Darf ich vorstellen, Kassidy oder auch meine neue beste Freundin. Nachdem ich Juno überredet hatte mit mir ins Badehaus zu gehen, natürlich nur nach viel Protest, hatten wir dort Kassidy kennengelernt. Sie war so nett und hatte angeboten, uns etwas unter die Arme zu greifen. Natürlich erst nachdem ich ihr unsere missliche Lage geschildert hatte.
Und ich sage euch, diese Wölfin hatte vielleicht viele Kleider. Etwas verlegen stand sie vor ihrem riesigen Kleiderschrank, dessen offene Türen uns ihre mindestens zwanzig Kleider enthüllte. Ich fühlte mich wie im siebten Himmel. Juno hingegen machte ein Gesicht als wäre sie in der Hölle gelandet. Kassidy betrachtete uns beide und zog dann einige Kleider hervor. Den einen Stapel drückte sie Juno in die Hand, den anderen mir."Meine Freundinnen sagen immer, ich hätte ein Händchen dafür das beste von ihnen hervorzuheben. Probiert die Kleider einfach mal an und dann leih ich euch eins für diesen Abend."
"Vielen vielen Dank", sagte ich beschwingt und warf Juno einen Blick zu woraufhin diese auch ein Dankeschön hervor quetschte.
Während wir Kleider anprobierten erfuhren wir, dass Kassidy etwas jünger war als wir, und dass das Fest heute nicht wirklich ein Fest war, sondern eine Hochzeit. War ja klar, dass Brian diese kleine Info unterschlagen hatte. Jedenfalls konnte sich Juno dadurch nicht mehr ausklinken, denn die ganze Stadt ging hin. Juno entschied sich, auf Kassidys Drängen hin, für ein wünderschönes dunkelblaues Kleid, durchwebt mit goldenen Stickereien. Ich nahm ein rosa farbenes Kleid, dessen leichter Stoff meine Beine umspielte. Es hatte leichte Flatterärmel, in die ich mich sofort verliebte. Juno steckte ihr Haar mit Kassidys Hilfe hoch. Ich steckte nur die vorderen Strähnen nach hinten. Dann schlüpfte auch Kassidy in ein smaragdgrünes Kleid und wir konnten los. Wir hatten anscheinend länger gebraucht als gedacht, denn als wir aus Kassidys Zimmer traten, wartete Rey schon auf uns. Ihm fielen fast die Augen aus dem Kopf als er Juno sah.
"Wow, du siehst toll aus äh ihr seht toll aus", stotterte er eher in Junos Richtung.
Ich war mir sicher, dass er Kassidy und mich nicht mal angesehen hatte.
"Danke schön", sagte ich zu Rey, der mich nicht mal hörte. Grinsend hakte ich mich bei Kassidy unter und zog sie weiter, um Juno und Rey etwas Freiraum zu geben.
"Wo wartet denn dein Verehrer?", fragte ich sie im Scherz.
Sie wurde kirschrot und sah schnell zur Seite.
"Nein", rief ich erschrocken, "du bist auch im Liebesfieber?"
Sie wand sich unangenehm berührt.
"Ich bin mir sicher, er bemerkt mich nicht mal", murmelte sie.
Ich schüttelte entschieden den Kopf.
"In diesem Kleid muss er dich bemerken."
Ich führte sie in die Eingangshalle, wo eine Schar Mädchen Kassidy in Empfang nahmen. Sie redeten aufgeregt durcheinander. Ich verstand nur etwas von "Kleid" und "Unfall". Lächelnd verabschiedete ich mich von Kassidy, die mir einen entschuldigenden Blick zu warf. Ich winkte ab und sah mich unter den anwesenden Leuten, die langsam zum Ausgang strebten nach jemanden Bekannten um. Ich entdeckte Karo und schob mich durch die Menge als mich jemanden anrempelte. Mir einem Ächzen stolperte ich und verhedderte meine Beine in dem Stoff des Kleides. Ich ruderte mit den Armen und sah mich schon sicher auf dem Boden liegen als eine Hand blitzartig vor schoss und mein Handgelenk umfasste. Ich wurde ruckartig zurück gezogen und landete mir einem leisen Schrei an einer harten Brust.
"Elvira?", fragte eine ungläubige Stimme.
Ich kniff die Augen zusammen. Nicht er, bitte nicht er. Meine Gebete wurden nicht erhöht. Denn als ich die Augen aufschlug sah ich in das umwerfende Gesicht von Brian. Wartet, hatte ich umwerfend gesagt? Ich meinte natürlich im negativen Sinne. Irgendwie. Er hatte sein Gesicht rasiert. Ich ließ meinen Blick weiter wandern und mir stockte der Atem. Seine Hemdsärmel waren halb aufgerollt und ließen einen Blick auf seine kräftigen Unterarme frei, die mich hielten. Kleine goldene Knöpfe zierten seinen Aufzug. Seine Beine steckten in einer schwarzen Hose. Ich sah wieder nach oben und erstarrte unter seinem Blick, der sich in mich einbrannte. Bildete ich mir das ein oder glänzte in seinen Augen die Glut von Verlangen. Ich wurde rot. Ich spürte wie sich sein Griff verfestigte.
"Du kannst ja richtig sanft aussehen oder versteckt sich dein kratzbürstiges Ich hinter deinem bezauberndes Äußeres?"
Ich hörte förmlich wie die romantische Atmosphäre platzte. Ich schüttelte seinen Griff ab und warf demonstrativ das Haar zurück.
"Du solltest nochmal üben einer Frau Komplimente zu machen ohne, dass es in einer Beleidigung endet."
Mit diesen Worten rauschte ich an ihm vorbei und schloss mich den Grüppchen an, die zum Marktplatz schlenderten. Die Trauung war schon im engsten Kreis geschehen und nun war die breite Masse eingeladen zum Feiern. Bunte Girlanden schmückten die Straßen und eine Bühne nahm den vorderen Teil des Marktplatzes in Anspruch. Daneben war ein Büfett mit kleinen Häppchen aufgebaut. Ich schlenderte hin und schnappte mir ein paar. Dann wartete ich wie alle anderen auch auf das Brautpaar. Sie mussten die Feier mit dem ersten Tanz eröffnen. Dann erschien das strahlende Paar. Mit verliebten Blicken eröffneten sie das Fest. Schon bald schlossen sich weitere Pärchen dem beschwingten Tanz an. Ich wurde auch aufgefordert und selbst als ich bekannte, dass ich nicht tanzen konnte, ließ er nicht locker. Also willigte ich ein und trat ihm ständig auf die Füße. Trotz des ungeschickten ersten Versuchs wurde ich immer wieder aufgefordert. Wolfswandler waren wirklich hart im Nehmen. Irgendwann kannte ich dann zumindest die leichten Schrittfolgen. Lachend ließ ich mich herum wirbeln. Ich sollte öfter tanzen. Das hob meine Laune beträchtlich. Es dämmerte langsam als ich mein drittes Glas Wein herunter kippte und versuchte etwas zu Atem zu kommen.
"Du hast noch gar nicht mit mir getanzt."
Vor Schreck glitt mir das Glas aus den Fingern, wurde aber aufgefangen bevor es auf dem Boden zerschellte.
"Ich hatte nicht erwartet, dass du Interesse hättest", erwiderte ich schnippisch.
Lächelnd stellte Brian das Glas ab und zog mich an sich.
"Weißt du eigentlich, wie bezaubernd du heute abend aussiehst?"
Misstrauisch sah ich ihn an.
"Du hast die Beleidigung vergessen", wies ich ihn auf das, was unweigerlich folgen würde, hin.
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Black Bird Kristall und Feder
LobisomemEin entführter Wolfswandler in einem Vogelclan? Wohl eher keine so gute Idee, findet Elvira. Vor allem als sein Rudel vor dem Tor steht und Rache fordert. Da ist Spannung vorprogrammiert. Schwieriger als gedacht die Lage zu entschärfen. Elvira hat j...