The lies we live | GxG

10.I've got a heart that wants your heart

"I actually fell for you, before I even realized I did".

Es hat mich mehr als nur eine Überwindung gekostet, schließlich Jassica die Adresse zu schicken und ihr die Uhrzeit zu nennen, wann und wo sie mich abholen soll. Sie war sehr empört darüber, als ich ihr klar machte, dass mein Vater sie auf gar keinen Fall sehen darf. Das wäre nämlich die größte Katastrophe, seit meiner Eifersucht über Anthonys Zuneigung Beth gegenüber.

Den ganzen Tag war ich angespannt, wie ein Tiger in seinem Käfig, durch das große Familienhaus gelaufen. Ich habe versucht meine Gedanken zu ordnen, was sich als nicht machbar herausgestellt hat. Immer wieder bin ich zu dem Punkt gekommen, dass ich nichts über Jassicas jetzigen Zustand weiß und Beth eine Bedrohung für meinen Plan ist, nichts als Kälte zu empfinden.
Ansonsten war ich meinem Vater und Regina ziemlich auf die Nerven gegangen, doch sie schienen eher froh zu sein, dass ich wieder gesunde Lebensenergie ausstrahlte. Reginas Beteuerungen darauf, wie viel Spaß sie selbst als Teenager gehabt hätte, beweisen diese Vermutung.
Trotz der guten Stimmung zwischen uns drei, verschwieg ich ihnen, dass ich mit meiner Ex zu einer Party fuhr. Die Ex die Diebstahl beging (oder immer noch kriminell ist), die Ex die mir Drogen angedreht hatte, die, die mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin - Ein junges Mädchen im labilen Zustand, welches dazu neigt entweder zu viel oder gar nichts zu spüren.

Gegen Abend saß ich in einem Haufen aus Klamotten, die sich quer über meinen Zimmerboden aus Holz verteilten, und hielt mir das Handy an mein Ohr, stets versucht, Pauls Ratschlag zu befolgen und wirklich das Outfit anzuziehen, was wir herausgesucht haben.

Das ich ihm letztendlich vertraut habe ist die beste Entscheidung seit langem, denke ich. Jetzt, zwei Stunden später, stehe ich vor einem großen Spiegel im Flur und bewundere das enge Oberteil welches meine Taille genauso schmeichelhaft betont, wie die Oberweite, die ich sonst unter großen Shirts und dicken Pullovern verstecke.
Plötzlich sehe ich nicht mehr aus wie Jordan Hale, ein Mädchen ohne jegliche Perspektive, sondern wie eine junge, selbstbewusste Erwachsene, die großartige Aussichten und Chancen für ihre Zukunft hat. Das mag auch an meinem veränderten Gesichtsausdruck liegen.
Meine mandelbraunen, runden mit einem Lidstrich betonten Augen strahlen, genauso wie die Zähne die durch mein freudiges Lächeln entblößt werden. Mein Hals ist mit einigen Stressflecken übersät, welche mir etwas peinlich sind.
Vielleicht, wage ich zu denken, wird Elizabeth mich doch bewundern.

Oder sie verschwendet nicht einmal eine Sekunde daran, dich anzusehen.

Ja. Da ist es wieder. Das Zweifeln an mir selbst. Ich meine warum sollte sie etwas mit mir zu tun haben wollen und wenn, dann nicht auf die Weise, wie ich es möchte. Beth muss nicht in die Welt schreien, dass sie lesbisch sei, aber woher weiß ich, dass sie vielleicht ein bisschen auch an einer Frau wie mir interessiert sein könnte.
Ich schiebe diese absurden Gedanken beiseite und freue mich auf die Musik und die Menschen. Man sollte meinen, ich müsste eigentlich viel besorgter wegen meiner Panik sein, doch darum mache ich mir heute ausnahmsweise keine Gedanken drüber.

Ein wenig verwirrt über meine Lebenslust, rede ich mir ein, dass Jassica die Verantwortliche für mein Glück sein könnte. Doch insgeheim ist mir schon längst klar, dass ich bereits an ein anderes Mädchen mein armes Herz verloren habe. Das ironische daran ist, dass ich sie weder gut kenne noch dass ich in irgendeiner Weise gut für sie wäre, würde ich das tun.
Und sowieso. Elizabeth hat Geheimnisse, die niemand kennt. Das müsste mir Angst machen.

Regina begleitet mich zur Tür. Sie schenkt mir ein optimistisches Lächeln, was mir wohl Mut machen soll. Sie sieht wie meine blassen Hände zittern, als ich zu meinem schweren Mantel greife und diesen über meine nackten Arme streife.
Auch denkt sie, ich habe nicht mitbekommen wie sie eine Dose in meiner Handtasche verschwinden lassen hat, welche mich schützen soll.
Pfefferspray. Ich habe heimlich eine Grimasse gezogen und ein Schauer ist mir eiskalt den Rücken hinunter gelaufen. Ich hoffe, dass es niemals dazu kommt, dass ich diese Dose benutzen würde. In meinem Alter verschwende ich, anders als meine anderen Klassenkameraden, nicht viel Gedanken an Sex oder Beziehungen.
Aber irgendwie bin ich gerührt über diese Geste, weil sie beweist, dass es der Neuen tatsächlich wichtig ist, wie es mir geht und sie sich um mich kümmern möchte und das aufrichtig.