12. Damals (überarbeitet)

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Emma

Miststück.

Ich beiße mir so fest auf die Zunge, dass ich Blut schmecken kann und bohre mir die Fingernägel in die Handflächen, um mich davon abzuhalten, der blöden Kuh vor mir die Faust in das überschminkte Gesicht zu rammen.

Nikki lehnt lässig an der Beifahrertür zu Masons Truck und erklärt mir gerade, dass ich nicht mit ihm fahren kann, weil der Leadsänger einen großen Auftritt hinlegen sollte, wenn er im Club ankommt.

„Du ziehst die falsche Aufmerksamkeit auf dich, Süße", sagt sie gehässig und mustert mein Outfit mit einem angeekelten Gesichtsausdruck. „Mason sollte wie ein Rockstar rüberkommen, nicht wie ein großer Bruder, der ständig auf seine kleine Schwester achten muss."

Was an meinen schwarzen Skinny Jeans im Used-Look und dem Green Day Shirt vermitteln den Eindruck einer kleinen Schwester? Das verdammte Shirt ist so eng, dass meine Brüste richtig hochgedrückt werden und die Jeans sitzt so tief, dass es selbst meinem Dad auffiel, als ich vorhin an ihm vorbeiging. Schnell schiebe ich die Gedanken an meinen Dad beiseite, fasse mir aber unwillkürlich an den Kopf.

Gestern kam er wieder schlecht gelaunt nach Hause und stürzte sich sofort auf die Hausbar im Wohnzimmer. Als meine Mom ihn daran erinnerte, dass sie zu einem Dinner bei Freunden eingeladen waren, brüllte er sie an und nannte sie eine herrschsüchtige Schlampe. Meine Mom zuckte bei der Beleidigung zusammen, lächelte verkrampft und ging in die Küche, wo sie in ihrem Geheimversteck nach ihren Stimmungsaufhellern suchte. Ich wollte mich vorsichtig zurückziehen, doch beim Hinausgehen stieß ich mit dem Arm gegen die Stehlampe, die daraufhin umfiel und zerbrach. Sofort richtete sich der Zorn meines Dads auf mich und er beschimpfte mich als leichtsinnige Göre, die den Wert von Geld nicht versteht. Dann schubste er mich grob aus dem Zimmer und ich knallte mit dem Kopf gegen den Flurschrank. Es erschreckte mich mehr, als dass es weh tat, aber ich rannte sofort aus dem Haus, um mich bei Shane im Baumhaus zu verstecken, wo ich wieder einmal die Nacht verbrachte.

Als ich heute Morgen nach Hause schlich, um mich für das Konzert der Jungs umzuziehen, kam ich an meinem Dad vorbei, der wie immer so tat, als wäre nichts passiert. Er wünschte mir viel Spaß mit den Jungs, musterte mein Outfit jedoch äußerst kritisch und murmelte etwas von Teenagern, die sich wie Flittchen anziehen vor sich hin.

Meine Laune war also bereits gefährdet, bevor ich hier ankam und Nikki mir mitteilte, dass ich nicht gut genug war, um mit Mase zu seinem Konzert zu fahren, obwohl ich immer mit ihm im Wagen fuhr.

Mit ihren barbieblonden Haaren und dem figurbetonten Minikleid, ist sie das genaue Gegenteil von mir, wodurch ich mich immer klobig und unscheinbar in ihrer Nähe fühle. Ich hasse das. Sie ist nun einmal eines dieser Mädchen. Mädchen, die mit anderen Mädchen herumhängen und shoppen gehen, über Jungs kichern und den aktuellen Gossip verbreiten.

Ich dagegen habe hauptsächlich männliche Freunde, mache mir nichts aus Shopping oder Tratsch und kann es nicht leiden, wenn jemand blöd kichert, um damit einem Typen zu gefallen. Ich bin eben lieber einer von den Jungs. Und Nikki lässt mich deutlich spüren, dass ich nicht dazugehöre. Besonders, seitdem sie mit Mase herummacht.

Miststück.

Seit ein paar Wochen, genauer gesagt seit Wade's Party, hängt sie noch öfter in Masons Nähe herum. Ich weiß, dass er manchmal mit ihr herummacht – sie prahlt schließlich vor jedem damit – und sie gerne mit zu seinen Auftritten nimmt, weil Nikki eine ganze Menge Leute in dem Business kennt. Ihr Onkel ist ein hohes Tier in einer Musikagentur und beschafft ihr ständig Konzertkarten für die abgefahrensten Events.

Stuck In Your Head! *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt