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Ich hatte nicht lange Spaß an Merri, denn sie starb nach drei oder vier Monden an einem starken Fieber. Auch viele der anderen Menschen, die wir gefangen und versklavt hatten, starben an einer Krankheit. Damit keine Seuche ausbrach, entsorgten wir die Leichen im Meer. Wir banden Steine um die leblosen Körper und schmissen sie die Klippe hinunter. In dem vergangenem Jahr haben wir etwas über eintausend Menschen getötet. Zu der Zeit empfand ich diesen Tieren gegenüber nur Hass und Verachtung. Sie waren es ja, die uns unsere Heimat wegnahmen. Wir mussten die Menschen mit dem Hammer der Gerechtigkeit bestrafen. Im Nachhinein bin ich nicht stolz auf meine Taten, doch durch die Wut und den Hass, mussten diese Grausamkeiten hinaus in die Welt getragen werden. Viele meiner Landsleute schauten damals einfach über die Grausamkeit hinweg. Doch unsere Soldaten begrüßten diese sogar. Sie hatten selbst miterlebt, was auf den Schiffskämpfen mit unseren eigenen Frauen geschehen ist und wie machtlos wir zu dem Zeitpunkt waren. Doch von den Menschen gab es so viele, von uns nur so wenige. Da kam mir dann eines schönen Tages die Idee, dass wir nicht ihre Siedlungen und die Befehlshaber an sich vernichten mussten, sondern gezielt die menschlichen Ressourcen aufbrauchen sollten. Aber ich konnte mir denken, dass auch diese Strategie ins Nichts verlaufen würde. Denn die Menschen vermehrten sich wie die Ratten oder Maden im Gebein. Einfach nicht totzukriegen diese niederen Lebensformen. Töte einen, kommen zwei nach. Zerfleische drei, stehen fünf an ihrer Stelle...

Die Stimme, die ich damals gegen das Froschding in meinem Kopf vernahm, hat bisher die Schnauze gehalten. Meine Zweitrüstung wurde während der ganzen Raubzüge ramponiert und ist mittlerweile unbrauchbar geworden. Die meisten Artefakte haben auch ihren Geist aufgegeben und wir haben in den letzten Wochen derbe Verluste einstecken müssen. Es scheint so, dass die Menschen schon vorher wissen, wo wir als nächstes zuschlagen würden. Die Zahl unserer Kämpfer ist auf unter eintausend gefallen. Wir hatten vor nicht allzu langer Zeit noch knapp dreihundert mehr gehabt. Uns gingen langsam die Mittel aus, um weitere Rache auszuüben. Außerdem schlossen sich, laut den Berichten von unseren Spionen, die Adligen der Menschen zusammen. Die Kämpfe unter den Menschen verebbten langsam und wir bekamen die Nebenwirkungen unseren Tuns zu spüren. Dennoch konnten wir hin und wieder einige Blitzangriffe auf die Menschenstarten und somit ihre Zahl verringern. Alles an Eisen und anderen Rohstoffen nahmen wir mit und verwendeten diese weiter.

Unser Lager hatte sich langsam zu einer befestigten Stadt verwandelt und wir nannten sie Bundrff. Das bedeutet so viel wie Neuanfang. 

Nach Wochen der ständigen Raubzüge und vermehrten Verlusten, musste ich als höchster Adliger der Rogo den Befehl zum Rückzug geben. Auf unseren Stadtmauern ließ ich kleinere Skorpione montieren und erfand auch eine tragbare Variante. Ich nannte diese neue Waffe einfach halber Armskorpion, da mir nichts besseres einfiel. Die Rogo wurden langsam ungeduldig, weil wir Soldaten keine guten Erfolge mehr mit nach Hause brachten. Kurzerhand ließ ich alle Adligen zusammen kommen und sprach mit ihnen über verschiedenste Sachen. doch das Hauptthema war an diesem Abend die große Bedrohung der Menschen, die sich zusammen geschlossen hatten. Unsere Späher kamen immer wieder mit besorgniserregenden Nachrichten zurück, die wie heute zu besprechen hatten.
„Graf Vandred, wie sieht es bei dir gerade mit den Soldaten aus? Können wir noch einen Angriff wagen?", fragte ich den grimmig dreinblickenden Mann, der inzwischen fast neunzig Jahre alt war, aber immer noch so agil war, wie ein zwanzigjähriger Mensch. Das lag vor allem an unserer Veranlagung als Rogo. Stellt euch doch bitte mal einen 90-jährigen menschlichen Krieger auf dem Schlachtfeld vor. Was für eine lächerliche Darstellung.
„Nein, ich kann meinen Kämpfern nichts mehr zumuten. Sie sind erschöpft und müde. Wir haben viele verloren und auch einige, die uns sehr am Herzen gelegen haben. Bei den anderen sieht es gleich aus. Und dir müsste auch aufgefallen sein, dass die Magieritter auch nicht mehr kämpfen können." Da sprach er leider einen wunden Punkt bei mir an.
„Das ist mehr auch schon aufgefallen Bronos. Du musst langsam auch einsehen, dass wir gegen die Menschen kaum noch Möglichkeiten haben zu gewinnen", sagte mein Bruder mit einem müden Ausdruck in den Augen. Er hatte den Kampfeswillen schon verloren. Töteten wir einen Menschen, kamen drei an seiner Stelle nach. Auch nachdem wir so viele von diesen Ungeheuern vernichtet hatten, waren sie uns immer noch zahlenmäßig weit überlegen.
„Ranav hat Recht. Bronos, das einzige, was wir im Moment noch tun können, ist unsere Stadt zu verteidigen. Wir sind nicht so wie die Menschen - also nicht mehr - wir können nicht ewig kämpfen. Bis ein Mensch bereit ist zu kämpfen, braucht er nur fünfzehn Jahre; wir hingegen benötigen über zwanzig Jahre", sagte Graf Gurfva unendlich müde in die Runde. Er ist alt geworden. Sein Körper ist nicht mehr so fit wie früher. Was auch kein Wunder ist, wenn man schon über zweitausend Jahre lebt. Sein genaues Alter kannte ich nicht. Ich glaube sogar, dass er es niemandem verraten hatte. Nun meldete sich auch Jinghard zu Wort, der bisher nur still mit dabei war: „Bei mir und Hadrada sieht es ähnlich aus wie bei den Grafen. Wir können uns jetzt wirklich nur noch verteidigen. In den letzten Monaten haben wir reichlich Vorräte angesammelt und können erst mal wieder einige Jahre durchhalten. Fürst Bronos, Ihr müsst es doch jetzt endlich mal einsehen, dass wir am Ende sind!" Sie alle schauten mich erwartungsvoll an und ich knickte ein, da mir endlich bewusst wurde, wie ausweglos unsere Lage nun tatsächlich geworden ist.
„Ist ja gut, dann hören wir mit den Überfällen auf. Um ehrlich zu ein, ich bin des ewigen Kämpfens auch langsam müde. Mir gehen nämlich langsam die Artefakte aus. Dann werden wir uns auf die Verteidigung konzentrieren."
„Das hört sich doch endlich mal nach Einsicht an. Aber was machen wir mit den Menschen, die sich gegen uns zusammen tun?", fragte Ranav mich jetzt. Er schien besorgt zu sein, was ich ihm nicht verübeln konnte.
„Nun, ich würde mal sagen, dass wenn diese Tiere angreifen sollten, wir uns einfach verteidigen werden und dabei so viele von denen töten wie möglich. Da ich auch endlich mal wieder eine neue Waffe erfunden habe, die eine dicke Rüstung durchschlagen kann, sind wir jetzt auch etwas besser dran. Die Munition wird schon hergestellt und Tests habe ich auch schon durchgeführt..."
„Ja, ist ja schon gut Bronos! Bevor du jetzt anfängst von deiner neuen Waffe zu schwärmen und dabei einen hoch kriegst, lass uns jetzt lieber darüber reden, wie wir unsere Verteidigung verbessern können", unterbrach mich Hadrada einfach. Bei seinen Worten konnte sich manch einer ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Es störte mich nicht, denn die Moral muss sich schleunigst heben, egal wie. Und wenn es auf meine Kosten seil sollte.
„Nun, die Bauarbeiten sind schon im Gange. Ich lasse gerade eine starke Festung innerhalb der Stadt bauen. Sie wird unser letzter Zufluchtsort sein. Sie wird unseren Hafen schützen und wir können dann einfach auf unsere Schiffe rennen und verschwinden."

Die MagieritterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt