Freundschaften im Internet - Unmöglich oder wünschenswert?

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„Meine Freunde sind nett. Glaube ich." So beschreibt Leonie M. ihre Bekanntschaften, die sie im Internet kennenlernte. Schon dieser Satz verdeutlicht die Unsicherheit, die viele in Bezug auf Internetfreundschaften zeigen. Und dennoch entwickeln sich immer mehr Online-Freundschaften. Aber was genau bedeutet dieser Trend?

Die häufigsten Definitionen von Freundschaften beinhalten genau zwei Kriterien: Zuneigung und Vertrauen. Diese zwei Aspekte sind somit die wichtigsten Grundvoraussetzungen für eine Freundschaft. Zuneigung ist auch im Internet problemlos möglich, braucht es doch nur einige freundliche Nachrichten, bis man sich sympathisch ist. Vertrauen hingegen ist ein Gut, das schwerer zu erlangen ist.

Lernt man im Internet eine fremde Person kennen, ist man zu Beginn meist ungezwungener und lockerer als im realen Leben. Wenn sich herausstellt, dass sie doch nicht so freundlich ist, wie man sich dachte, ist es schließlich zu Beginn immer noch ein Leichtes, den Kontakt einfach wieder abzubrechen. Doch wenn man einige Zeit lang miteinander schreibt, beginnt man, dem Anderen auch persönlichere Dinge anzuvertrauen. Zu diesem Zeitpunkt stellt man sich automatisch die Frage: Kann ich dieser eigentlich fremden Person vertrauen? Ist sie überhaupt die, die sie vorgibt zu sein? Diese Fragen können ausschließlich über soziale Netzwerke nie ganz geklärt werden. So gibt es immer die Möglichkeit, sich mit falschem Namen und Bild als jemand anderes auszugeben. „Ich hatte zuerst Angst, dass meine neue Freundin eigentliche ein Pädophiler sein könnte. Sehr unwahrscheinlich war es nicht, man hört ja oft genug von solchen Fällen.", urteilt auch Leonie M. Doch selbst wenn man sich trotz aller Bedenken dafür entscheidet, der eigentlich fremden Person zu vertrauen, kommen noch weitere Herausforderungen auf die Freundschaft zu.

Auch wenn der neu gewonnene Internetfreund tatsächlich vertrauenswürdig ist, beschränkt sich die Freundschaft meist nur auf die Kommunikation über soziale Netzwerke. Dies bedeutet, dass man sich Nachrichten, Bilder oder Videos schickt, die jedoch deutlich weniger persönlich sind als ein reales Gespräch. Die Folge davon ist, dass es bei Textnachrichten häufiger zu Missverständnissen und somit zu Problemen kommen kann. In normalen Gesprächssituationen sind die Emotionen des Gegenübers klar in seinem Gesicht erkennbar. Sagt man beispielsweise versehentlich etwas Falsches, was den Anderen verletzt, sieht man dies sofort und es ist möglich, das zurückzunehmen und sich zu entschuldigen. Diese direkte Reaktion auf Aussagen fehlt bei Internetfreundschaften jedoch, da nur wenige Menschen es offen zugeben, wenn sie verletzt sind oder sich angegriffen fühlen. Auch Leonie M. hat entsprechende Erfahrungen gemacht: „Einige Nachrichten haben mich schon ziemlich verletzt. Eigentlich wusste ich, dass sie mich nur necken wollte, aber so kam es nicht immer rüber. Wir haben uns immer öfter gestritten. Geendet hat es schließlich damit, dass wir den Kontakt abgebrochen haben." Missverständnisse dieser Art verschlechtern während der Zeit das Verhältnis zueinander, was eine enorme Belastung für eine Freundschaft bedeutet. Ein einfacher Smiley kann Gefühle nur selten ausdrücken und ohne Gefühle wird eine Internetfreundschaft immer nur sehr oberflächlich bleiben und ist letztendlich unmöglich.

Dennoch ist nicht alles an Freundschaften, die über das Internet geschlossen wurden, prinzipiell schlecht. Der entscheidende Punkt liegt in den genauen Formulierungen. Internetfreundschaften scheinen, wie bereits beschrieben, aussichtslos zu sein, da sie nie ganz eine reale Freundschaft ersetzen können. Der Hauptgrund ist, dass die Kommunikation nur über soziale Netzwerke stark eingeschränkt ist. Jedoch müssen sich Internetfreundschaften nicht nur auf diese Form der Mitteilung beschränken. So können sie im Laufe der Zeit auch zu Freundschaften werden, die über das Internet geschlossen wurden. Auf dem ersten Blick mögen diese beiden Ausdrücke gleich klingen. Bei genauerem Hinsehen wird allerdings klar, dass sie sich in einem wichtigen Punkt unterscheiden: Freundschaften, die über das Internet geschlossen wurden, haben ihren Ursprung zwar im weltweiten Netz, sind aber im Gegensatz zu Internetfreundschaften nicht zwingend darauf angewiesen.

Dies bedeutet, dass das erste Kennenlernen zwar über das Medium Internet war, die Freundschaft sich aber im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat. Von regelmäßigen Telefonaten über Videogespräche bis hin zu einem persönlichen Treffen kann diese Entwicklung verschiedene Formen annehmen. „Eine meiner besten Freundinnen habe ich nur durch das Internet kennengelernt.", bestätigt Leonie M. „Wir telefonieren häufig und haben uns auch schon einige Male getroffen. Ich freue mich jetzt schon darauf, sie in den Ferien wiederzusehen. Und bis dahin können wir nicht zuletzt dank des Internets trotzdem in Kontakt bleiben." Je mehr man sich also über andere Wege als Nachrichten kennenlernt, desto tiefer und stärker wird auch die Freundschaft. Der Kontakt wird immer persönlicher, Gefühle können übermittelt werden, und das Verhältnis zueinander verbessert sich dadurch zunehmend. Und ab irgendeinem Punkt in dieser Beziehung hat sich aus der anfänglichen Internetbekanntschaft ein wahrer Freund entwickelt.

Dies soll kein Aufruf sein, fremde Menschen, die man auf sozialen Netzwerken kennengelernt hat, alleine in irgendeinem abgelegenen Park zu treffen. Man sollte sich immer bewusst sein, dass es nicht nur Positives im Internet gibt. Aber es spricht auch nichts dagegen, eine fremde Person langsam mehr kennenzulernen und der Freundschaft eine Chance zu geben, solange man sein eigenes Wohl nicht in Gefahr bringt.

Aus diesen Ausführungen lässt sich ein eindeutiges Fazit ziehen: Internetfreundschaften sind auf Dauer tatsächlich unmöglich, solange sie nur auf der oberflächlichen Kommunikation sozialer Netzwerke aufbauen. Unternimmt man jedoch den Versuch, den neuen Freund auch außerhalb des Internets näher kennenzulernen, ist es durchaus möglich, dass sich eine wahre Freundschaft daraus entwickelt, wie auch die Erfahrungen von Leonie M. bestätigen. Denn letztendlich zählt es nicht, auf welchem Wege man sich kennengelernt hat. Wichtig sind nur die Zuneigung und das gegenseitige Vertrauen.

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