Kapitel 8

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Kein wenig müde schlage ich die Augen auf. Heute beginnt mein erster richtiger Arbeitstag und obwohl es ein Job ist, den mein Bruder mir verschafft hat, freue ich mich sehr auf die neue Aufgabe. Endlich kann ich all das, was ich im Studium gelernt habe, anwenden.

Ich schwinge mich aus dem Bett und gehe nach unten. Dort warten bereits ein Frühstück und ein Zettel auf mich. Der wohlige Geruch von Kaffee und frischen Croissants steigt mir in die Nase. Ich greife nach dem Zettel.

Guten Morgen allerliebstes Schwesterherz,

ich wünsche dir heute viel Erfolg mit Alessandro. Ich hoffe, dass er heute nicht so unpässlich ist, wie gestern. Mach einfach das, was wir besprochen haben und alles wird gut werden.

Ich komme erst heute Nacht wieder, weil ich mich mit den Leuten von Nike treffe, um einen Werbespot zu drehen. Sam sollte aber gegen Nachmittag zuhause sein, wenn du etwas brauchst.

Viel Erfolg, ich glaube an dich.

Dein Lieblingsbruder

Grinsend lege ich den Zettel weg und widme mich dem Frühstück. Ich habe die Nacht bei Leon und Sam verbracht, weil unsere Eltern momentan im Urlaub sind und nicht wollen, dass ich allein zuhause bin. Das macht eigentlich gar keinen Sinn, denn in Harvard habe ich praktisch auch alleine gewohnt.

Zumindest wohne ich für die nächsten zwei Wochen bei Leon und Sam, das ist ziemlich praktisch, denn ich liebe es Zeit mit Sam zu verbringen, wir sind wie Herz und eine Seele und quatschen über alles; und dass Leon auch da ist, ist natürlich auch cool. Ich esse ausgiebig und packe dann ein paar Croissants ein und mache noch eine Flasche frischgepressten Orangensaft für den Tag. Damit bewaffnet mache ich mich auf den Weg zu Alessandros Wohnung.

Dort angekommen bemerke ich sofort, dass noch alle Rollläden heruntergelassen sind und das Auto, das vor dem Haus steht, ist anscheinend schon länger nicht mehr bewegt worden. Ich lasse mich davon nicht beirren und gehe zur Eingangstür. Nachdem ich geklingelt habe, trete ich unruhig auf der Stelle. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet oder wie Alessandro auf mich reagieren wird.

Als niemand die Tür öffnet, klingele ich abermals, aber vergebens. Seufzend ziehe ich den Schlüssel, den Leon mir gestern noch gegeben hat, aus meiner Jackentasche und betrete das Haus. Drinnen sehe ich mich um. Es ist immer noch genauso unordentlich und vermüllt, wie gestern, aber es liegen überall Bierflaschen herum, die gestern noch nicht da waren. Mir schwant übles.

"Alessandro?" rufe ich durch die Wohnung, aber niemand antwortet. Ich gehe durch die Räume und rufe seinen Namen noch einmal. Als ich wieder keine Antwort bekomme, straffe ich die Schultern und gehe zurück ins Wohnzimmer. Den Orangensaft und die Croissants lege ich auf den Wohnzimmertisch und nehme dann die Treppe ins Obergeschoss.

Das erste Zimmer, in das ich gehe, ist offensichtlich das Bad und dort ist niemand. Ich gehe weiter und lande daraufhin in einem großen Schlafzimmer. Es muss Alessandros Schlafzimmer sein, denn überall liegen Sportklamotten und der Schrank steht sperrangelweit offen. Außerdem ist das Bett nicht gemacht, wobei es mich gewundert hätte, wenn es gemacht gewesen wäre.

Ich betrete nun den letzten Raum im ersten Stock und sehe, schon während ich die Tür öffne, Alessandros dunkle Haare. Er ist im Gästezimmer. Der Anblick ist mehr als erschreckend. Alessandro liegt vor dem Bett auf dem Boden, er ist halb in eine dünne Decke gewickelt und schläft. Sein Gesicht ziert ein fettes Veilchen. Warum bekommt er nur immer einen auf die Zwölf?

"Alessandro?!" sage ich und knie mich zu ihm. Ich stupse ihn leicht an die Schulter, aber er regt sich kaum und schnarcht friedlich weiter. Ich schüttele ihn fester, damit er aufwacht und tatsächlich schlägt er langsam seine Augen auf. Dann runzelt er die Stirn und schließt seine Augen wieder. Er dreht sich wieder auf die Seite und schläft weiter.

forbidden - AS28 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt