Kapitel 3: Das Licht

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Ein Jahr später:

"Shikura?" Tyren klopfte an ihre Zimmertür. "Shikura, was ist los? Du bist jetzt schon seit fast einem Jahr nicht mehr hier raus gegangen..."
Als keine Antwort kam, fügte er hinzu: "Ich vermisse dich..."
Da ertönte ein Klacken und Shikura öffnete die Tür so weit, dass Tyren gerade so hineinkam.
Was er sah, schockierte ihn.
Ein Baby.
Reinweiße Haare und schöne, hellblaue Augen.
"Ich...Ich hatte Angst, du...du würdest mich nicht mehr so lieben wie vorher...", platzte es aus der vor Verzweiflung weinenden Shikura heraus.
"Ich könnte dich nie hassen." Tyren umarmte sie und strich über ihre schwarzen Haare.
Tatsächlich beruhigte sie das.
Sie hörte irgendwann auf und ging zu dem schlafenden Kind.
Tyren folgte ihr und legte seine rechte Hand auf den Rand der Wiege und betrachtete es genauer. "Ist es ein Junge oder ein Mädchen?"
"Ein Junge.", erwiderte Shikura leise. "Such du dir einen Namen aus."
Tyren überlegte lange.
Weiße Haare, blaue Augen. Wie der Himmel.
Und was hieß Himmel auf Thalassisch?
Hyal.
"Hyal.", sagte Tyren mit einem Lächeln auf dem Gesicht. "Nennen wir ihn Hyal."
Shikura nickte und beugte sich vor, um dem Baby einen Kuss auf die Stirn zu drücken.
"Krieg ich auch einen?", fragte Tyren schelmisch grinsend.
Shikura sah ihn erstaunt an. Dann grinste sie und zog ihn zu sich.

Der nächste Tag:

Tyren ging normal durch Dalaran.
Er wollte nochmal zu Shikura und sie und Hyal sehen.
Doch der Anblick ihrer Haustür erschreckte ihn.
Mit Blut geschrieben stand dort: "Geh nicht rein, Tyren!" Und klein darunter: "In Liebe, Shikura".
Verwirrt sah er sich um und entdeckte eine Blutspur.
Langsam folgte er der Spur, bis er es nicht mehr aushielt und losrannte.
Es führte ihn zum Rat der Sechs.
Shikura lag vor ihnen, vor Kalec, Modera, Kadhgar und noch drei anderen.
In einer Blutlache.
Erzmagierin Modera hielt Hyal im Arm und starrte noch immer halb verwirrt, halb entsetzt auf Shikura hinunter.
Tyren ging zu ihr und drehte sie mit zitternden Händen auf den Rücken.
Sie war eiskalt.
Shikura war tot.
Tot!
"Das kann doch nicht wahr sein!", fluchte er verzweifelt und suchte nach einem Puls.
Nichts.
Außer heftiger Schmerz.
Es durchfuhr seinen Körper.
Die Erzmagier wichen erschrocken zurück.
Doch dann war alles schwarz.

Tyren blinzelte.
Er lag auf einer Pritsche...wie in einem Gefängnis.
Als er sich aufsetzte, erkannte er noch ungefähr achtzehn weitere Todesritter.
Aber Shikura war nicht dabei.
Noch immer verwirrt sah er sich um...und entdeckte sie hinter sich.
Grau-blaue Haare, leuchtend blaue Augen des Untodes.
Wo war die lebendige Shikura geblieben?
Er vermisste sie...
"Du bist ja endlich wach." Sie setzte sich ebenfalls auf.
Erst jetzt wurde ihm der Unterschied zu damals bewusst: Sie war kalt, emotionslos.
Keine Schüchternheit, kein schelmisches Grinsen mehr, ja, selbst ihre Küsse kamen nicht mehr von ganzem Herzen, mehr so gelangweilt und lustlos...
"Ja, ich bin wach...", sagte er leise. "Wo sind wir?" Und wo ist Hyal?
"In der Kapelle des hoffnungsvollen Lichts.", erwiderte sie. "Du bist zwei Stunden weggetreten gewesen...was war los?"
"Ich...Ich weiß es nicht...", log Tyren. "Wie sind wir denn von Nordend hierher gekommen?!"
"Sie hatten einen Magier bei sich." Shikura sah um sich. "Ich verstehe diesen Ort nicht. Auf mir ist so ein Druck...als wolle jemand, dass ich diese Rüstung ablege und von hier fliehe..."
"Wirklich? Mir geht es auch so." Tyren lachte und wisperte ihr zu: "Gib dem Druck ruhig nach. Das Licht wird dich erfüllen. Du wirst neu geboren."
"Was laberst du für einen Unsinn?" Shikura lachte spöttisch. "Das Licht. Das Licht? Das Licht! Bist du noch ganz klar im Kopf?!"
"Was ist los mit dir, Shikura?" Tyren sah sie verletzt an. "Das hast du noch nie gesagt..."
"Also...eigentlich wollte ich...das..." Shikura stotterte und ihr fielen die Augen zu.
Bewusstlos.
Genau wie er.
Das Schloss der Zelke klackte.
"Raus mit euch beiden." Ein Paladin zeigte auf Tyren und Shikura.
Tyren reagierte umgehend, hob Shikura hoch und verließ die Zelle sofort.
Stattdessen wurden sie in ein Quarantäne-Zimmer gebracht, mit zwei Betten.
Auf das eine legte er Shikura, auf das andere setzte er sich.
Ein Gesangsbuch lag dort.
Er nahm es, blätterte hindurch...und stellte fest, dass er alle Lieder auswendig kannte...

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