2.Guns and Roses

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"Mama put my guns on the ground. I can't shoot them anymore. That cold black cloud is comin' down. Feels like I'm knockin' on heaven's door" - Guns N Roses

Ich habe geahnt, dass mein Papa nicht allzu begeistert sein würde, wenn ich ihm erzähle, dass ich das Angebot als Fotografin für das American Football Team nicht angenommen hatte. Ich hätte ihn anlügen sollen, doch das konnte ich nicht - nicht mehr, nicht schon wieder.

Er sieht mich an und seufzt. Es ist ein müdes, enttäuschtes und vor allem sehr vertrautes Seufzen. Eines, das ich gehört habe, als meine Erzieherin im Kindergarten ihn anrief, weil ich mich ständig mit diesem blöden Jungen schlug oder als ich mit dem Ball durch das Wohnzimmerfenster geschossen hatte. Und das letzte mal, als er mich von meiner alten Schule abholte, ich mit einem blauen Auge und einem Versprechen, dass jetzt alles besser werden würde.

Ich bin nicht einfach, sondern kompliziert und kalt, weil ich besser alleine dran bin. Ich möchte ihn nicht enttäuschen, doch ich tue es immer wieder. Es ist als hätte ich eine gespaltene Persönlichkeit, eine Seite ist gut und die andere schlecht.

Und obwohl ich mir denken kann, wieso es meinem Vater zu schaffen macht, dass ich solche Chancen nicht egreife, dachte ich, er würde mich verstehen. Doch das tut er nicht.
Und heimlich frage ich mich, ob es meine Mutter tun würde, wenn sie hier wäre.

"Warum musst du so sein?". Er macht eine Pause. "Warum verweigerst du jeden Kontakt zu Menschen? Du hast es einfach. Wieso siehst du das nicht?".

"Warum muss ich so sein?", flüstere ich schroff zurück.

Ich kann nicht glauben das er das sagt. Er weiß, wie sehr ich gelitten hatte, er kennt mich doch genau. Wir haben uns schon früher oft gestritten, doch niemals hatte er so getan, als wäre mein Verhalten nicht nachvollziehbar.

"Das hier alles war nicht meine Entscheidung, sondern deine. Ja, ein Neuanfang ist schön und gut. Aber in einer anderen Stadt? In einer anderen Schule? Nur weil du dich endlich verliebt hast. Du bist unfair! Denkst du wirklich, nur weil du eine Beziehung hast, haben sich auch meine Probleme gelöst? Wir bezahlen die Therapie nicht ohne Grund".

Bei dem letzten Satz bin ich ohne es zu merken laut geworden. Unmittelbar beschleicht mich das Gefühl, eine Grenze überschritten zu haben.

"Ist alles okay?".

Ich müsste mich nicht einmal umdrehen um zu wissen, wem die Stimme gehört.
Regina, die neue Freundin und Geliebte meines Vaters hat sich gerade zu uns gesellt. Sie steht dort, neben meinem Vater, in einem roten Kleid und breitem Lächeln auf dem Gesicht. Ich hasse sie.

Papa sieht mich warnend an. Heute wollen die beiden nämlich ins Kino, und ich soll den Abend nicht ruinieren.
Ich verstehe seine Gestik.
Und auch wenn es verlockend ist genau das zu tun, alles zu ruinieren, reiße ich mich zusammen und zwinge mich zu einem frechen Lächeln, während ich meine Hände unter dem Esstisch zu Fäusten balle um ein Ventil für die aufkommende Wut zu haben.

"Paps und ich haben uns nur gerade über die Hobby-Angebote meiner tollen, neuen Schule unterhalten", sage ich bitter und ich wette man hört den Sarkasmus heraus.

The lies we live | GxGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt