Kapitel 1: Ein Tier, nichts weiter.

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Eine große Wölfin mit hellem Fell läuft auf Samtpfoten durch Hobbingen. Ihre verschieden farbigen Augen wandern umher und blicken schließlich auf eine kreisrunde, grüne Tür auf der ein hell leuchtendes Zeichen ist. Sie öffnet diese vorsichtig mit ihren Zähnen und huscht hinein. Dann stupst sie sie wieder hinter ihr zu und folgt den Stimmen in einen spärlich erleuchteten Raum in dem eine Gemeinschaft an Zwergen und zwischen ihnen ein Zauberer und ein Halbling. Aus ihrer Kehle kommt ein Knurren, was den grauhaarigen Zauberer auf sie aufmerksam macht, allerdings auch die anderen Zwerge und den Halbling. "Rhiva, endlich.", sagt der Zauberer und streckt seine Hand aus. Die Wölfin geht auf ihn zu und legt ihren Kopf gegen seine Hand.

"Entschuldige die Verspätung. Ich habe mich ein wenig umgehört. Man sagt, Orks suchen nach dem, den man Thorin Eichenschild nennt.", sagt eine weibliche Stimme in Gandalfs Kopf. "Und was sagt man noch?", fragt der Zauberer laut, was ihm schräge Blicke einbringt. "Der, den man Azog den Schänder nennt, führt sie an. Dunkle Sprache wird wieder gesprochen.", wispert die Stimme in seinem Kopf.

Gandalfs Gesicht überzieht sich mit Sorge. Diese Nachricht könnte die Reise der Gemeinschaft auf Messers Schneide zwingen. "Bist du dir sicher?"

"Kozgh gimbatul. Kozgh durbatulûk."

Die schwarze Sprache verdunkelt das Gesicht des Zauberers. "Zwergenpack finden. Zwergenpack knechten.", nuschelt Gandalf. Dann streichelt er über das Fell der Wölfin.

"Dies ist meine Begleitung. Ihr Name ist Rhiva und sie ist mir durch viele Gefahren eine gute Freundin. Sie wird uns leiten, uns schützen und über uns wachen.", sagt der Zauberer und die Wölfin neigt ihr Haupt. "Dies ist nur ein Tier, Gandalf. Was wird ein Tier uns nützen?", fragt Dwalin den Zauberer. "Oh nein. Sie ist alles außer einem Tier. Ihr solltet das niemals sagen. Sie wird euch.." Gandalf versucht sie zu beruhigen doch ein Knacken geht durch den Wolfskörper. Das Maul reißt sich auf und zieht sich zurück, bis es den Mund eines Menschens formt. Die Ohren wandern nach unten und werden haarlos und leicht spitz. Die Schnauze wird zu einer schönen Stupsnase. Die Wolfsaugen schauen aus einem von dunklen Haaren umrahmten Gesicht. Die Haut ist hell und makellos bis auf eine beinahe weiße Narbe, die sich über den Brustkorb zieht. Nur ein Hauch von Kleidung bedeckt den schlanken, schönen Körper der Frau vor den Zwergen. "Diese Worte waren schon immer eure Entschuldigung. Ihr habt uns gejagt. Ich habe gesehen wie sie meinen Vater erstachen und sein Fell von seinem Körper rissen. Gewundert habt ihr euch, warum unser Herz so groß sei. Gemeint wir seien ebenhalt nur besondere Tiere! Wir sind Wolfsblüter, Zwerg. Wolfsblüter. Und wegen euch abscheulichen, unfähigen Kreaturen sind es nunmehr nurnoch ein Wolfsblut!", bellt sie den zurückgewichenen Zwerg an. Spitze Zähne, so weiß wie Marmor ragen aus ihrem Mund. Ihr gesamter Körper ist wutverzerrt. "Ich sollte euch töten für euer verfaultes, ungebildetes Mundwerk. Wir sind so viel mehr. Ich bin so viel mehr als ihr. Ich bin aus einem Geschlecht der alten Zeit. Damals, als noch Dämonen diese Welt beherrschten und ihr noch nur Asche und Staub wart."

Sie wendet sich ab von Dwalin, der auf einen Stuhl zurück gesunken ist und betrachtet ihre Arme und Hände.
Ihre Hände werden von Krallen aus blankgeschliffenem und tödlichem Seestahl. Das Metall verschmilzt geradezu mit ihrem hellen Fleisch. "Ich war lange nicht mehr in meiner menschlichen Gestalt. Es ist unangenehm.", sagt sie und lässt eine Kralle über ihren Arm gleiten. Dunkles Blut, das leicht schimmert klebt an der Klinge und besudelt ihren Körper. Sie leckt es ab und spuckt es dann vor Dwalin auf den Tisch. In den ätzt sich mit einem Zischen ein Loch. Ängstlich weichen die Zwerge zurück. "Gandalf, habe ich nicht gesagt keine Zwerge?"

"Das hast du, meine teuerste. Und doch stehen sie nun vor dir und bitten um deine Hilfe. Sie brauchen dich. Du bist die einzige, die die schwarze Sprache lückenlos versteht. Die nicht beeinflusst wird von Flüchen, Trugbildern oder Listen. Denn das alles stammt aus der neuen Welt, du jedoch aus der alten. Wir brauchen eine Führerin. Eine die selbst die dunkelsten Pfade findet.", sagt der Zauberer. Sie dreht sich zu Thorin, der sie bewundernd betrachtet. Wie jemand ein wertvolles Geschenk betrachtet. Sie geht mit zwei Schritten zu dem Zwerg und umfasst sein Gesicht, dann legt sie ihre Stirn gegen seine. Der Zauberer atmet erleichtert aus. Dwalin will schon seinen Hammer zücken, aber Gandalf hält ihn zurück. "Sie erweist ihm die Ehre seines Lebens. Sie lässt ihn sich mit ihr Verbinden. Sie nannten es einst Seelenband. Er wird mit ihr in Wolfsgestalt sprechen können. Er wird sie wortlos rufen können und er wird sich auf sie verlassen können. Bis in alle Ewigkeit. Bis zu seinem Grab. Dies ist das größte Geschenk dass einem gemacht werden kann in einem Leben.", sagt der Zauberer.

Die dunkelhaarige hebt ihren Kopf und neigt ihn dann leicht, nur damit er sich mit einem Knacken wieder in den eines Wolfes verwandelt, genau wie ihr restlicher Körper. "Thorin, strecke deine Hand aus.", sagt Gandalf. Der Zwerg tut das und Rhiva legt ihren Kopf gegen seine Handfläche. "Ich höre deine Stimme Rhiva.", sagt Thorin. Zufrieden legt sich die Wölfin vor seinen Füßen nieder und schließt ihre Augen.

"Sie wird mit uns kommen. Ich vertraue ihr.", sagt Thorin. Sofort schauen die Zwerge ihn erstaunt an. Nie hätten sie gedacht, dass er so einfach eine Frau aufnimmt. Trotzdem nicken sie zufrieden, wohl wissend, nun eine Sorge weniger zu haben. Sie hatten eine Führerin, eine Führerin für die dunkelsten Pfade.

Langfinger//Hobbit ff ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt