ELLE
Es war Sonntag.
Leise Musik drang aus meinen Kopfhörern in mein düsteres Zimmer hinein. Die Vorhänge halb geschlossen, unter der Tür ein Schlitz Licht aus dem Flur. Außer der kleinen Lampe auf dem Nachttisch erhellten nur die Straßenlaternen den Raum. Regen plätscherte friedlich gegen mein Fenster, dass sich direkt über meinem Kopf befand. Ich summte die Melodie des Liedes mit, was ich gerade hörte, schloss die Augen und atmete tief aus. Es war ein friedlicher Tag, so friedlich wie schon lang nicht mehr. Vielleicht war dies die Ruhe vor dem Sturm, wie alle immer sagten. Ein doofes Sprichwort, fand ich. Welche Ruhe, und welcher Sturm? Bis auf das Heulen des Windes, gab es keinen.Ein Auto fuhr hörbar unsere Einfahrt hinauf. Unter meinem Zimmer befand sich die Garage und vom Fenster neben meinem Bett hatte ich einen guten Ausblick auf den ganzen Vorgarten. Durch das schummrige Licht der Straßenlaternen erkannte ich die Scheinwerfer unseres Autos.
Mein Vater stand in der Einfahrt. Er trug wie immer seinen schwarzen Anzug und die dunkle Krawatte, die zu seinem hellen Hemd einen starken Kontrast gab. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn je ohne gesehen zu haben. Er war ein vielbeschäftigter Mann, weswegen ich ihn ohnehin nicht oft zu Gesicht bekam. Er arbeitete für einen Mann, dessen Namen ich nicht kannte und über den wir nicht sprachen. Ich wusste nur, dass mein Dad eine Waffe mit sich trug und sehr schweigsam über seine Arbeit war. Alles, was er verriet, war das er die Waffe nur zum Schutz trug. Zu seinem? Ich hatte nie weiter nachgebohrt, da er meistens das Thema wechselte oder ein genervtes Kommentar zurückgab. Manchmal hatte ich als Kind an der Tür des Badezimmers gespäht und Blut auf seiner Kleidung gesehen. Meine Mutter diskutierte dann stundenlang mit ihm. Ich verstand bis heute nicht, woher es kam.Er sah bedrückt aus, als er sie Autotür hinter sich zuschlug. Ich konnte die Falten in seiner Stirn bis zu meinem Zimmer erkennen, weswegen ich auch die Stirn kraus legte. Was war bloß los mit ihm?
»Elle?« rief er von unten als er das Haus betrat, ohne ein Hallo. Ich schlug das Buch, in das ich die letzte Stunde vertieft war, endgültig zu und sah zur Tür. »Ja?«, rief ich zurück und bekam prompt eine Antwort.
»Darf ich reinkommen?«
Seine Stimme klang näher als noch vor einer Minute. Ich richtete mich auf dem Bett auf und legte das Buch auf meinem Nachttisch ab. Ich hatte eh den Faden nach den ersten Seiten verloren. »Ja, komm rein«, antwortete ich und er öffnete die Tür.
Dads gerunzelte Stirn war wieder geglättet, aber ich konnte in seinen Augen erkennen, dass etwas nicht stimmte. »Alles in Ordnung?«, fragte ich nach und er schloss die Tür langsam hinter sich, ließ sich auf mein Bett sinken und sah sich in meinem Zimmer um. Er mied meinen Blick offensichtlich und wirkte bedrückt.
»Ja, alles gut«, sagte er leise und zog an seiner Krawatte, um sie zu lockern. Jedoch wurde er diesen Ausdruck auf seinem Gesicht nicht los, der mir verriet das er log. Und zwar gewaltig.
»Ich habe eine Bitte an dich.«
Er sah mich endlich an, allerdings nur für ein paar Sekunden. Neugierig wartete ich was er zu sagen hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, um was er mich bitten könnte.»Wir bekommen kurzfristig Besuch von meinem Chef und ich möchte, dass du in deinem Zimmer bleibst. Okay?«, bat er mich ernst. Ich zog die Augenbrauen zusammen und musterte ihn verwirrt. Bis jetzt war ich seinem Chef noch nie Begegnet, und nun sollte er ausgerechnet zu uns nachhause kommen? Das war merkwürdig. »Wieso denn? Ist es denn ein wichtiges Treffen?«, wollte ich wissen, worauf er nickte. »Ja, und ich will nicht das du mitbekommst um was es geht, verstehst du das? Du musst in deinem Zimmer bleiben und ruhig sein, damit du uns nicht störst«, sagte er leise. Noch nie in meinem Leben, klang er so monoton und Ernst, wenn er mit mir sprach. Sein Tonfall verriet mir, dass er seine Worte Todernst meinte. Es musste wirklich sehr wichtig sein, das ich hierblieb und keinen Mucks von mir gab. Ob sein Chef streng war? Vielleicht wollte er nicht das er wusste das es mich gibt. Oder weil er allein mit ihm sprechen wollte. Über Dinge, die nicht für meine Ohren bestimmt waren. Ich nickte und sah meinem Dad besorgt in die Augen. »Ist denn alles okay, Dad?«, vergewisserte ich mich ein letztes Mal. Wir beide hatten immer eine gute Bindung. Er war immer für mich da und sorgte sich um mich, selbst wenn er oft tagelang weg war, um zu arbeiten. Sofort nickte er und zog sich seine schwarze Krawatte endgültig vom Hals. Er sah mich an, dann streckte er die Hand aus, um sie in meine Haare zu legen. »Versprich es mir Elle«, bat er mich flüsternd. Seine Worten brachten das Fragezeichen in meinem Kopf dazu noch größer zu werden. »Versprochen«, antwortete ich ihm mit großen Augen. Ich war verwirrt und wahrscheinlich sah er mir dies an. Er fuhr mir durch meine braunen Haare. Dad schenkte mir ein lächeln, dann zog er seine Hand zurück und erhob sich.
Bevor er aus der Tür ging, sah er noch einmal zurück zu mir. »Er wird in einer halben Stunde hier sein. Also hol dir unten noch etwas zu Essen von deiner Mom, sie hat extra gekocht«, ließ er mich wissen.
»Mache ich.«
Ich stand von meinem bequemen Bett auf, um meinem Dad bis ins Erdgeschoss zu folgen, wo es schon nach Essen roch. Mom hatte Lasagne gekocht, die sie soeben aus dem Ofen genommen hatte und bis zur Arbeitsfläche balancierte.
Sie sah mich lächelnd an, als mein Dad ihr einen Kuss auf die Wange drückte, und sich heimlich eine Gabel nahm, um die kochend heiße Lasagne zu kosten. »Frank lass das! Du verbrennst dir den Mund!«, schimpfte Mom und strich sich die Haare aus dem Gesicht, bevor sie Dad auf die Finger schlug. »Au!«, erwiderte er mit vollem Mund und ich näherte mich den beiden schmunzelnd. »Lass deiner Tochter auch was, Frank«, schüttelte sie den Kopf. Sie reichte mir einen Teller und ich nahm mir ein Stück.
»Danke Mom, die sieht sehr gut aus.«
Mom lächelte zufrieden und nahm ihre Schürze ab, die sie sich immer beim Kochen umband. »Das freut mich Elle, wenigstens weist du mein Essen zu schätzen«, seufzte sie und mein Dad sah auf. »Hey! Ich weiß dein Essen auch zu schätzen! Schließlich darf ich es schon länger genießen als Elle...« warf er ein und ich griff mir eine Gabel.
Die Klingel unterbrach uns. Mom schreckte auf und ihr Gesichtsausdruck entgleiste für den Bruchteil einer Sekunde. Mir entging der nervöse Blick nicht, den sie Dad zuwarf. »Elle Schatz, geh in dein Zimmer«, scheuchte sie mich eilig. Sie drückte mir noch ein Glas und eine Flasche Cola in die Hand. »Okay, guten Appetit«, wünschte ich ihnen und lief langsam zur Treppe.
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she's only mine ✓
RomanceAls Elles Dad einen großen Fehler begeht, muss sie dafür geradestehen und seine Schulden bei seinem Chef, dem Mafiosi Carlo abarbeiten, der allerdings schon feste Pläne hat, Elle mit seinem ältesten Sohn Leano zu verheiraten. In den Fängen von den M...