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Schmerz war wohl eines der Dinge, die Dean Winchester in seinem Leben am öftesten am eigenen Leib gefühlt hatte. Er hatte Schmerz gefühlt, weil jemand ihn folterte, er hatte Schmerz gefühlt, weil jemand ihm ein Messer in den Oberschenkel gestochen hatte, er hatte Schmerz gefühlt, weil jemand ihn verprügelt hatte, er hatte Schmerz gefühlt, weil ein geliebter Mensch gestorben war, er hatte Schmerz gefühlt, weil sein Vater sich nicht um ihn gekümmert hatte, er hatte Schmerz gefühlt, weil ein Vampir seine Reißzähne in seinen Hals gebohrt hatte.
Doch der Schmerz, den er momentan fühlte, war so stark, dass er kaum damit umgehen konnte. Es fühlte sich an, als würde sich ein Messer mit seiner scharfen Spitze immer wieder in sein Herz bohren und zustechen – so lange, bis lauter kleine Löcher in seinem Herz vorhanden waren und sich der Herzbeutel mit Blut füllte.


Der Schmerz steckte tief in seinen Knochen. Dean konnte ihn bis ins Mark spüren. Jede noch so kleine Bewegung verlangte ihm so viel ab, dass er, selbst wenn er sich nur ein wenig aufsetzte, so erschöpft und außer Atem war, als hätte er gerade eben fünfzig Sit Ups gemacht. Es setzte ihm nicht nur die physische Qual zu, auch der psychische Schmerz tat seinen Teil dazu, dass er kaum noch einen vernünftigen Gedanken fassen konnte. An die meisten Gespräche vor ein paar Stunden konnte er sich nicht mehr erinnern. Wohl wusste Dean, dass er mit Cas ein längeres Gespräch geführt hatte, doch er konnte sich an keine Details mehr erinnern. Es war wie im Delirium. Ihn selbst hatte es hart getroffen, dass es nun tatsächlich so schnell bergab mit ihm ging. Er hatte gehofft, dass Rowena ihm zumindest ein wenig Zeit gegeben hatte, dass die Symptome langsam einsetzten, doch das Gegenteil war der Fall. Offenbar wollte sie ihn so schnell wie möglich los werden. Das T-Shirt, das er trug, war vollkommen nassgeschwitzt. Es klebte an Deans Körper wie eine zweite Haut, doch er hatte nicht mal genug Kraft, um es auszuziehen und es zu wechseln.
Diese Krankheit war vollkommen neu für Dean, er wusste nicht, was als Nächstes kam oder ob es sich noch verschlimmern würde – letzteres konnte er sich allerdings kaum vorstellen. Sein Kopf tat höllisch weh, so als ob er jede Minute explodierte. Seine Beine fühlten sich so schwer an, als wären sie aus Blei. Er schwitzte bei jeder noch so kleinen Bewegung und er fühlte sich so heiß an, als hätte er Stundenlang in der Sauna verbracht. Die Müdigkeit in ihm kroch so sehr in seinem Körper hoch, dass er gar nicht so viel schlafen konnte, um die Erschöpfung auszugleichen. Noch dazu kam die ständige Sorge um Cas und Sam und die Tatsache, dass er sie nie wiedersehen würde.


Plötzlich schossen Fetzen von Erinnerungen in seinen Kopf. Teile des Gesprächs, das er mit Castiel geführt hatte. Er spürte die Hand von Cas, wie sie seine umschlossen hatte.
Hatte er ihm, benebelt von der Krankheit, gesagt, was er für ihn fühlte? Nein. Das würde er nicht tun. Selbst wenn er sterbenskrank war, würde er es niemals zulassen, seine Gefühle zu offenbaren – schon gar nicht diese Art von Gefühlen. Er musste es mit einem Traum verwechseln.
Es war ihm natürlich bewusst, dass Cas und Sam gerade alle Hebel in Bewegung setzten und alles versuchten, um ihn zu retten. Doch Dean wusste, dass das zwecklos war, immerhin gab es so ziemlich nichts und niemanden, der die Flüche oder die Magie von Rowena vereiteln konnte. Natürlich konnte er in gewisser Weise das Handeln der Beiden nachvollziehen – Dean selbst würde nichts unversucht lassen, ginge es um Sam oder Cas, die anstelle von ihm diese Krankheit hatten. Er drehte seinen Kopf auf die Seite, um auf die Uhr zu schauen. Es war später Nachmittag ... nicht mehr lange, und Henoch würde wieder antanzen und eine Entscheidung wegen des Mals erwarten.


„Ich muss sagen, dass mich der Anblick eines todkranken Dean Winchesters gar nicht so sehr erfreut, wie ich erwartet hatte", just in dem Moment, als Dean an das Mal und die erste Klinge gedacht hatte, erschien Crowley in seinem Zimmer und musterte ihn so genau, als hätte er ihn nie zuvor gesehen.
Instinktiv wollte Dean nach seiner Pistole greifen, doch das würde gegen Crowley ohnehin nichts nützen und zweitens würde er es – langsam, wie er aufgrund des Krebs war – ohnehin nicht rechtzeitig schaffen, bevor Crowley ihm die Pistole vor der Nase wegschnappte.
„Was.... was verdammt nochmal... willst du hier, Crowley?", Dean sprach langsam und kraftlos.
Crowley ging in seinem Zimmer auf und ab und inspizierte die Schubladen und Schränke aufs Genaueste, fast so, als würde er etwas suchen.
„Oh, ich wollte nur sehen, wie es dir geht", mit einem Finger fuhr er über ein Regal und vergewissterte sich, ob sich Staub darauf befand, „wie ich sehe, bist du das blühende Leben."
Angesichts Deans' aschfahler Gesichtsfarbe und seinen dunklen Ringen unter den Augen war natürlich das absolute Gegenteil der Fall.
„Fick dich", gab Dean offensiv zurück.
Crowley verzog seine Mundwinkel nach unten und zuckte mit den Schultern. „Oh, nein Danke. Dafür habe ich Personal."
Dean rollte verächtlich mit den Augen und schnaubte. Was zum Teufel wollte er hier? Er hatte ihn nicht gerufen und Hilfe würde Crowley ihm ja wohl kaum anbieten.
Plötzlich öffnete sich die Tür von Deans Zimmer und sowohl Sam, als auch Cas traten ein. Sofort fiel ihr Blick auf Crowley, der sich umdrehte und lachte.
„Castiel, Föhni", er nickte ihnen zu und schob sich anschließend einen Stuhl unter seinen Hintern.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 05, 2017 ⏰

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