Einundvierzig

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Das Rudel feierte ein Fest. Das erste seit es die Burg übernommen hatte. Ich glaube der Anlass war dem Vollmond geschuldet, aber ich war mir nicht ganz sicher. Meinen Clan interessierte der Anlass auch nicht besonders. Hauptsache sie konnten sich mal wieder so richtig gehen lassen. Nervös strich ich mir die Haare aus dem Gesicht. Ich hatte  mich ausnahmsweise einmal richtig hübsch gemacht und das hatte auch seinen Grund. Ich tastete nach dem kleinen Kästchen in meiner Jackentasche. Unter der Jacke trug ich ein luftiges, hellblaues Kleid. Die Nächte waren lau. Der Mond warf genug Licht, sodass auf dem Hof kaum weitere Lichter aufgebaut waren. Einige Wölfe aus dem Rudel hatten sich zusammen gefunden und spielten Tanzmusik auf ihren Instrumenten. Das Fest war schon eine Weile in Gange. An der Seite war ein Buffet aufgebaut worden, von dem ich vor lauter Aufregung kaum etwas gegessen hatte. Brain stand nicht weit von mir entfernt und unterhielt sich mit einigen jüngeren Wolfswandlern. Ich hatte mit den Musikern geredet. Nach diesem Lied würden sie mein gewünschtes spielen. Ich strich noch einmal mein Kleid glatt und ging dann zu Brian. Sobald ich neben ihn trat, lächelte er mich an und zog mich zu sich ohne sein Gespräch zu unterbrechen. Ich  schmiegte mich an ihn und atmete seinen herrlichen Geruch ein. Das Lied von ebend verklang.

"Entschuldigt", unterbrach ich das Gespräch der Wolfswandler, "kann ich euch Brian kurz für den nächsten Tanz entführen."

Auf ihren Gesichtern erschienen Grinsen und sie warfen sich vielsagende Blicke zu.

"Natürlich", sagte einer von ihnen und lächelte mich an.

Ich warf ihm einen dankbaren Blick zu. Dann nahm ich Brian an die Hand und zog ihn auf die Tanzfläche.

"Habe ich gar kein Mitspracherecht?", fragte er mich.

"Nö", antwortete ich, "diesen Tanz musst du mit mir tanzen."

Brian seufzte gespielt gequält, stellte sich aber ohne zu Murren mit mir auf. Als die ersten Töne vom Lied erklangen, flackerte Erkenntnis in seinem Blick auf. Wir hatten dazu auf unserer Reise bei einer Hochzeit getanzt. Danach hatte er mich zum ersten Mal gebeten mit ihm den Bund einzugehen. Brian führte mich sicher über die Tanzfläche und wirbelte mich herum. Ein atemloses Lachen entfuhr mir. Ich genoss jede einzelne Sekunde vom Tanz. Die Musik verklang langsam. Ich schaute mich um. Wie besprochen, warteten die Musiker bevor sie mit dem nächsten Lied begannen. Ich löste mich von Brian. Mein Herz schlug immer ncoh schneller vom Tanz. Oder war es die Aufregung? Brian schaute mich an.

"Was ist los, Spätzchen?"

Ich holte tief Luft und und umschloss mit einer Hand das kleine Kästchen in meiner Tasche. Nervös holte ich es heraus.

"Brian vom Dark Moon Rudel, du hast mich schon oft gefragt, ob ich den Bund mit dir eingehen möchte. Bislang habe ich mich nie bereit gefühlt. Aber in den letzten Tagen und Wochen ist mir klar geworden, dass ich mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen kann."

In Brians Augen sah ich Erkenntnis und Unglaube.

"Falls es noch nicht zu spät ist, würde ich gerne mit dir den Bund eingehen, dich heiraten und was auch immer noch dazu gehört. Was sagst du dazu?"

Ich öffnete das Kästchen und hielt es ihm hin. Brian warf einen kurzen Blick darauf. Seine Augen weiteten sich. Ich wusste, was er sah. Es war ein Ring. In der Mitte war ein schwarzer Kristall, welcher von einer silbernen Feder umgeben war. Dreimal dürft ihr raten, welches Symbol wen darstellte. Sein Blick wanderte wieder zu mir und ich trat nervös von einem Bein aufs andere. Andere Rudelmitglieder waren schon auf uns aufmerksam geworden. Brians Schweigen ließ mich unruhig werden. Hatte ich zu lange gezögert ihn zu fragen? Wollte er jetzt den Bund nicht mehr mit mir eingehen? Das könnte peinlich für mich werden und ziemlich schmerzhaft für mein Herz. Ich räusperte mich und endlich schien Brian aus seiner Starre zu erwachen.

"Spätzchen, hast du dir das auch gut überlegt? Es gibt kein zurück mehr, wenn wir erstmal den Bund geschlossen haben. Dann werde ich für immer an deiner Seite sein", sagte er mit rauer Stimme.

"Ich habe mit Sara darüber gesprochen", versicherte ich ihm. "Ich bin mir sicher."

Endlich umschloss er meine Hand, die das Kästchen hielt und zog mich zu sich.

"Ja Elvira, ich will. Lass uns den Bund eingehen und heiraten und alles andere machen, was dazu gehört", wiederholte er meine Worte mit einem Lächeln. "Ich war mir noch nie in meinem Leben so sicher."

Ein riesiger Stein fiel von meinen Schultern. Brians Mundwinkel zuckten. Ich knuffte ihn in die Seite. Das blöde Fellknäuel hatte mich doch bestimmt absichtlich so lange zappeln lassen. Brian vergrub seine Hand in meinem Haar und drückte seine Lippen auf meine. Sein Kuss war wild und ungestüm. Er zeigte mir, wie viel ihm meine Einwilligung zum Bund bedeutete. Ich erwiederte den Kuss mindestens genauso stürmisch. Ich hatte ernst gemeint, was ich gesagt hatte. Ich konnte mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Nur am Rande nahm ich wahr, dass das Rudel und mein Clan in Jubel ausgebrochen waren. Brian löste sich von mir und beugte sich dicht an mein Ohr. Ich sog seinen atemberaubenden Geruch in mich auf.

"Bereit für die Zeremonie?", fragte er leise.

"Heute schon?", murmelte ich verwirrt und immer noch benebelt vom Kuss.

"Heute ist Vollmond, nur dann kann der Bund geschlossen werden."

Deshalb hatte Sara mir also geraten ihn heute zu fragen.

"Wie läuft es ab?", fragte ich.

"Brauchen wir einen Dolch, Schmerz und ganz viel Blut?", fragte ich scherzend.

Als Brian nicht antwortete, schaute ich nervös auf. Seine Miene war fast schon entschuldigend.

"Was?", fragte ich entsetzt.

"Ich glaube, ich habe es mir anders überlegt. Reicht nicht nur heiraten?", fragte ich panisch.

Brian brach in Gelächter aus.

"Für wie barbarisch hälst du uns eigentlich?"

Sein Lachen war ein halbes Knurren. Entschuldigend zuckte ich mit den Schultern.

"Ich würde nie zulassen, dass du verletzt wirst."

"Mein großer lieber Wolf", neckte ich ihn und erntete einen Kuss als Strafe.

Falls ihr wissen wollt, wie die Zeremonie ablief. Nun, es hatte etwas mit einer alten Sprache, vielen kryptischen Zitaten und natürlich lautem Geheul zu tun. Ich weiß nicht, was ihr denkt. Aber normal würde ich das nicht nennen. Da konnte Brian sagen, was er wollte.

Black Bird  Kristall und Feder Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt