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Er nimmt seine zweite Hand dazu und schaut mir lange in die Augen. Seine glänzen und es spiegeln sich die Lichter des Riesenrades in ihnen. Nur zaghaft legt er seine Lippen auf meine und auch nur kurz, dafür immer wieder und in einer Ruhe, vergleichbar mit der Geschwindigkeit des Riesenrades. Es fühlt sich so wunderbar an. Seine warmen Hände an meinen Wangen, die Nähe seines Körpers und nicht zu vergessen sein Mund, der mich immer unerbittlicher küsst, immer drängender und fordernder, bis das Rad mit einem Ruck stehen bleibt.

Panisch entziehe ich ihm mein Gesicht und unsere Lippen trennen sich mit einem Schmatzen. »Was war das?« Er kichert sich einen ab und kann sich kaum halten. Dazu greift er an das Stück Metall, was verhindert, dass man austreten kann und rüttelt lautstark daran.

»Hör auf damit!«, schreie ich schon fast und lehne mich über seinen Schoß um seine Hand von der Absperrung weg zu reißen.

Das amüsiert ihn noch mehr und er hält mich auf Abstand um noch mehr daran zu rütteln. Er ist mir wieder so nah und lacht so herzlich, dass um seine Augen kleine Fältchen erscheinen. Ich liege fast auf seinem Schoß und blicke auf in sein strahlendes Gesicht. Seine Haare wehen im Wind und umspielen seine Wangen und seine Stirn. Es ist, als würde die Zeit still stehen.

Meine Hand legt sich ganz von allein in seinen Nacken und zieht ihn zu mir herunter auf meine Lippen. Seine Arme schieben sich unter meinen Rücken, um mich auf seinem Schoß zu halten und ich greife in seinen Nacken, um ihn an Ort und stelle zu halten. Gibt es noch mehr Romantik? Wir beide, in einem Riesenrad - knutschend, als wenn es kein Morgen gibt.

»Ich liebe dich«, flüstert er zwischen Küssen und fährt mit seinen Fingerspitzen meine Stirn und meine Schläfen nach, wobei ich meine Augen schließe und seine Berührungen genieße. Doch ich kann es nicht lange genießen.

Immer mehr flüstert mir mein Engelchen auf meiner Schulter, dass ich es ihm sagen sollte, denn nur zu gern wurde ich es erwidern, doch es fühlt sich falsch an. Ich liebe ihn, fühle mich aber, als hätte ich ihn verraten.

Ich unterbreche den Kuss und setze mich wieder aufrecht hin, lecke über meine Lippen und mag Marc nicht ansehen. Er bemüht sich wirklich. Klar - er war ein Arsch und hat mich verlassen, aber ich hab die Kontrolle verloren. Ich hab zugelassen, dass Fussel DEN Bro-Codex bricht. Das oberste Gebot unter besten Freunden. 

»Habe ich gerade etwas falsch gemacht?«, fragt er heiser und lehnt sich zurück in den Sitz. Das Rad hält mittlerweile nach und nach und lässt die Passagiere aussteigen. Es sind noch 4 Gondeln vor uns.

»Nein, du hast nichts falsch gemacht.« Kopfschüttelnd blicke ich auf meine Oberschenkel und zupfe an meinen Strümpfen. Jeder weitere Kuss und jede noch so kleine Berührung von ihm fühlt sich falsch an, als wenn ich ihn belüge.

Es ist einfach nicht fair! Punkt! Aber ich kann ihm das nicht jetzt sagen. Vorsichtig greift er meine Hand und beugt sich vor, um mich ansehen zu können. »Hey Josie, warum weinst du?«

Warum ich weine? Warum bist du so lieb, so typisch Marc. Das macht mich fertig, brennt in meiner Kehle und breitet sich rasend in meiner Brust aus. Ihn anzusehen würde mir jetzt den Todesstoß versetzen und ich hoffe, das Rad dreht sich schneller und wir können aussteigen, doch auch hier ist das Schicksal nicht auf meiner Seite. »Liebe Fahrgäste. Wir haben eine kleine Störung. Gleich geht es weiter«, spricht der Mann durch sein Mikro und ich muss unwillkürlich an die BVG denken.

»Verdammt... heute ist nicht mein Tag!«, schniefe ich starre immer noch auf meine Hände in meinem Schoß, versuche mich so klein wie möglich zu machen.

»Und du willst mir nicht sagen, warum sie weinst?«, fragt er sichtlich besorgt, streicht die Tropfen von meinem Kinn und dreht mein Gesicht zu sich.

»Marc«, flüstere ich traurig und presse meine Lippen aufeinander um nicht aufzuschluchzen.

Falsch gedacht? [2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt