Zwölf

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"Auf keinen Fall", donnerte Brian.

"Hey das kann ich ja wohl selbst entscheiden", fuhr ich ihn an.

"Halt den Mund! Fenris das kannst du nicht machen. Sie wird nur Chaos verursachen."

"Werd ich gar nicht und außerdem..."

"Oder sie verrät uns und befreit ihren Clan in einem unbeobachteten Moment oder..."

"Es reicht", übertönte uns Fenris.

Brian schnaubte verächtlich und stapfte aus dem Raum. Fenris sah mich an.

"Es wird natürlich Bedingungen geben Elvira. Ich komm später nochmal zu dir, um eine Entscheidung zu hören. Ich könnte nämlich auch verstehen, wenn du nicht willst. Dann finden wir eine andere Lösung."

Ich nickte dankbar. Fenris warf Sara einen Blick zu. Diese lächelte ihn jedoch nur beruhigend an. Fenris gab Rey ein Zeichen und der verließ zögerlich nach einem letzten Blick zu mir den Raum. Sarah trat zu mir.

"So jetzt können wir uns endlich um das wichtigste kümmern. Bitte einmal ausziehen. Ich müsste dich jetzt abtasten."

~~~

Mit langsamen Schritten ging ich die Treppe runter und lauschte. Na gut, ich schlich die Treppe runter und versuchte möglichst nicht aufzufallen. Erstens hatte mir Sarah Ruhe angeordnet und zweitens war ich mir nicht sicher wie die Wölfe reagieren würden, sollten sie mich unbeaufsichtigt herumlaufen sehen. Ich beruhigte mich, indem ich mir sagte, dass das immer noch mein Zuhause war trotz dieser dämlichen Wandlergesetze. Nur leider erkannte ich mein Zuhause nicht wieder. Durch die Fenster fiel wieder Licht (aufgrund ihrer Sauberkeit), die Treppe konnte ich wieder betreten ohne Angst zu haben einzubrechen, die Vorhänge an den Wänden waren gewaschen und ausgebessert, der Boden war gewischt und unter der Decke entdeckte ich keine ekelhaften Spinnennester mehr. Es war als würde ich träumen. Stimmen kamen mir entgegen. Da ich nicht wirklich Lust auf eine Begegnung mit Rudelmitgliedern hatte, sprang ich kurzerhand in den nächsten Raum. Lauschend presste ich mein Ohr an die Tür. Es schienen eher Kinder zu sein. Ich hörte jedenfalls keine erwachsene Stimme heraus. Genau vor meiner Tür blieben sie stehen.

"Das ist so cool. Besser als unser altes Rudelquartier", hörte ich den ersten Welpen.

"Meint ihr wir können hier wohnen?", fragte Stimme Nummer zwei.

"Fenris meint es müsste noch viel gemacht werden. Aber da wir eh ein größeres Zuhause brauchten, denken sie darüber nach hierzubleiben." Stimme Nummer drei.

Ganz bestimmt nicht, ihr kleinen Hosenscheißer.

"Lebte hier nicht vorher jemanden?", fragte eine andere leise Stimme unsicher.

Diese Stimme merk ich mir. Das Wölfchen war sympathisch.

"Quatsch. Hast du dich mal umgeschaut. Es ist vieles heruntergekommen gewesen. Hier kann niemand gelebt haben", widersprach Stimme eins.

"Wollen wir jetzt spielen oder nicht?" Zustimmendes Gemurmel erhob sich.

"Okay ich bin dafür, dass Tayo sucht."

"Warum denn immer ich?", fragte Stimme Nummer fünf empört.

"Weil Brian gesagt hat, du musst das Fährtenlesen mehr üben", argumentierte Stimme eins.

"Na gut", grummelte Tayo.

Dann fing er an zu zählen. Schnell wich ich zurück und sprang in einen Schrank neben mir. Ich hörte viele kleine Schritte, die sich zum Glück entfernten. Keiner kam in die Kammer. Ich atmete erleichtert auf und wollte gerade wieder aus meinen Versteck kommen als ich ein Knarzen hörte. Ich lugte durch eine Ritze in der Schranktür und sah den kleinen Wolfswandler direkt auf mein Versteck zu kommen. Ich zuckte zurück doch der Schrank war leider nicht so groß und ich nicht so klein und unauffällig als das er mir eine Tarnmöglichkeit bieten würde. Die Tür ging auf und der kleine Junge sah mit großen Augen zu mir auf. Dann wich er zurück.

"Wer bist du und was machst du da?"

Hach immer diese Wölfe. So schrecklich misstrauisch.

"Ich versteck mich?", schlug ich vor und versuchte möglichst unschuldig auszusehen.

"Vor wem denn?", fragte er und kniff die Augen leicht zusammen.

"Ich äh dachte, ich könnte mitspielen."

Urplötzlich hellte sich seine Miene auf.

"Ja", rief er begeistert, "ich bin nämlich super schlecht im Suchen."

"Tja wie du siehst bin ich sehr unkreativ beim Verstecken."

Ich fing an zu Grinsen und beugte mich leicht zu ihm runter.

"Aber ich kenn jedes Geheimversteck in dieser Burg. Zusammen können wir alle finden."

Mit glänzenden Augen hatte er mir zugehört. Jetzt packte er mich an der Hand und zog mich mit sich.

"Komm äh wie heißt du eigentlich?"

"Elvira", antwortete ich.

"Das ist viel zu lang", protestierte er, "wenn wir meine Freunde gefunden haben, überlegen wir uns einen Spitznamen. Ich bin übrigens Tayo."

Er redete einfach weiter und erzählte mir während er mich durch die Flure zog, wie seine Freunde hießen und welche Spitznamen sie haben. Eine Bewegung aus dem Augenwinkel ließ mich innehalten. Tayo bemerkte es und verstummte. Fragend sah er mich an.

"Was ist..."

Ich legte mit blitzenden Augen einen Finger an die Lippen und signalisierte ihm ruhig zu sein. Verstehen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Aufregung ließ sein Gesicht leuchten. Ich deutete auf den Vorhang, hinter dem eine kleine Nische war und in der ich eins der kleinen Wölfchen vermutete. Tayo ließ meine Hand los und schlich auf Zehenspitzen zu dem Vorhang. Mit einem niedlichen Brüllen zog er den Vorhang weg. Ein Kreischen ertönte und dann kullerten die zwei Welpen vor meine Füße.

"Hab dich", rief Tayo triumphierend, der auf dem anderen Kind saß.

"Das ist voll ungerecht. Sie hat mich verraten."

Verschnupft sah er zu mir. Ich grinste und starrte zurück. Er knurrte verärgert und schubste Tayo von sich runter. Der sah gutmütig von Rache ab und sprang wieder auf die Füße.

"Dann bleib doch hier Mason. Elvira und ich gehen jetzt zusammen die anderen suchen."

Er zog mich hinter sich her und ich folgte ihm. Hinter mir hörte ich kleine Schritte. Ah ha. Obwohl Mason einen auf beleidigt tat, wollte er trotzdem noch mitspielen. Kleine und auch große Wölfchen waren so berechenbar. Den nächsten Welpen fand Tayo allein unter der langen Tafel im großen Saal. Nebenbei bemerkte ich das riesige verzierte Tischtuch, welches neu war. Ich knirschte mit den Zähnen. Es passte mir so gar nicht, da es wieder ein Zeichen für das Rudel war, das sich hier einquartiert hatte. Von dem war allerdings keine Spur. Ich wunderte mich, weil dir sonst an jeder Stelle ein Rudelmitglied über den Weg läuft. Auf meine Nachfrage hin antwortete sogar Tayo.

"Fenris hat eine Jagd vorgeschlagen, um sich mit dem Gelände vertraut zu machen."

Mein verständnisloser Blick ließ ihn verwirrt die Stirn runzeln.

"Na ja und dazu sind halt alle Mitglieder eingeladen."

"Auch die Menschen?", fragte ich skeptisch.

Denn ich hatte sehr wohl bemerkt, dass einige Rudelmitglieder kein Fell bekommen konnten. Tayo nickte energisch.

"Besonders die Menschen. Das soll den Zusammenhalt stärken."

Ich schüttelte gedanklich den Kopf, sagte aber nichts. Wölfe, wer sollte die schon verstehen. Als ob Menschen so versessen darauf wären beim Jagen armer unschuldiger Tiere zuzusehen. Und da sage noch einer wir Vögel wären unlogisch.

Black Bird  Kristall und Feder Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt