Kapitel 9

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Als das Stadttor hinter ihnen schloss atmete Siana erleichtert auf. Naikyl warf ihr einen belustigten Blick zu. "War es denn wirklich so schlimm?" Fragte er sie, seinen Blick auf den Weg vor ihnen gerichtet. "Hast du denn nicht das Gefühl, dass sie immer in deinem Kopf nach Geheimnissen durchstöbert hat, das Gefühl das sie deine Gedanken, deine Sehnsüchte und Hoffnungen liest oder raubt?" Antwortete Siana. "Ja." Sagte er simpel und liess so das Gespräch versterben. Der Wald umschloss sie wieder und nach einer kurzen Zeit, war nichts mehr von der Stadt zu hören, alle Geräusche verschwanden und liessen sie allein in diesem immer dichter werdenden Wald. Der Wald in diesem Königreich erschien ihr absterbend, nicht lebendig, ohne Tiere oder deren Geräusche, nur die dunklen hohen Bäume und Dornranken die ihren Weg zwischen den Bäumen hindurch frassen. Die Pferde, die sie ritten hatten ihre Nüstern gebläht und die Ohren angelegt, sie teilten ganz klar die Nervosität ihrer Reiter. Die Stadt hinter ihnen wurde einige Momente später gänzlich von der Dunkelheit des Waldes verschluckt.

***

Gegen den Mittag hin, öffnete sich der Wald, vereinzelte Sonnenstrahlen fielen durch das Blätterdach und liess einige noch feuchte Pflanzen im Licht glitzern. Der Pfad wurde breiter und es gab kaum mehr Äste die ihnen ins Gesicht schlugen. Und nach einigen weiteren Metern löste sich der Pfad auf einer Lichtung auf. Hier hatte man im Gegensatz zu vorhin viele Tiere, Biene gingen summend fleissig ihren Beschäftigungen nach, Schmetterlinge tanzten über die violetten Blüten hinweg und es war schon fast wie in einem Märchen. Aber auch nur fast, in einem Märchen hätte man eine nettere Begleitung, dachte sich Siana. Naikyl war der ganze Weg bis hierher schlecht gelaunt oder mürrisch gewesen. Entweder war es so gewesen, weil sie zu langsam geritten war oder weil sie ein Gespräch aufzubauen versucht hatte, aber er nur Ruhe wollte. Und als sie ihn noch gefragt hatte, ob auch er zuwenig Schlaf gehabt hatte, da war er dann vollständig eingeschnappt gewesen. "Lass mich in Ruhe!" Hatte er mit zusammen gepressten Zähnen gesagt und war von da an immer rund zehn Meter vor ihr geritten.

Doch nun war er es der die Stille durchbrach. "Wir haben die Ley erreicht." Sagte er, ohne zu ihr zu schauen. "Was meinst du mit Ley?" "Ley bedeutet Lichtung, und was uns hier interessiert sind die Ley-Linien." Antwortete er ihr. "Mit ihnen kann man weite Strecken überwinden in kürzester Zeit." Erstaunt sah sie ihn an. "Bedeutet das, das wir von irgendeinem Ort innerhalb von Sekunden zum anderem Reisen können, oder beschleunigt es einfach unseren Ritt? Wie funktioniert dies genau?" Fragte Siana ihn. Er lachte leise und sagte darauf hin: "Es ist wirklich ein spezielles Erlebnis, im ersten Moment bist du noch hier und daraufhin plötzlich an einem anderen Ort. Es braucht aber ein bestimmtes Ritual im die Linien zu aktivieren, und du kannst auch nur an Orte auf der Linie reisen." Er stieg von seinem Pferd ab und führte es zu einem Stein, der Siana bis dahin nicht aufgefallen war und forderte sie mit einer Handbewegung auf, es ihm gleichzutun.

Der Stein war auf keine Weise besonders gross oder farbig, ein ganz normaler Findling war es, bis auf einige eingeritzte Rillen, die erst beim zweiten hinsehen als solche erkannt wurden. Aus seinem Gurt zog Naikyl ein Dolch und ein kleines Fläschchen, das eine rote Flüssigkeit enthielt. "Pass auf, was ich mache," sagte er leise zu Siana. Mit dem Dolch stach er in seinen linken Ringfinger und liess das Blut in die oberste Rille tropfen, danach hielt er mir den Dolch hin. Wortlos nahm sie ihn entgegen, aber sich selber so zu stechen, war ihr nicht ganz geheuer, ihre rechte Hand, mit welcher sie den Dolch fest umklammert hielt, zitterte stark. Naikyls Blick war auch zu ihrer Hand geglitten und erkannte ihr Problem. "Soll ich es tun?" Fragte er sie. Zustimmend nickte sie. Er nahm ihr den Dolch aus der Hand und hielt nun mit seiner anderen Hand ihre linke fest. "Entspann dich, dann schmerzt es nicht so." Flüsterte er ihr ins Ohr. Sein Atem kitzelte sie und sie musste kurz auflachen. Und genau in diesem Moment stach er zu. Ein kurzer stechender Schmerz durchfuhr ihren Finger. Ihr Blut tropfte, wie vorher das von Naikyl in die erste Rille und vermischte sich. Daraufhin öffnete Naikyl das kleine Fläschchen und lies auch dessen Inhalt auf den Stein tropfen. Als sich die Flüssigkeiten alle vermischt hatten, sagte er: "Tunke deinen rechten Ringfinger in das Blut und drücke es dann in die zweite Rille, gleichzeitig mit mir." Gehorsam tat sie wie geheissen und legte dann zusammen mit Naikyl ihren Ringfinger in die zweite Rille.

Sie hörte Naikyl noch etwas murmeln, aber dann begann die Umgebung um sie herum zu drehen. Sie hielt sich mit ihrer freien Hand an Naikyl fest, um nicht umzufallen. Und die Welt um sie herum verging zu einem Wirbel aus tausend Farben.





Hallo meine Lieben

Hier ist immerhin noch ein weiteres, wenn auch kurzes Kapitel. Vielleicht schaffe ich es noch morgen vor dem Flug noch eines zu schreiben, kann aber nichts garantieren. Ich danke allen die meine Geschichte lesen und für sie abstimmen, es ermuntert mich immer wieder aufs Neue, weiter zu schreiben.

Einen schönen Abend

Mia L.

Lus-crèWo Geschichten leben. Entdecke jetzt