7

24.8K 786 83
                                    

ELLE

Das Brennen auf meiner Wange und der unglaublich stechende Schmerz in meinem Kopf ließen Sterne vor meinen Augen tanzen. In meinen Ohren fiepte es, ich spürte, wie ich taumelte, aber nicht fiel, da zwei Hände mich grob packten und mich schüttelten. »Du blöde Schlampe! Willst du etwa das mein Bruder Verdacht schöpft?!« schrie Carlo mich an und schlug erneut zu. Meine Lungen zogen sich apathisch zusammen, ich versuchte ihn wegzudrücken, aber meine Umgebung verschwamm wie eine Scheibe voller Regentropfen. Seine Nägel gruben sich in meine Haut, ich wimmerte, aber jeder Fluchtversuch scheiterte. »Es tut mir leid!« schrie ich, aber er ignorierte es. Ihn schien es schlichtweg nicht zu interessieren. Er schubste mich hart gegen die Wand, schloss seine Hand um meine Kehle und kam mir so nah, dass ich seinen von Alkohol geschwängerten Atem auf meiner Wange spürte, und riechen konnte. »Weißt du eigentlich, was ich deinen Eltern alles antun könnte, wenn ich wollte?«, zischte er bissig und schnürte mir immer mehr die Luft zum Atmen ab. Röchelnd kratzen meine Finger über seine Hände, ich versuchte ihn irgendwie zu treten. Gott er würde mich noch umbringen, sollte er nicht verflucht nochmal stoppen. »Es tut mir leid«, jappste ich, riss die Lippen lechzend nach etwas Luft auf. »Auf der Verlobungsfeier nächste Woche stellst du dich gefälligst besser an, ist das klar?« schrie er und ich zuckte zusammen. »Antworte gefälligst!«

»J-ja«, krächzte ich. Sterne tanzten vor meinen Augen, schwärzten meine Sicht langsam, aber sicher. Plötzlich verschwand seine Hand und er schubste mich aufs Bett, auf dem ich hustend liegenblieb und auf den Boden rutschte. Tränen fanden ihren Weg über meine Wangen, tropften von meinem Kinn. »Das war deine letzte Warnung Elle«, brummte er unmissverständlich, bevor ich hörte, wie seine zornigen Schritte sich entfernten. Sobald er weit genug entfernt war, hielt mich nichts mehr. Ich schluchzte lauthals auf, grub meine Finger tief in die Haare und weinte wie noch nie zuvor. Mein Schädel dröhnte, mir war kotzübel und jeder Atemzug fühlte sich an wie tausend Nadeln in meinen Lungen.

»Was ist denn hier los?«, erklang plötzlich eine raue Stimme. Ich ordnete sie dem Italiener zu, aber schaffte es nicht, unter den vielen Tränen einen Blick auf ihn zu erhaschen. Was wollte der denn wieder hier? »Nichts«, erwiderte ich schniefend und wischte mir die Tränen fort. Er schnaubte und kam hörbar näher. Kurzerhand packte er mich am Arm und beförderte mich zurück aufs Bett, griff sich mein Kinn grob und hob mein Gesicht an. Das Erste, was ich sah, als der Tränenschleier sich verflüchtigte, war der eiskalte Blick, mit dem er mich anstarrte. »Was hat mein Vater mit dir gemacht?«, wollte er wissen. »Hat dir die Show nicht gefallen? Du hast doch sicher alles gehört«, schnaubte ich und entzog mich seinem Griff. »Du spinnst doch«, spuckte er und verschränkte seine Arme vor der Brust, »also?«
Ich schwieg. Vielleicht war das die einzige Möglichkeit, um mir nicht noch mehr Ärger einzuhandeln. Ob er mich auch schlagen würde? Sicher würde er dies. Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm.

»Warte hier«, brummte er nach einer Minute und verschwand. Er kehrte nach kurzer Zeit zurück und pfefferte die Tür hinter sich ins Schloss. Wortlos deutete er mir, dass ich aufstehen sollte, was ich auch tat. Im Badezimmer blieben wir vor dem Waschbecken stehen und ich entdeckte eine Tube Salbe in seiner Hand, die er, zusammen mit einer dubiosen kleinen weißen Packung auf die Marmorplatte neben das Waschbecken legte. Ein Stück Handtuch befeuchtete er mit einem Schuss Wasser, umgriff erneut mein Kinn und wischte mir das Blut von den Lippen. Carlos erster Schlag war so fest, dass sie aufgeplatzt war und ein schrecklicher Geschmack nach Eisen auf meiner Zunge lag. Während er mein Blut aus dem weißen Stück Stoff wusch, schaute ich heimlich zu. Ich erkannte nicht, was sich in diesen Moment in seinen Augen widerspiegelte, aber die angespannte Haltung und sein fest aufeinander gepresster Kiefer, gaben mir einen kleinen Vorgeschmack darauf. »Danke«, murmelte ich ehrlich. Er schnaubte kommentarlos, wandte sich mir wieder zu und reckte mein Kinn mit seinen Fingern etwas in die Höhe, damit er die Salbe besser auf die schmerzenden Stellen auftragen konnte. Er überragte mich mühelos und musste auf mich hinabschauen, während mein Nacken bereits vom vielen aufschauen wehtat. Unsere Blicke kreuzten sich. Seine Augen schokoladenbraun, mit kleinen gelben Sprenkeln in den Iriden. Seine warmen Fingerkuppen hinterließen ein kribbelndes Gefühl auf meiner Haut, und diesmal fühlte mein Magen sich nicht so an, als würde er mein Abendessen wieder ans Tageslicht befördern.
»Bilde dir ja nichts darauf ein«, unterbrach er die aufgekommene Stille als erster und lies von mir ab, »die Flecken schaffen nur falsche Vermutungen und jeder würde denken ich war das. Außerdem sollte das bis Samstag dringen verschwunden sein.«
Und damit kehrte die Kälte zurück, die mich übermannte wie ein Eisbär. Ich hasste ihn. Ich hasste ihn und seinen Vater so sehr, und nicht mal die Tatsache das er für einen Moment kein Arschloch war, ließ mich darüber hinwegsehen. Er drückte mir noch das kleine dubiose Päckchen in die Hand welches er zuvor in ein frisches schmales Handtuch gewickelt hatte. Wie sich herausstellte, handelte es sich um ein Kühlakku. »Schlaf jetzt. Ich schließe deine Tür ab und gebe den Schlüssel an Rosa weiter, die wird dich morgen früh wecken.« Mit diesen Worten verschwand er und lies mich sprachlos im Badezimmer zurück.

she's only mine ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt