Kapitel I - Eine ungewöhnliche Gemeinschaft

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Die Sonne brannte erbarmungslos auf die Straßen und Häuser von Port Royale. Keine einzige Wolke bedeckte den strahlend blauen Himmel, obwohl etwas Regen den vielen grünen Pflanzen der Stadt sicher gut tun würde. Während die Adligen mit ihren Fächern und Schirmen sich die Hitze vom Leib hielten, mussten die Armen schauen wo sie blieben. Genau wie ich.

Man könnte meinen, dass ich mich nach drei Jahren an die Hitze gewöhnt haben sollte, aber dem war es ja offensichtlich nicht so. Ich hielt mich in den Schatten von Häusern und Palmen, aber ich musste vorsichtig sein. Ich war nicht gerade beliebt unter der Marine, aber das sollte sich in ein paar Wochen ändern. Aber nicht zum Positiven.

Da die Hitze langsam unerträglich wurde, beschloss ich zum Hafen zu gehen. Die vielen Palmen und das kühle Wasser würde der Wärme auf meinem Körper bestimmt Linderung verhelfen. Ich saß also kurze Zeit abseits des Hafens auf einer knorrigen, schiefgewachsenen Palme und ließ die nackten Füße in den sanften Wellen baden. Dies war mein Lieblingsort, abseits des Trubels in der Stadt, aber mit gutem Ausblick auf dem Hafen. Irgendwann, da war ich mir sicher, würde ein großes Schiff mit einem galanten Kapitän anlegen, der sich in mich verliebt und in die große, weite Welt mitnimmt.

Aber heute war dieser Tag nicht, im Gegenteil. Nur Handelsschiffe mit fetten, hässlichen Kapitänen legten an um ihren schlechten Wein zu verkaufen. Auch wenn es einen besonderen Blickfang diesen Tag gab. Ein Schiff, nein eine Nussschale, die einen Schritt vor dem Holzsteg absoff. Der Möchtegernkapitän hatte es zu meinem Verwundern sogar noch an Land geschafft, was zwar nur ein großer Schritt gewesen war, aber wie sich der Mann verhielt war er sturzbetrunken.

Ich seufzte. Erbärmlich.

Ich blieb noch kurz an der Palme, bis mir wieder einfiel, dass heute die große Zeremonie zu Beförderung von „Irgendein militärischer Rang" Norrington war. Normalerweise würde ich zu so einem aufgeblasenem Schwachsinn nicht hingehen, aber zwei verlockende Sachen trieben mich zum militärischen Stützpunkt von Port Royale. Meine Freundinnen Bonnie und Marianne zu treffen und die Aussicht auf Beute. Große Zeremonien ergaben viele Reiche und viele Reiche ergaben Schmuck, edle Tücher, und Münzen.

Nach wenigen Minuten hatte ich mich durch das Gewirr der Stadt und ihren Einwohnern zum Stützpunkt gekämpft und hielt nun Ausschau nach bekannten Gesichtern. Doch ich wurde schneller gefunden als sie. Eine kraftvolle Umarmung drückte mich beinahe zu Boden und ich wusste sofort, dass diese starke und doch sanfte Begrüßung nur Marianne gehören konnte. „Freue mich auch dich zu sehen...", keuchte ich.  „Und jetzt... las mich bitte los..."
Sofort zogen sich die schlanken, muskulösen Arme zurück.

Meine Freundin kicherte leise und strich sich eine hellblonde Strähne aus den braunen, warmen Augen. Marianne war mit Abstand die Schlauste, Schnellste und Leiseste von uns. Mit uns meine ich mich, Marianne, Bonnie und das Neuste „Mitglied" Phönix Cati.

Jeder von uns hat seine eigene, schmutzige Vergangenheit, seine eigenen Stärken und seine eigene Weise uns zu bereichern. Wir vier wohnten in einem verlassenem Herrenhaus, hegten dort unseren kümmerlichen Besitz und nahmen dort auch „Aufträge" an. Ich und Marianne sind begnadete Diebe, auch wenn ich mehr Richtung Taschendieb bin und sie sich die härteren Nüsse schnappt. Bonnie verwaltet das Haus und seine Schätze, spielt in den höheren Kreisen mit und ist eine Art Spion. Während wir erst mit den kriminellen Tätigkeiten angefangen haben, als wir drei uns schon zusammen geschlossen hatten, kam Cati über die Arbeit zu uns. Wir hatten einst einen feindlichen Dieb, der uns Probleme bereitet hatte. Einst...                                                                                                                                                                            Marianne und Bonnie hatten sie engagiert und nachdem der Job getan war, blieb sie bei uns.

Ich hasse das Töten und habe noch niemanden umgebracht und werde das auch niemals tun, also hatte ich erst etwas Bedenken, als wir einen Auftragsmörder bei uns aufnahmen. Wie dem auch sei, Phönix Cati hat sich gut bei uns eingelebt und ich sehe sie eh kaum, was daran liegt das sie meistens nur nachts arbeitet.

„Weist du, ob Bonnie auch hier ist?", fragte ich Marianne und sah mich um.                                                                                                                                                                                      „Denke schon. Wenn sie ihren Einfluss bewahren möchte, muss sie hier irgendwo sein."

Kaum hatte meine Freundin geantwortet, löste sich aus dem Menschenmeer die dritte im Bunde. Bonnie war die Vernünftigste von uns und gesegnet darin, die besten Gerichte aus einfachen Zutaten zu zaubern und selber Rum zu brennen. Für Außenstehende sind das eher uninteressante Eigenschaften, aber das täuscht. Apropos Täuschen... Bonnie ist die die Beste der Besten im Verschleiern der Wahrheit. Sie verführt nicht, sie täuscht und webt ihr Spinnennetz aus Menschen. Sie ist eine Intrigenspinnerin, keine Hure!                                                                                                                                                                                                           Auch jetzt wirkte sie mit einem einfachen weißem Kleid, billigen Handschuhen, einer einfachen Frisur ihres dunkelbraunen, glänzenden Haares und einem gestohlenem Schirm wie eine echte Lady. Sie hatte weder den kerzengeraden Gang noch die zeitweilige Freundlichkeit von Marianne, aber sie sprach als Einzige von uns komplett akzentfreies, klaren, höfisches Englisch. Worte sind also doch oft stärker als Taten.

Marianne begrüßte unsere Freundin genauso übermütig wie mich, aber ich hielt es bei einem schlichtem „Hallo". Bonnie nickte uns beiden höflich zu und ihre kalten, dunkelbraunen Augen huschten schnell von mir zu Marianne und wieder zurück.

Wir zogen uns in eine stille Ecke zurück und steckten die Köpfe zusammen.                                                                                                                                                                     „Gut, wie genau nutzen wir das hier jetzt nochmal aus?", fragte ich. Marianne schlug mir gegen den Hinterkopf und Bonnie seufzte entnervt. „Du schleichst dich unter die reichen Frauen und stiehlst, Marianne versucht es sich an den Männern und ich schleime mich bei Commodore Norrington ein. Was. Daran. Hast. Du. Beim. Ersten. Mal. Nicht. Verstanden?!"                                                                                                                                                                   „Okay, okay. 'Tschuldigung."

Wir teilten uns auf und gingen unserem Handwerk nach. Ich ließ meine Finger so unauffällig wie möglich spielen und hatte schon etwas angehäuft, als ich einen Schrei von den Mauern hörte. Ohne groß nachzudenken, rannte ich zu den Mauern, wo auch schon Bonnie und Marianne standen und über die Mauern schauten. Ich zwängte mich zwischen sie und schaute hinab. Ein Mann kämpfte mit den Wellen, er trug eine bewusstlose Frau über den Schultern. Ich erkannte, dass es sich bei der Frau um Lady Elizabeth Swan handelte und ich hatte das Gefühl auch schon dem Mann begegnet zu sein.

War das nicht der Idiot, der sein Boot kurz vorm Hafen verloren hatte?

Ich schaute weiter zu, wie Besagter sich an das Deck eines großen Schiffes hievte und Elizabeth dort ablegte. Wenige Sekunden später hatte sich dort auch die Marine eingefunden und verhörten den Mann. Leider konnten weder ich noch meine Freunde hören um was es ging. Aber offensichtlich wollte die Marine ihn tot sehen, denn sie richteten ihre Gewehre auf ihn.

Ein Verbrecher also. Vielleicht ein Mörder oder Vergewaltiger? Könnte es sein, das er..., das er ein Pirat war? Nein. Ein echter Pirat hatte ein großes, mächtiges Schiff und eine große, schreckliche und gefürchtete Crew.
Ich wollte schon desinteressiert gehen, als ich sah, dass der Mann Elizabeth geschnappt hatte.

Irgendetwas musste er gesagt oder getan haben, denn plötzlich sprang er ohne jegliche Vorwarnung hoch und schleuderte sich mehr oder weniger von dem Schiff und verschwand. Ich sah fassungslos zu meinen Freunden, die nicht minder geschockt waren.
„Wer...", fing ich an.

„War das und können wir ihn haben?", beendete Marianne meinen Satz und ich grinste sie verschwörerisch an.

Das Verlangen der See (Fluch der Karibik FanFiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt