Vier

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Ein rhythmisches Schnarchen störte meinen Schlaf. Langsam wachte ich auf und bemerkte, dass ich schon wieder in der großen Halle lag. Diesmal vor der Wurfwand. Die Messer steckten noch, nur meine Form in der Mitte der Wand war frei davon. Na ja von einer Familie erwartete ich auch nichts anderes. Nur in puncto Handgelenke war ich sauer auf meine Mutter. Sie waren wund gescheuert und brannten höllisch. Mein Gott, ich musste meiner Mutter wirklich die Besessenheit nach jüngeren Gestaltenwandlern austreiben. Seufzend stand ich auf und ließ den besoffenen Haufen einfach in der Halle liegen. Und ja das ging schon mein ganzes Leben so, nur selten schlief ich in meinem Zimmer. Schließlich musste ich auf meinen Clan aufpassen wenn er sich besoff. Ich ging in die Küche, die übrigens nie gebraucht wurde. Und mit nie mein ich nie. In diesem Clan konnte nicht eine einzige Frau kochen. Meistens ernährten wir uns in Vogelgestalt von Insekten oder anderen kleinen Tierchen. Ja ich weiß, eklig, aber wenn man nicht kochen konnte war, das das Beste was man kriegen konnte. Suchend blickte ich mich in der Küche um. Da lagen sie, zwei Verbandsrollen. Ich schnappte mir eine davon und ging in den Burghof. Dort stand noch das Wasser von gestern am Brunnen. Ich wusch mir das getrocknete Blut von den Handgelenken. Meine Ma hatte wirklich an dem Wölfchen gehangen. Jedenfalls hatte sie die Ketten sehr eng um meine Handgelenke gezurrt. Dann legte ich die Verbände an. Zufrieden mit meinem Werk nahm ich mir den Eimer Wasser und ging in die große Halle. Ich schüttete als erstes etwas auf meine Ma, die prustend erwachte. Böse funkelte sie mich an. Ich zuckte nur mit den Schultern und ging zum nächsten meiner Opfer. Nacheinander wachten sie durch meine kleine Wasserdusche auf.

"Aufräumen und zwar alle", brüllte ich durch die Halle, sodass auch der Letzte wach war.

Dann verschwand ich wieder um Besen und Müllschippen zu holen. Außerdem noch Plastiksäcke und Bodenwischer. Wieder in der großen Halle ließ ich die Sachen geräuschvoll auf den Boden fallen. Die wieder eingepennten Clanmitglieder wurden augenblicklich wach. Diese Routine kannten alle. Erst wurde ne Woche gefeiert und dann aufgeräumt. Diesen Brauch hatte ich ins Leben gerufen, sonst würden wir in unserem Müll versinken. Nacheinander kamen dir Clanmitglieder und fügten sich ihrem Schicksal. Seufzend fing ich an leere Flaschen einzusammeln. Ein ohrenbetäubendes Poltern ließ kurz darauf alle innehalten.

"Maaa!", schrie ich sauer durch die Halle um den Lärm zu übertönen.

"Ob du es glaubst oder nicht, diesmal bin ich unschuldig", schrie es zurück.

Ein Krachen ertönte, gefolgt von einer Mischung aus Knurren, Brüllen und Heulen. Begeisterte Kriegschreie ertönten als Antwort von meiner Seite. Etliche Wölfe, Krieger und auch ein paar anderen Gestaltenwandler stürmten die Halle. Sofort war jegliche Aufräumarbeit vergessen und bevor ich die Chance hatte das Problem mit Reden zu beheben, stürzte sich mein Clan mit begeisterten Rufen den Angreifern entgegen. Ich duckte mich um dem Schwarm der Vögel zu entgehen die hinter mir sich erhoben und sich in das Chaos verteilten. Heftig fluchend ließ ich meinen Sack fallen und hechtete zu der Wurfwand zog mir ein Messer raus und klemmte es zwischen meine Zähne um mir noch ein zweites zu nehmen. Ein Blick aus dem Fenster sagte mir das auch der Hof voll von Fremden war. Ich sah genauer hin und erkannte die Farben des Dark Moon Clans. Oh nein, ich stöhnte auf. Ich war sowas von so raus. Meinen Clan in aller Ehre, aber Todessehnsucht hatte ich dann doch nicht. Ich bahnte mir einen Weg durchs Getümmel und erschauderte als ich einen Raben sah der sich so heftig ins Fell eines Wolfes gekrallt hatte das Blut lief. Kurz darauf schmiss sich der Wolf auf den Rücken und begrub den Raben unter sich. Ich verzog angewidert das Gesicht, machte mir aber keine Sorgen. Ich hatte schon früh feststellen müssen, dass mein Clan sehr zäh war, was das Überleben anging. Wenn es irgendein Gestaltenwandler schaffen würde einen Vogel aus meinem Clan umzubringen, würde das in die Geschichte eingehen. Mit den Messern kämpfte ich mich bis zur Treppe durch und versuchte erst gar nicht meine Mutter zu finden. Ich wusste mit absoluter Sicherheit, dass sie an vorderster Front kämpfte. Na super, wenn das hier vorbei war, konnte ich nochmal anfangen aufzuräumen. Mein Ziel war der Turm denn ich wollte mich möglichst schnell aus dem Staub machen. Das ging am besten in Elstergestalt, aber ihr erinnert euch, dämliche Glücksgefühle für die Verwandlung. Ich rannte an meinem Zimmer vorbei und hörte ein Knarzen daraus. Sofort blieb ich stehen. Das konnte doch nicht wahr sein. Ich trat die Tür mit einem Knall auf und sah einen Fremden, mit meinen Schätzen in der Hand. Ich sah rot und griff mit einem Wutschrei an. Blitzschnell hatte sich der Fremde umgedreht und blockte meinen Arm ab, gerade als ich mit dem Messer zu stechen wollte. Dabei fiel ihm die Kiste runter, blieb aber glücklicherweise verschlossen. Mein Gesicht verzog sich schmerzerfüllt. Hoffentlich war noch alles heil geblieben. In den Augen des Fremden sah ich dieselbe Wut lodern wie in meinen. Kurz darauf verwandelte er sich mit einem Knurren und sprang auf mich zu. Ich warf die Messer weg und stürzte mich ebenfalls auf ihn. Meine Hände schlossen sich um seine Kehle während er mich mit seinem Gewicht auf den Boden warf. Ich schnaufte und wir wälzten uns auf den Boden umher. Seine scharfen Zähne schnappten nach meiner Kehle. Als Erwiderung rammte ich ihm mein Bein in den Bauch, was ihn kurz aufknurren ließ. Upps, er schien wirklich sauer zu sein, aber das war ich auch. Ich wälzte mich herum, bis ich auf ihm saß. Mit einem siegessicheren Lächeln holte ich aus um ihn eins auf die Nase zu geben, als etwas gegen mich prallte und mich so nach vorne warf. Jetzt lag ich komplett auf dem Wolf und hatte so meinen Schwerpunkt verloren, sodass er uns wieder herum rollen konnte. Mit einem Fauchen sah ich zu der Ursache meiner misslichen Lage. Ein Wolf und Ravina hatten sich in einander verkeilt und waren ins Zimmer geplatzt. Moment mal den Wolf kannte ich. Rey's Name musste mir entschlüpft sein, denn der Wolf auf mir wandte sich zu den zwei Kämpfern um. Meine Chance. Ich mobilisierte all meine Kräfte und schupste den fast neunzig Kilo schweren Wolf von mir runter. Sofort war ich auf den Beinen und rannte zum Fenster, zog es auf und kletterte rüber. Ein Heulen ließ mich flüchtig zurück schauen. Der Wolf sprang auf mich zu, aber keine Chance. Ich war raus, mit einem beherzten Sprung ließ ich mich in die Tiefe fallen und verwandelte mich fast augenblicklich.

Black Bird  Kristall und Feder Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt