heute Nacht die Nerven verliert. Sie hält sein Gesicht in seinen Händen und küsst seine Nase nochmal liebevoll.
"Alles wird gut." flüstert sie, atmet tief ein und aus. Sie weiß nicht ob sie sich selbst oder ihn gerade beruhigen will.
"Es ist halb zwei morgens und wir sitzen irgendwo in L.A. verheult auf 'nem verlassenen Parkplatz.." murmelt er. Sie muss tatsächlich leise lachen.
"Tolle Story für unsere zukünftigen Kinder." sagt sie dann. Max sieht zu ihr. Er ertappt sich dabei sanft zu lächeln. Sie guckt ebenfalls zu ihm, grinst sanft.
"Lass uns reingehen."
Max nickt und öffnet genauso wie sie die Autotür. Mit einem Knopfdruck ist das Auto verriegelt und sie traben in Richtung Supermarkt. Nachdem sie beide das Auto hinter sich gelassen haben treffen sie wieder aufeinander und Max legt den Arm um sie. Gehend vergräbt sie sich sofort in seinem Oberkörper und spürt seinen zärtlichen Kuss auf ihrem Kopf.
"Max?"
"Mhm?"
"Ich kann nicht abtreiben." sagt sie dann. Sie löst sich etwas von ihm. Er merkt ihr an dass es sie enorm Überwindung kostet dieses Thema anzusprechen. Verwirrt sieht er sie an und bleibt kurz vorm Eingang des Supermarktes stehen. Er war niemals dankbarer dafür dass hier scheinbar keine Kunden mehr ein und ausgehen um diese Uhrzeit als gerade.
"Wie kommst du darauf.."
"Ich.. ich meine einfach nur. Ich.. ich will es dir einfach jetzt schon mal sagen." stottert sie, "Ich könnte niemals ein Baby töten von dem ich weiß dass es deins und meins ist. Ich.. ich könnte das nicht. Nicht wenn ich irgendwann eine Familie mit dir will. Ich könnte mir das später niemals verzeihen weiterleben zu müssen mit dem Gedanken dass ich unser Baby.." Max muss leise loslachen. Vollkommen verwirrt sieht sie ihn an, während sie noch immer vorm Eingang des riesigen Supermarktes stehen. Max kommt auf sie zu und nimmt ihr Gesicht in seine Hände.
"Schatz." sagt er beruhigend, "Niemand will von dir dass du abtreibst. Um Gottes Willen." lacht er beruhigend.
"Warten wir jetzt doch einfach mal ab was dabei rauskommt, okay? Schalte deinen Kopf mal kurz ab." sagt er. Sie nickt. Sie ist ungemein beruhigt wie er mit all dem umgeht. Während sie den Supermarkt betreten spürt sie seine Hand erneut nach ihrer greifen. Sie war niemals dankbarer ihn an ihrer Seite zu haben als gerade. Lena guckt ihn an, wie er versucht zwischen den vielen Gängen dieses riesigen Supermarktes Orientierung zu bekommen. Seine Stirn liegt in Falten, wie immer wenn er nachdenkt. Sie muss unweigerlich etwas lächeln. Sie ist tatsächlich froh dass sie in solch einer Situation mit ihm ist. Mit ihm. Dem tollsten Menschen, den sie kennt.
"Pregnancy. Hier." sagt er, las das Schild am oberen Ende des dritten Regales ab. Nur eine weitere Person befindet sich gerade in diesem Supermarkt. Es beruhigt Lena enorm.
Vor der riesigen Wand mit Schwangerschaftstests bleiben sie stehen. Sie sieht zu ihm. Er scheint genauso ratlos zu sein wie sie.
"Clearblue klingt gut. Ist das nicht das aus dieser Werbung?" sagt er, greift nach dem Test. Sie nickt nur, weiß nicht was sie gerade antworten soll.
"Hol lieber mal zwei oder so." sagt sie dann. Er sieht zu ihr.
"Nummer sicher." erwidert sie knapp. Er nickt nur. Sie hat recht. Max greift nach zwei weiteren Tests und sieht zu ihr.
"Sonst noch was?"
"Ich brauch Wasser damit ich pinkeln kann." sagt sie, während sie beide wieder losgehen.
"Valium und ne Flasche Rotwein kannst du auch besorgen." sagt sie ironisch als er schon zum Getränkeschrank geht. Er dreht sich kurz zu ihr um und schenkt ihr diesen sarkastischen Blick. Doch Lena reagiert nicht. Sie scheint wirklich nicht in Laune zum Scherzen zu sein. Er kommt ihr wieder näher und drückt ihr die Flasche stilles Wasser in die Hand.
"Brauchst du sonst noch was?" fragt er, doch sie schüttelt den Kopf. "Jungfräulichkeit kannst du mir hier sicher nicht kaufen."
Er schmunzelt mitleidig kurz auf und kommt ihr näher. Ihre Lippen treffen sich liebevoll. Sie ist wirklich unbeschreiblich blass. Er macht sich Sorgen um sie.
"Magst du dich da hinten hinsetzen? Ich zahl' schnell." sagt er und deutet auf einen Bereich mit Sitzmöglichkeiten am Ausgang. Sie nickt und trabt davon. Max geht schnurstracks zur Kasse. Da er derzeit der einzige Kunde ist, geht der Bezahlvorgang schnell. Die Kassiererin grinst ihn aufmunternd an, doch er schafft es kaum zurückzulächeln. Als er auf Lena zugeht erhebt sie sich schnell. Gerade als er mit ihr gemeinsam wieder zurück zum Auto gehen möchte, bleibt sie einfach im Eingang stehen.
"Kommst du?" fragt er. Lena signalisiert ihm dass er nochmal zu ihr zurück kommen soll. Verwirrt geht er auf sie zu als sie einmal tief ein- und aus atmet.
"Was?" fragt er verwirrt, als sie mit dem Zeigefinger nach links deutet. Er versteht nicht.
"Da vorne sind Kundentoiletten." sagt sie nur. Max versteht sofort und schüttelt hastig den Kopf.
"Lena, du wirst auf keinen Fall auf irgendeiner runtergekommenen Toilette im Supermarkt einen Schwangerschaftstest machen." sagt er nur. Doch Lena verschränkt die Arme.
"Ich will das Pflaster einfach abziehen, Max. Ich halte die Fahrt bis nachhause nicht mehr aus. Lass uns.. lass uns einfach Klarheit haben." erwidert sie. Die Sängerin schielt zur Kassiererin, die scheinbar interessiert die Konversation verfolgt hat. Sie war niemals mehr froh dass die meisten Amerikaner kein Deutsch können, als gerade.
Max seufzt. Er schüttelt nur ungläubig den Kopf. Ungläubig über alles was in der letzten Stunde passiert ist.
"Na schön. Musst du denn überhaupt...?" fragt er nach. Sie schüttelt den Kopf und greift nach der Flasche Wasser in seiner Hand.
"Gib mir fünf Minuten und ich muss." murmelt sie, beginnt aus der Flasche zu trinken. Sie beide machen ein paar Schritte nach draußen. Max beobachtet wie sie mit großen Schlücken trinkt. Er beginnt die Rückseite der Verpackungen zu studieren, doch er kann sich kaum konzentrieren.
"Ich glaube ich gehe schnell." sagt sie entschlossen und greift nach den Verpackungen.
"Weißt du denn wie du.."
"Drauf pinkeln und fünf Minuten warten. Sollte ich schaffen." murmelt sie leise und greift nach den Tests. Er nickt nur und sieht sie davon gehen. Die Haare auf seinen Armen stellen sich auf. Er war selten in seinem Leben so nervös wie gerade.

Only Love (German Version)Where stories live. Discover now