Kapitel 1

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Ring-Ring.

Die Türglocke bimmelte leise, als ich hektisch in den Raum stürmte. Kein passendes Geräusch, wenn man bedachte das ich aussehen musste, als wäre eine Herde Nilpferde hinter mir her. Ich kam natürlich zu spät. Mit gehetztem Blick und klopfendem Herzen sah ich mich in dem süßen Café um. Die Wände waren in einem frischen Hellgrün gestrichen und die dunklen Holztische und grünen Stühle passten farblich wirklich gut zusammen. Und es war voll.

So gut wie alle Plätze waren besetzt und überall standen Teller mit Leckereien und Süßigkeiten vor den Gästen. Vor der prall gefüllten Theke hatte sich eine kleine Schlange aus wartenden Kunden gebildet. Ich scannte schnell den Raum und entdeckte einen vertrauten braunen Schopf am Ende des Zimmers. Sofort setzte ich mich in Bewegung und drängte mich an einigen älteren Pärchen, die gerade Kuchen bestellten, vorbei. Lissa saß mit dem Rücken zu mir über einen Kaffee gebeugt und bemerkte mich deshalb erst, als ich mich auf den Stuhl neben ihr fallen ließ. Kurz schreckte sie auf und schob ihre riesige Brille zurück auf die Nase.

„Layna, du hast es geschafft!", quietschte sie aufgeregt und machte einen kleinen Hüpfer.

„Ja, das habe ich tatsächlich. Gefühlte fünf Stunden zu spät.", sagte ich mürrisch. Sie schien vor Aufregung förmlich zu platzen und sprang nun vollständig von ihrem Stuhl auf, um mich in eine Umarmung zu ziehen und brach mir beinahe das Genick. Sie hüpfte noch einmal herum und setzte sich dann wieder hin.

„Also, erzähl schon.", verlangte Clarissa fordernd von mir und sah mich aufgeregt aus ihren grünen Augen an, die, wie ich jetzt bemerkte, perfekt zu den Wänden des Ladens passten.

Ich wusste was sie wissen wollte, also holte ich tief Luft und antwortete ihr grummelnd.

„Ich hab es getan. Ich hab sie abgegeben. Bist du jetzt zufrieden?"

Lissa quietschte wie ein Kaninchen mit Todesangst.

„Oh mein Gott! Ich wusste dass du keinen Rückzieher machen würdest. Jetzt erzähl schon. Einzelheiten, mi amiga. Ich will Einzelheiten!" Sie war völlig aus dem Häuschen und hatte offensichtlich Mühe ihre vier Buchstaben auf dem grünen Stoff des Stuhles zu behalten.

„Ich habe die Mappe mit den Bildern abgegeben, habe mich verabschiedet und bin gegangen. Mehr gibt es nicht zu sagen. Die Frau an der Rezeption hat sie einfach entgegengenommen, ohne auch nur einen Blick hineinzuwerfen und gesagt, dass ich nächste Woche wieder kommen solle. Das ist die ganze Geschichte.", beendete ich seufzend.

Es hatte Monate der Überredung gebraucht, um mich überhaupt dazu zu bringen, die Zeichnungen und Gemälde abzugeben und ich wäre auch fast umgekehrt als ich den Eingang des prachtvollen Gebäudes gesehen hatte. Wieder hatte ich Angst, dass sie nicht gut genug seien und hatte mich vor der Reaktion maßlos gefürchtet. Stattdessen war das Resultat eher enttäuschend. Ich sollte eine Woche warten. Eine ganze Woche.

Ich hatte Jahre gezögert. Da sollte man meinen, eine Woche wäre kein Problem mehr. Aber das stimmte so nicht. Es war ein Problem. Ich konnte nicht eine ganze Woche lang warten.

Eine Bedienung kam und nahm unsere Bestellung auf. Lissa nahm ein Stück Schokoladenkuchen und ich einen Cappuccino. Während wir warteten, erzähle Lissa mir von ihrem Tag, dass sie eine  Handtasche, die perfekt zu ihren neuen Schuhen passen würde, im Laden auf der anderen Straßenseite gesehen hätte und, dass sie bereits eine Stunde im Café auf mich gewartet hatte. Ich entschuldigte mich mehrmals dafür und sie beteuerte mir doppelt so oft, dass es absolut kein Problem für sie gewesen sei. Immerhin war sie meine beste Freundin, war ihre Begründung.

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