Kapitel 1

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"Das geht so nicht weiter, Alessandro! Du musst so langsam mal weitermachen." ertönt eine laute Stimme neben meinem Kopf. "Nur noch 5 Minuten." murmele ich leise, drehe mich auf die Seite und versuche weiter zu schlafen. Da wird mir die Decke weggezogen. "Jetzt steh endlich auf!" die Stimme gehört zu meiner Schwester, die allem Anschein nach nicht sehr begeistert von der Idee, noch 5 Minuten weiter zu schlafen, ist.

Also gut, dann stehe ich halt auf. Langsam richte ich mich auf. "Scheiße, wie siehst du denn aus?" Anna sieht mich erschrocken an, dann legt sie ihre Hand auf mein Gesicht. Erst jetzt merke ich, dass mein rechtes Auge höllisch weh tut. "Aua, lass das." erwidere ich nörgelnd. Aber meine Schwester denkt gar nicht daran, mich in Ruhe zu lassen, sondern nimmt meinen Kopf in beide Hände und sieht sich mein Gesicht noch näher an. "Du stinkst nach Alkohol." bemerkt sie monoton. "So wie die letzten Wochen auch. Gab es in den letzten 2 Monaten eigentlich einen Tag, an dem du nicht betrunken warst?" fragt sie.

"Keine Ahnung." antworte ich und löse ihren Griff, damit ich aufstehen kann. Danach gehe ich ins Bad und sehe in den Spiegel. Fuck. Meine rechte Gesichtshälfte ist komplett angeschwollen und blau. Vorsichtig taste ich mein Auge ab und ziehe scharf Luft zwischen meinen Zähnen ein, weil es so weh tut. Ich versuche den Schmerz so gut es geht auszublenden und putze meine Zähne, danach steige ich kurz unter die Dusche.

"Meyer?" "Hey Max, hier ist Alessandro. Kannst du mich vielleicht mit zum Training nehmen. Ich kann nicht fahren." frage ich Max. "Klar, kann ich machen, aber warum kannst du nicht fahren?" antwortet Max. "Ich erkläre es dir später. Wann bist du da?" "Ich muss Leon auch noch abholen, also ich denke, dass ich in 30 Minuten bei dir sein kann." "Super, danke!" sage ich und lege auf.

Meine Schwester steht im Türrahmen und guckt mich misstrauisch an. "Du gehst so zum Training?" fragt sie spöttisch. "Ja, ich muss. Domenico war schon nicht begeistert, als ich letztes Mal nicht da war. Außerdem geht es mir gut." erwidere ich trotzig und stehe auf. "Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich muss meine Tasche packen." füge ich hinzu und, versuche meine pochenden Kopfschmerzen zu ignorieren.

Anna seufzt. "Okay, wenn du denkst, dass das geht. Ich lege dir Aspirin unten auf den Tisch und fahre dann wieder nach Hause." sagt sie und verschwindet durch die Tür. Langsam suche ich meine Sachen zusammen und schmeiße sie unordentlich in meine große Trainingstasche. Mein Kopf dröhnt und mir ist schwindelig. Ich weiß selber, dass der ganze Alkohol mir schadet, aber er ist der einzige Weg um diesen beschissenen Schmerz zu lindern.

7 Jahre waren Miriam und ich zusammen. Und dann betrügt sie mich mit meinem Cousin. Als ich das Haus an dem Abend verlassen habe, dachte ich meine ganze Welt geht unter. Und ich fing an zu trinken. Am nächsten Morgen kam ich stockbesoffen nach Hause und fand Miriam vor, wie sie weinend auf dem Sofa saß. Sie hat sich tausend Mal bei mir entschuldigt und beteuerte, dass es ein Ausrutscher war. Aber ich bin einfach hoch ins Schlafzimmer gegangen und habe ihre Klamotten aus dem Fenster geschmissen. Ich bin nicht stolz drauf, aber ich war nun mal komplett betrunken.

Miriam schrie, dass ich aufhören soll und hat sich an meinen Hals gehängt und einfach nur geweint. Aber ich habe nichts gefühlt, gar nichts. Als hätte der Alkohol meinen ganzen Körper unfähig gemacht, etwas zu empfinden. Und dann schmiss ich sie raus. Es war sicher herzlos von mir, denn sie konnte nirgendwo hin, weil sie kaum Freunde hier hatte, geschweige denn Familie. Über Anna habe ich dann später erfahren, dass sie bei Nick wohnt.

Und seitdem trinke ich. Ich trinke, um das Ganze zu verarbeiten. Ich trinke, um nicht darüber nachdenken zu müssen. Aber vor allem trinke ich, weil ich mich schrecklich allein fühle. In der Sommerpause waren alle meine Kumpels im Urlaub und meine Familie wohnt in Österreich. Außer Anna habe ich niemanden. Aber Anna musste mich in den letzten Monaten schon genug ertragen, deswegen rufe ich sie kaum noch an. Ich will meiner kleinen Schwester auch nicht zu sehr zur Last fallen.

Das Veilchen ist nicht das erste, dass ich aus dieser Zeit habe. Ich frage mich mittlerweile gar nicht mehr wer es mir verpasst hat. Es ist ja auch komplett egal und erinnern tue ich mich auch nicht, also was solls...

Von draußen höre ich eine Autohupe. Das muss Max sein. Ich schultere meine Tasche und mache mich auf den Weg nach unten. Vom Wohnzimmertisch nehme ich noch schnell die Aspirin und nehme sie. Dann gehe ich zu Max' Auto und steige ein. "Wie siehst du denn aus?" fragt Max, als er mich sieht. "Du siehst aus, als hättest du eine Prügelei mit den Hells Angels gehabt." meldet sich Leon neben Max. "Oder mit John Cena." ergänzt Max ihn. Auf einmal fangen die beiden loszuschreien. "AAAAnd his name is JOHN C-E-N-A!" grölen sie und schlagen dann lachend miteinander ein.

Genervt verdrehe ich die Augen. "Nein, ich hatte keine Prügelei mit John Cena. Können wir einfach losfahren? Wir kommen noch zu spät."

forbidden - AS28 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt