Sechsunddreißig

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In den nächsten Tagen brachte mir Brian die Grundlagen von Lesen und Schreiben bei. Und ich schlug mich gar nicht so schlecht. Versonnen strich ich über die zwei neu dazu gekommenden Anhänger. Einer zeigte mich. Oder na ja zumindest meine Elstergestalt. Der zweite war ein Pferdekopf. Das Wort dazu war Stall gewesen. Ich lächelte als ich daran dachte wie mir Brian auf Perle gezeigt hatte wie man ritt. Ich war bereit es auf dem Weg nach Hause auszuprobieren. Zumindest war das der Plan, wenn wir hier jemals fertig werden würden. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf das Geschehen vor mir. Wir waren dabei neue Möbel für die Ratten zu bauen. Wie sich herausgestellt hatte, gab es überall in der Stadt Eingänge zu den Tunneln der Ratten. Weil die Ratten uns aber nicht alle verraten wollten, waren wir in dem Haus, aus dem wir geflohen waren. Die kleinen Einzelteile setzte ich mit einigen Helfern im Haus zusammen. Dann gaben wir die Teile durch die Luke im Boden. Von Helfern wurden sie entgegen genommen und in der Haupthöhle aufgebaut. Brian und Arnold halfen dort mit. Rey und Juno hier bei mir. Es war eine schweißtreibende Arbeit. Trotzdem ging es gut voran. In einer Arbeitspause schaute ich mir die Haupthöhle an. Es roch ziemlich rußig und ich nahm mir vor den Ratten Kräutersäckchen zu schenken, die sie dann aufhängen konnten.

"So und du bist also der Neffe von Faola", hörte ich eine Stimme und drehte mich um, nur um zusammen zu zucken.

Das Rattenoberhaupt höchstpersönlich stand bei Brian und schüttelte ihm gerade die Hand.

"Eigentlich bin ich nicht gerade erfreut, dass ihr meine Wohnung abgefackelt habt. Aber da ihr mich ja entschädigt, lade ich euch herzlich ein jederzeit zu Besuch zu kommen. Schließlich teile ich mir mit deiner Familie eine Stadt."

"Danke für das Angebot", sagte Brian, "und ich hoffe ich kann dann auch meine Partnerin mitbringen."

Hilflos musste ich mitansehen wie er sich zu mir umdrehte.

"Komm doch mal rüber, Spätzchen", forderte er mich mit einem süffisanten Lächeln auf.

Ich blitzte ihn wütend an und stapfte zu ihnen. Blöder Wolf. Er wusste genau wie groß meine Angst vor der Begegnung mit dem Oberhaupt der Ratten war. Immerhin war ich der Hauptverschulder ihrer zerstörten Wohnlage. Aber vielleicht erkannte mich Gareth ja gar nicht.

"Der kleine Feuerteufel ist ihre Partnerin?"

Und schon war meine Hoffnung zerplatzt.

"Freut mich sie kennenzulernen", sagte ich. "Tut mir wirklich leid, wegen ihrer Wohnung. Aber dann hätten sie uns etwas anders begrüßen müssen", erwiderte ich patzig und war total überrascht als Gareth in Lachen ausbrach.

Ich sah Brian hilflos an. Der zuckte nur mit den Schultern. Mein Partner war mir ja eine tolle Hilfe.

"Da hast du Recht, Mädchen. Darf ich vorstellen, ich bin Gareth."

"Elvira", sagte ich. "Du bist natürlich auch herzlich eingeladen uns jederzeit wieder besuchen zu kommen. Immerhin habt ihr dazu beigetragen meine Tochter glücklich zu machen. Auch wenn ich mit dem Jungen nochmal ein ernstes Wörtchen reden muss."

Uh, Arnold tat mir jetzt schon leid.

"Na ja, war mir eine Freude euch kennenzulernen. Man sieht sich."

Gareth hob zum Abschied die Hand und verschwand dann. Ich wandte mich zu Brian.

"Komm doch mal rüber, Spätzchen", äffte ich ihn nach. "Weißt du, du solltest wirklich aufhören so mit mir zu reden, wenn ich deine Gefährtin werden soll."

Brian grinste.

"Tut mir leid, Spätzchen. Du kannst mich auch Fellknäuel nennen. Aber ich werde nicht damit aufhören. Sonst wäre unsere Beziehung wirklich langweilig."

Ich schnaubte und setzte gerade zu einer bissigen Erwiderung an als er mich an sich zog und meine Lippen mit seinen verschloss. Hmm, eine wirklich gute Art mich zum Schweigen zu bringen. Wir knutschten bis die Pause wieder vorbei war und ich mit erhitzten Wangen zu meinem Arbeitsplatz zurück kehrte. Juno und Rey starrten mich an und warfen sich dann vielsagende Blicke zu.

"Kein Wort", knurrte ich und zog meine Kleidung zurecht, wütend, dass Brian mich so aus der Fassung bringen konnte.

Wobei ich ihm nicht lange böse sein konnte. Hoffentlich erfuhr er es nie, sonst wäre ich geliefert. Die letzten Stunden vergingen wie im Flug. Zurück beim Haupthaus freute ich mich auf ein Bad und mein Bett. Ich schlug den Weg zu meinem Zimmer ein. An meiner Tür hing ein Zettel. Stirnrunzelnd riss ich ihn ab und laß ihn noch etwas unbeholfen.

Komm zu mir, wenn du nicht willst, dass ich dich holen komme.
Dein großer böser Wolf

Unglaublich. Jetzt wagte das Fellknäuel auch noch mir Befehle zu erteilen. Ich zerknüllte den Zettel und trat in mein Zimmer ein. Ich schnappte mir saubere Sachen und ging zum Badehaus. Ich beeilte mich und war kurz darauf mit noch feuchten Haaren auf dem Weg zu Brian. Noch bevor ich anklopfen konnte, wurde die Tür aufgezogen und Brian zog mich ins Zimmer.

"Hey", protestierte ich und warf ihm den zerknüllte Zettel an die Stirn.

"Du hättest auch einfach zu mit kommen können", sagte ich verschnupft und verschränkte die Arme.

Brians Augen leuchteten.

"Mein Wolf wollte, dass du freiwillig herkommst. In sein Revier, umgeben von meinem Geruch."

Er trat zu mir und hüllte mich in seinen Armen ein. Er senkte den Kopf und schnupperte an meinem Hals.

"Dein Wolf oder du?", fragte ich herausfordernd.

"Vielleicht ja beide", murmelte Brian und leckte kurz über meine nackte Haut.

Ich erschauderte und vergrub meine Hände in seinem Haar. Er war seinem Wolf gerade näher als sonst.

"Hast du Angst?", fragte Brian als hätte er meine Gedanken gelesen.

"Vor dem großen bösen Wolf? Niemals."

Ich lachte leicht und löste mich von ihm. Dann zog ich meine Schuhe aus und hüpfte auf das riesige Bett in seinem Zimmer.

"Und nur, dass das klar ist das Bett gehört mir und ich lass dich nur rein, wenn du keine Flöhe hast, Fellknäuel."

"Ich lass dich gerne nachsehen", erwiederte er und verwandelte sich.

Atemlos sah ich zu wie seine Sachen zerrissen und er eine neue Gestalt annahm. Der Wolf, der daraufhin im Zimmer stand, blitzte mich durch Brians Augen an und machte plötzlich einen Satz, um aufs Bett zu gelangen. Lachend wich ich zurück, um ihm Platz zu machen. Dann stand er neben mir, mein wunderschöner großer böser Wolf. 

Black Bird  Kristall und Feder Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt