8.

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Wütend schlenderte ich durch die Straßen, ziellos, die Orientierung hatte ich vor zwanzig Minuten an der Ecke zurückgelassen.

Mein Weg führte mich aus den gut besuchten Geschäftspassagen heraus und hinaus auf die Felder, die unsere Stadt umgaben. Ich kannte mich hier auf den Feldwegen gut aus, denn meine Joggingroute führte mich durch die Wälder hier.

Die Umgebung kam mir traurig bekannt vor, und ich dachte darüber nach, dass ich hier nie wieder entlang meiner Routine joggen würde. Ein dicker Kloß schnürte mir die Kehle zu, als die Gedanken sich zusammenreimten, dass ich nie wieder eine Routine haben würde.

Meine Füße begannen, sich schneller zu bewegen und ich flog über den sandigen Boden hinweg. Es war dunkel und bei der Geschwindigkeit dauerte es eine Weile, bis meine Augen sich daran gewöhnten.

Als ich schließlich bei der Bank ankam, die meinen Weg inmitten von hohem Gras kreuzte, keuchte ich schwer atmend und musste feststellen, dass auf der Bank bereits jemand saß. Es war ein alter Mann mit krummen Rücken und weißen Haaren. Ein Stock aus geschliffenem Holz lehnte an der Bank. Neben dem Mann lag ein altes Notizbuch aus Leder und ein Stift.

Ich wollte umdrehen, als ich ein Geräusch vernahm, das einer Trompete nicht unähnlich klang, ich trotzdem um die wahre Ursache dessen wusste. Der Mann tupfte sich mit einem Stofftaschentuch die Augen ab, aus denen sich kleine Tränen stahlen. Der Anblick zerriss mir das Herz.

Der Sand gab unter meinen Füßen nach, als ich einen Schritt auf den Mann zu machte. Er sah überrascht auf und packte schnell sein Taschentuch in seine Jackentasche.

Er grüßte mich mit einem Kopfnicken und nahm Buch und Stift in die Hand. Doch er schrieb nicht. Er starrte auf die geöffnete Seite vor ihm und schien meine Gegenwart schon wieder vergessen zu haben.

Ich räusperte mich und er fuhr zusammen, sodass er mit seinem Bein an den Stock stieß und dieser im Sand landete. Als er sich bücken wollte, um den Stock zu heben, verzog er schmerzerfüllt das Gesicht.

Ich eilte zur Bank, hob den Gehstock auf und hielt ihm ihn lächelnd hin.

„Wie freundlich. Vielen Dank", sagte der Mann, verzog jedoch keine Miene als er den Stock entgegennahm und wieder an die Bank lehnte.

„Ist alles in Ordnung bei ihnen?", fragte ich.

„Ja, ja. Alles in Ordnung, dankeschön."

Der Mann wirkte verwirrt und vollkommen verloren.

Ich schob den Stock ein Stück zur Seite und setzte mich neben ihn auf die Bank.

„Ich bin Charlotte. Hallo", stellte ich mich vor.

„Guten Tag", erwiderte er bloß knapp.

„Sie wirken etwas... durcheinander."

„Es ist alles in Ordnung, Kind."

Es störte mich wirklich nicht, dass er mich als Kind bezeichnete. Das einzige daran, was mich störte, war, dass ich nie jemanden als Kind würde bezeichnen können... Aber ich durfte jetzt nicht darüber nachdenken.

Seine Hand zitterte, als er in einer langsamen Bewegung den Deckel vom Stift abzog und die Feder auf das Papier setzte, wo sich ein kleiner Tintenfleck ausbreitete und sich in die Fasern sog, während der Stift wie festgefroren an seinem Standort verharrte und die möglichen Wörter durch die Luft davonsausen ließ.

„Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie helfen?", fragte ich und die Feder hinterließ eine Spur von Tinte längs über die Seite, als seine Hand zuckte.

„Entschuldigung, ich... wollte sie nicht erschrecken."

„Ihre Haare waren blond, wenn die Sonne geschien hat waren sie golden...", wisperte er und eine Träne ließ die Tinte verschmieren.

Bis der Mond die Sonne küsstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt