7. Kapitel

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Meine wunderschöne Ruhe wurde viel zu früh durch Liron unterbrochen. Aber ich konnte ihm verzeihen, da er mich zum Essen rief. Und was für einen Hunger ich doch hatte! Ich raffte mich zusammen und trottete dem leckeren Essensgeruch nach gebratenem Fleisch hinterher zum Essplatz. Es bestand aus einem ziemlich kleinen Tisch an dem sich schon fünf Jungs zusammenquetschten. Ich setzte mich an den einzig freien Platz, zum Glück neben Liron und betrachtete die Suppe die vor mir stand. Also doch kein Fleisch heute. Schade. Mein Magen knurrte und ich stürzte mich auf meine Suppe. Auch die anderen begannen zu essen. Nach kurzer Zeit fing Liron plötzlich an zu lachen. Irritiert sah ich auf und bemerkte, dass mich alle anstarrten. "Sag mal Liron, wie lange hast du das arme Mädchen nicht gefütter?", fragte Red und Liron antwortete kichernd: "Zwei Stunden, aber sie ist so verfressen, dass sie eh immer hungrig ist." Wie peinlich. Danke Liron. Ich widmete mich schweigend und diesmal langsamer essend meiner Suppe.

"Nein!", schrie ich wie schon viele Male zuvor. Auf gar keinen Fall! "Ach komm schon! stell dich nicht so an!", beschwerte sich Liron, "sie tuen dir schon nichts!" "Vergiss es! Ich schlafe auf gar keinen Fall mit DENEN in einem Raum! Ich kenne sie gerade mal seit drei Stunden!" Ich konnte es nicht fassen. Liron wollte mich tatsächlich mit diesen vier Typen in einem Raum schlafen lassen. Ich meine die könnten mir alles mögliche antun! Auf gar keinen Fall! Das kann der vergessen! "Na gut dann schlaf halt im Wohnzimmer!", gab er endlich nach. "Vor dem Kamin", fügte ich hinzu und er antwortete: "Gut, dann halt vor dem Kamin" "Mit dir" "Bitte, was!? Warum denn das jetz?!" "Weil du mich beschützen musst!" "Beschützen!? Was soll dir denn bitte passieren?" "Ich traue denen nicht..." "Das sind meine Freunde, die tuen dir schon nichts." Als ob ich das glauben würde! "Du schläfst im Wohnzimmer vor dem Kamin. Allein", sagte er bestimmend und ließ mich einfach stehen. Na gut Liron, so einfach gebe ich mich nicht geschlagen. Zeit für Plan B! Vorsichtig schlich ich zu meiner Tasche und kramte mein Buch hervor. Wenn er nicht will, werde ich ihn einfach zwingen. Ich weiß es ist falsch, aber ich werde ganz gewiss keine Beute für diese Typen werden! Ich schlug das Buch auf der Seite auf, auf der das Geschriebene aufhörte und setzte mit dem Stift an:

Doch als Liron mehr darüber nachdachte, entschied er sich um. Was wenn sie doch Recht hatte? Was wenn seine Freunde sich doch nicht beherrschen konnten? Schließlich sahen sie Mädchen nicht gerade oft... Er drehte sich um und ging zurück zu Sienna um ihr seine Entscheidung mitzuteilen. Er wird in der Nacht doch bei ihr bleiben!

Schnell packte ich das Buch weg. Liron sollte es auf gar keinen Fall sehen. Gerade rechtzeitig lag es in meinem Rucksack sicher verpackt ehe Liron um die Ecke kam. Ich sah ihn gespannt an. Hat es funktioniert? Er stellte sich vor mich und sagte: "Also... ich habe nochmal darüber nachgedacht. Du hast Recht. Ich bleibe bei dir, wenn es in Ordnung ist." Ich strahlte. Es hatte funktioniert! Ich liebe dieses Buch! Es hatte funktioniert! Er bleibt bei mir! "Na dann machen wir uns schlafbereit!", rief ich.

Mitten in der Nacht wachte ich auf, da ich seltsame Geräusche hörte. Verschlafen richtete ich mich auf und hörte genauer hin. Seltsam. Draußen hörte man eine Art Schritte und leises klappern. Ich schlich mich zum Fenster und sah vorsichtig hinaus. Nichts. Aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass da etwas war. Ich schloss die Augen und hörte noch mal genauer hin. Klappern. Ich sollte besser Liron wecken... das gefällt mir nicht. So leise wie möglich schlich ich zu Liron, der auf dem Boden auf mehreren Decken schlief. Ich weckte ihn und flüsterte eindringlich: "Liron wach auf! Wir haben ein Problem!" Vollkommen verschlafen streckte er sich. Wie süß! Nein Sienna, konzentriere ich! Das hier ist jetzt wichtiger! "Liron ich glaube draußen ist jemand" Plötzlich riss er die Augen auf und war hellwach. "Ganz sicher?", fragte er und ich antwortete ebenso leise: "Ja, ganz sicher!" Sofort war er auf den Beinen und schlich zum Fenster. Nach einem kurzen Blick, schnappte er sich unsere Rucksäcke und gab mir meinen. Dann zog er sich schnell Schuhe und Jacke drüber während ich das selbe tat. Unsere normalen Anziehsachen stopfte er in seinen Rucksack. "Folge mir", wies er mich leise an. Wir schlichen zu einer Leiter die auf den Dachboden führte, auf dem die Jungs schliefen.  Nacheinnander stiegen wir hinauf. Ich sah auf dem Boden unförmige Deckenhaufen herum liegen und machte mich sofort daran sie leise aufzuwecken, indem ich sie ordentlich durchschüttelte. "Wach auf! Draußen ist jemand, wir müssen hier weg!", flüsterte ich eindringlich und die in Decken eingemurmelte Person wachte auf. Ich wartete gar nicht erst, sondern eilte sofort zum nächsten Bett. Plötzlich hörte man lautes Geklapper. Oh nein. Schnell weckte ich die letze Person auf und wir standen still da und bewegten uns nicht. Das Geklapper wurde nicht leiser und zusätzlich dazu hörten wir Schritte. Einer der Jungs, ich konnte in der Dunkelheit nicht erkennen wer, schlich zu einem winzigen Fenster in der Wand. Dabei passte er auf sich den Kopf nicht and er niedrigen Decke zu stoßen. "Wachen. Sie haben uns umzingelt", flüsterte er. Verdammt! Um das Buch zu benutzen ist es zu dunkel und wenn die Wachen Licht sehen, sind wir verloren. Wir schwiegen bis wir die Holztür der Hütte knarzen hörten. Die Wachen würden hinein kommen. Auch wenn sie verschlossen ist, lange wird es sie nicht aufhalten. "Sie wissen nicht dass ihr hier seit", sagte einer der Jungs und ging zu einem Deckenhaufen. Dort zog er ein langes Schwert hervor. "Wir werden sie ablenken und ihr flieht. Es gibt hier eine Dachluke." "Was ist mit euch?", fragte ich. "Wir kommen schon klar. Du bist unsere Hoffnung wieder nach Hause zu kommen. Mach was drauß." Die vier Jungs holten ihre Waffen und kletterten die Leiter nach unten. Das Poltern an der Tür wurde immer lauter, berstendes Holz war zu hören. "Hier", flüsterte Liron plötzlich und ich schlich zu ihm herüber. Gemeinsam stemmten wir die Luke hoch, als von unten plötzlich lautes Klappern und das Klirren von aufeinander schlagenden Waffen zu hören war. Sie sind da. Liron half mir durch die Dachluke zu kommen und ich legte mich flach aufs Dach. Von hier aus konnte ich die kleine Menge an Wachen sehen. Etwas weniger als 10 Wachen waren am Eingang und eine Menge um das Haus herum verteilt. Ich vermutete so um die 20 insgesamt. Keine große Menge, aber definitiv zu viele um sie zu überwältigen. Ich sah wie Liron zu mir auf das Dach kletterte und aus seinem Rucksack ein Seil heraus kramte. Wie auch immer das da hinein kam... Mit geschickten Händen wickelte er es sich um die Hand und setzte den Rucksack wieder auf. Gespannt verfolgte ich das Szenario. Was hatte er nur vor? Als Meisterdieb hatte er sicherlich einen Plan! Ich sah, dass an dem Ende des Seils irgendetwas angebunden war. Liron warf das Seil lässig über die kleine Lichtung zu einem Baum. Es blieb wie durch zauberhand stecken. Das andere Band er über einen Schornstein, den ich erst jetzt bemerkte. Seit wann war da ein Schornstein?!  Das Seil spannte sich. Und jetzt? Ich balanciere da ganz sicher nicht rüber! Plötzlich drückte mir Liron einen Stofffetzten in die Hand. Er nahm sich selbst auch eines und legte es um das Seil. Und da machte es Klick. Liron hatte eine Art Seilbahn gebaut! Jetzt verstehe ich! Ich machte ihm nach und er bedeutete mir hinunterzurutschen. Ich nickte und betrachtete die Strecke. Die Hütte war zwar nicht gerade hoch, aber dennoch hatte ich ein unbehagliches Gefühl im Magen. Augen zu und durch! Los, Sienna! Ich stieß mich ab und musste einen Schrei unterdrücken als ich das Seil hinabraste. Der Baum kam immer näher und ich hatte keine Möglichkeit zu bremsen. Mit voller Wucht knallte ich dagegen und flog zu Boden. Autsch... Liron landete locker neben mir und zog einige Mal am Seil, ehe er es komplett in der Hand hielt. Wie hatte er das nur gemacht?! "Schnell, wir müssen hier weg!", flüsterte er eindringlich und zog mich hoch. Trotz Schmerzen im gesamten Körper raffte ich mich auf und lief ihm hinterher. Wir mussten hier weg. Hoffentlich schafften es die vier Jungs da drin.


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