7|Xenia

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Xenia hatte Depressionen. Auch wenn sie das niemals zugegeben hätte- sie war schwer krank. Vielleicht sogar diejenige, die am meisten litt.

Zuerst verwechselte ich sie mit Amy, aber Xenia war nicht wütend.
Sie war nicht das Feuer. Sie war die Nacht. Schwarz und einsam und beängstigend.
Ich hatte mich schon immer vor der Dunkelheit gefürchtet- und das war sie.

Die Dunkelheit.

Am Anfang hielt ich sie einfach für eines von so  vielen depressiven Kindern auf S4, doch das war sie nicht.

Ich sah es zufällig.
Wir waren die ersten auf Station, im sonst so lautem Gemeindschaftsraum war es mucksmäuschenstill.
Ich saß auf einem der Plastikstühle und grübelte über Sofia und Ana nach, als es passierte.

Nur eine schnelle Handbewegung.
Schon hatte Xenia ihren Pulloverärmel wieder gerade gezupft.

Ich hatte sie trotzdem gesehen.
Die Wunden, frische Narben, das Blut an ihren Unterarmen..
Ein Gewirr aus Schnitten und Kratzern und Verzweiflung, dass sich wie ein Spinnennetz von ihrer hellen Haut abhob.

Xenia war so blutrot wie ihr Körper, den sie mit Glasscherben bemalte, um ihrem Leben wieder Farbe zu geben.

Ja, ich denke Xenia ging es von uns allen am schlechtesten.

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