Kapitel 5

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Der Wald lag still in der aufgehenden Morgensonne. Tautropfen hatten sich gebildet und liessen die Bäume und Sträucher glänzen. Feiner Nebel wand sich durch die Baumwipfel und erstrahlte im hellen Licht der Sonne. Es hätte ein friedlicher Morgen werden können, aber das Schicksal, hatte anderes vor. Im Schatten der Bäume stand ein blasser Junge, der gerade einen braun-silberner Bogen erhob. Langsam legte er den schmalen Pfeil an und zielte auf einen bunten Strauch indem sich offensichtlich etwas bewegte. Ein leises Sirren ertönte, bevor der Pfeil mit einem dumpfen Geräusch sein Ziel fand. Sichtlich zufrieden liess der Junge seinen Bogen sinken und ging mit leichten Schritten in Richtung seines Opfers.  Er kniete nieder und holte den toten Hasen aus dem Dickicht, als Schritte hinter ihm erklangen.

"War das wirklich notwendig Naikyl? Ich habe noch genügend Proviant bei mir, den ich auch teilen kann. Falls du möchtest?" Fügte Siana schüchtern an.
"Wenn du mit mir reist, werden wir es auf meine Weise machen. Und bitte sei leise, es gibt vieles in diesem Wald, das besser ruhen sollte kleine Elbentochter. Wir sollten genug Proviant bei uns haben, wenn wir das Herz des Waldes erreichen." Antwortete Naykil und stand auf.
"Was meinst du mit dem Herz des Waldes? Und warum brauchen wir für dies genügend Proviant? Und ausserdem bin ich nicht klein!" Siana betonte die letzen Worte besonders stark.
"Natürlich bist du klein, du bist selbst für ein Halbblut winzig. Du könntest dich schon fast dem Feenvolk anschliessen." Entgegnete er mit einem spöttischen Grinsen, ohne auf ihre Fragen einzugehen. Während er sprach, war er ein Schritt auf sie zugekommen und nun sah man den Grössenunterschied recht deutlich, sie kam ihm nicht einmal bis zur Schulter. Siana fühlte sich nicht wohl, er stand ihr viel zu Nahe für einen Fremden, doch wenn sie zurückwich, wäre das ein Zeichen von Schwäche und sie würde ihm diesen Triumph nicht gönnen. Als er dann wieder zurückwich und in Richtung ihres Nachtlagers ging, seufzte Siana erleichtert. Hatte dieser Junge nie etwas von Anstand oder Höflichkeit gehört, fragte sie sich. Wobei, er hatte ein Titel, das müsste bedeuten er wäre unterrichtet worden oder er hatte einfach nie aufgepasst. Sie musste ihn einmal danach fragen und auch fragen, wohin sie überhaupt gingen? Warum war sie immer diejenige, die keine Ahnung hatte, weil niemand es für wichtig erachtete, sie zu informieren? Ihre Gedanken wurden aber von einem Ruf unterbrochen: "Kleine Elbentochter, ich möchte aufbrechen, beeil dich! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit um zu träumen."
"Jaja" murmelte sie und folgte ihm. "Könntest du mir aber wenigsten verraten, wohin wir gehen? Ich bin es mir leid, immer die Unwissende zu sein."
Er drehte sich zu ihr um. Mit einem leichten Lächeln antwortete er:

"Der Eingang bin ich zu der Stadt der Schmerzen,
Der Eingang bin ich zu den ew'gen Qualen,
Der Eingang bin ich zum verlor'nen Volke.
Laßt, die ihr eingeht, alle Hoffnung fahren."

"Die Hölle gibt es hier auf Erden nicht" Erwiderte Siana.
"Nicht ganz aber fast, wir gehen nach Sgailelaoch, die Stadt der Intrigen, des Verrats und des Königshof der Menschen oder kurz gesagt: die Hauptstadt. Und dafür müssen wir zuerst durch den Wald kommen, besonders durch  den Dubhar, das Königreich der Schatten und verlorener Träume." Sagte Naikyl nun ernst. Doch bei den letzten Sätzen tauchte wieder ein Lächeln auf seinen Lippen auf. "Bist du bereit, dich in die Schatten und in verlorene, zerbrochene Träume zu stürzen?"

***

Sie waren nun schon einige Stunden schweigend unterwegs. Immer langsamer kamen sie voran, denn mit jedem Meter wurde der Wald dichter und finsterer. Zweige knackten unter ihren Füssen, Dornen verfingen sich in ihrer Kleidung und verkratzten ihre Haut, Brennnesseln hinterliessen rote Flecken und Äste schlugen ihnen ins Gesicht. Es war ansonsten ruhig, zu ruhig. Gerade als sie ein riesiges Dornenfeld erreichten, sah Siana aus ihren Augenwinkel heraus, Schemen zwischen den Bäumen umherhuschen.  Mit vor Kälte zitternden Fingern griff sie nach ihrer Kette, die auf ihrer Haut brannte. Naikyl, der vor ihr gegangen war, hatte sich zu ihr umgedreht. Seine Augen weiteten sich, als sein Blick auf den Gegenstand in ihrer Hand fiel. Mit zwei schnellen Schritten war er bei ihr und riss ihr die Kette vom Hals die nun glühte. "Woher hast du diese Kette?" Fuhr er sie an. "Weisst du welche Kraft sie birgt Siana?"
"Was weiss ich schon! Ich habe sie von einer alten Händlerin bekommen, welche sagte, dass ich die Kette gut gebrauchen könnte." Fauchte sie zurück.
"Du bist ja wirklich so intelligent, wie du aussiehst!" Gab er zurück.
"Das sagst ausgerechnet du! Von dir habe ich auch noch nicht viel schlaues gehört. Und ausserdem, wie soll ich etwas darüber wissen, wenn niemand es für notwendig hält, mir auch nur irgendetwas über Wesen und Magie beizubringen." Siana schnappte nach Luft als sie Rede beendet hatte. Doch gerade als Naikyl den Mund öffnete, durchbrach ein Sirren die Stille. Gut zwanzig Pfeile flogen auf sie zu. Instinktiv hob Siana die Hände vor ihr Gesicht, Naikyl hatte sich  wieder in einen Wolf verwandelt. Doch kein dumpfer Einschlag ertönte, noch ein Schmerzensschrei. Siana, die es nun wagte, die Hände runterzunehmen, erkannte wie sich die Pfeile in Rauch auflösten. Aber dann wurde alles schwarz.

***

Ein leises Hecheln an ihrem Ohr liess Siana aufschrecken. Über ihr stand ein grosser weisser Wolf, welcher sich nun langsam verwandelte.
"Na, wollte Dornröschen auch endlich aufwachen?"
"Sei still! Was ist eigentlich genau passiert?" Fragte sie.
"Nachdem du ohnmächtig wurdest, habe ich sie vertrieben. Es waren nur einige Schattenfeen, die ein wenig Angst vor uns Eindringlingen hatten. Aber was du getan hast, war reiner Wahnsinn. Man wirkt nicht einfach ein Zauber dieser Stärke, du hast ja gesehen, wie viel Energie dies raubt, du könntest dabei sterben!" Antwortete Naikyl.
"Schön dass du dir Sorgen um mich machst." Sagte sie spöttisch.
"Ich möchte einfach nicht mitverantwortlich sein für den Tod eines Mitgliedes der mächtigsten Elbenfamilien." Entgegnete er leise.
"Was hast du gesagt?" Fragte Siana. "Der mächtigsten Familien? Wenn das so wäre, warum habe ich niemals gelernt mit diesen Kräften umzugehen? Weshalb wäre ich dann nicht dem Hof vorgestellt worden? Es ergibt keinen Sinn."
"Vielleicht bist du ein Bastard. Oder du bist nur sehr entfernt verwandt. Aber die Tatsache, dass du höhere Magie auch wenn unkontrolliert gebrauchen kannst, ist ein ganz klares Zeichen dafür. Denn nur die Adligen der Elben beherrschen diese Form der Magie. Ich hatte gestern schon einen Verdacht, dass du mehr als eine gewöhnliche Elbe bist, aber höchstens eine mehrbessere Bürgerin, aber du bist ziemlich sicher aus dem Adelsstand." Sagte er.
"Aber warum hat der Ring, den du mir gestern gegeben hast,  meine Kräfte nicht unterdrückt?" Fragte Siana zögerlich.
"Stimmt, er müsste eigentlich jegliche Form der Magie des Trägers blockieren, es ist auch mir ein Rätsel." Er raufte sich die Haare. "Irgendetwas ist mir bei dieser Sache nicht geheuer, ich glaube es wird Zeit für einen Besuch bei einer alten Freundin." Sagte er. "Auf in die Festung der Schatten, und verlorener Hoffnung. Auf nach Lasair!













Ein grosses Dankeschön an alle, die sich das Lesen dieser Geschichte antun. Als ich die vorderen Kapitel nochmals gelesen habe, habe ich bemerkt wie viele grammatikalische Fehler es hat oder Typos, also falls ihr welche entdeckt (also ziemlich sicher), schreibt es mir bitte in die Kommentare. Und auch sonst sind Verbesserungsvorschläge jederzeit erwünscht.

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