Teil12

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Es war mittlerweile gegen Morgen. Die Dämmerung brach an und die ersten Frühaufsteher machten sich auf den Weg zur Arbeit.
Was sollte Sherlock jetzt tun? Sollte er weiterhin warten, bis er neues über John erfuhr? Oder sollte er sich auf den Weg machen und der Sache auf den Grund gehen, um herauszufinden, warum Mr. Perrish in diesem Punkt die Unwahrheit gesagt hatte?
Er schaute zu Verrandatür, zur Straße und wieder zurück zur Verrandatür. Dann entschied er sich zu bleiben. John war ihm wichtiger, wie er zu seinem eigenen Erstaunen feststellte.
Also streckte er sich, frühstückte ein paar Schluck Milch und kuschelte sich noch mal auf die Decke. Kurz darauf war er eingeschlafen.

Er erwachte erst wieder, kurz bevor Dr. Miller seine Praxis für die Sprechstunde öffnete. Mr. Watson und Harriet waren schon da, ebenso Mycroft und auch DI Lestrade. Dr. Miller ließ sie alle hinein, und Sherlock huschte ebenfalls ins Haus.
"Also", sagte der Tierarzt. "Sie brauchen sich nicht mehr sorgen. Der kleine John wird wieder gesund."
Harriet schluchzte vor Freude auf. Mycroft strahlte und drückte ihre Hand.
"Er hat großes Glück gehabt, dass sie ihn so schnell zu mir gebracht haben. Er ist noch schwach, ich behalte ihn noch hier und lasse ihn am Tropf. Heute Abend, bevor ich meine Praxis schließe, können Sie ihn abholen. Er sollte ein paar Tage nicht aus dem Haus, und Diätfutter bekommen."
"Na Gott sei dank", sagte Lestrade erleichtert. "Hören Sie, Doktor, wir wissen jetzt, um welches Gift es sich handelt. Wir haben den Hersteller informiert, die Firma, bei der auch Mrs. Wilson gearbeitet hat. Sie haben die Produktion gestoppt und eine Rückrufaktion gestartet."
Er sah ernst aus.
"Es ist ein ziemlicher Schlag für die Firma. Wir ermitteln, ob es sich um einen gezielten Anschlag handelt."

Sherlock saß zu Lestrades Füßen. Er hatte verstanden, dass John überleben würde und ein Stein war ihm vom Herzen gefallen. Er war unsagbar erleichtert. John, sein Freund John würde wieder gesund. Sein kleines Katerherz klopfte voller Freude.

Harriet durfte kurz zu ihrem kleinen Hund. Der jedoch schlief. Als sie ihn sanft streichelte, zuckten seine Pfötchen. Sherlock war mit ihr hinein geschlüpft. Er sprang auf den Tisch, auf dem das Schlafkörbchen stand, in dem John lag. Er schleckte ihm sanft über den Kopf.

Kurze Zeit später sah man den Kater durch die Straßen flitzen. Er klapperte ein paar Hinterhöfe ab, bis er die gefunden hatte, die er suchte. Es waren ein paar Streuner, die ihn hin und wieder mit Neuigkeiten versorgten. Es gab einfach ein paar Fragen, die er beantwortet, ein paar Probleme, die er geklärt haben wollte.
Und seine Freunde, die auf der Straße lebten, waren einfach ein weit verzweigtes Netz und hatten die besten Möglichkeiten, an Informationen zu kommen.
Er wollte wissen, wo Mr. Perrish arbeitete. Wo entlang sein Weg nach Hause führte. Wie die Freundin des jungen Perrish hieß und wo sie wohnte.
Er hatte keine Ahnung, ob irgendetwas davon wichtig war, aber er wollte einfach nichts übersehen.

Anschließend lief er zum Hause der Wilsons. Auch hier wusste er nicht, ob er etwas wichtiges erfahren würde. Aber er wollte nichts unversucht lassen.
Als er dort ankam, traf er auf Lestrade, dem Claras Vater, Mr. Wilson, gerade die Tür öffnete.
"Guten Morgen, Mr. Wilson, ich wollte Sie auf den neuesten Stand bringen ... Hey was machst du denn hier?"
Sherlock strich ihm um die Beine und schnurrte. Lestrade hockte sich zu ihm. Da Sherlock keine Anstalten machte, von ihm zu weichen, nahm er ihn auf den Arm.
Dann betrat er mit dem Kater das Wohnzimmer. Mr. Wilson bot ihm Tee an, doch er lehnte freundlich ab.
„Also, Mr. Wilson, wir wissen noch nicht viel. Wir wissen, dass Ihre Frau von der ganzen Sache mit dem vergifteten Futter offensichtlich nichts gewusst hat. Zumindest bis gestern. Möglicherweise hat sie es herausgefunden, und das war der Grund dafür, dass man ..."
Er schwieg kurz, und fuhr dann fort.
"Wir wissen allerdings nicht, wer dahinter steckt und auch nicht, warum das Futter vergiftet wurde. Wenn wir das heraus finden könnten, wären wir ein ganzes Stück weiter."
Claras Vater seufzte
"Ich fürchte, ich kann Ihnen gar nichts dazu sagen."
Lestrade nickte. Dann stand er auf und verabschiedete sich.

Vor dem Haus sprang Sherlock von seinem Arm hinunter. Er schmiegte sein Köpfchen noch einmal an Lestrades Bein, den er hatte auch den Polizisten inzwischen durchaus ins Herz geschlossen.
Dann rannte er davon.

Zwei Straßen weiter traf er auf Wiggins. Einer der Streuner, ein junger, wenngleich hässlicher Kater. Er gab ein wildes Miauen von sich, als er Sherlock sah.
"Sheeerlock, Sheeerlock ... komm her!"
"Wiggins, hast du etwas für mich?"
"Jaaaa, Miau. Wir haben etwas herausgefunden."
Er sah Sherlock erwartungsvoll an.
Der verdrehte die Augen.
"Ja, schon gut. Ich sorge wieder dafür, dass Mycroft mich auf der Veranda füttert, und überlasse euch dann das Futter. Eine Woche."
Wiggins nickte zufrieden.
Sherlock würde es nichts ausmachen, ein paar Tage nichts zu fressen. Er betrachtete seinen Körper ohnehin nur als unwichtiges Gefäß seines klugen Geistes.
"Also, Wiggins, nun heraus mit der Sprache. Was habt ihr heraus gefunden?"
Wiggins grinste. Seine Schnurrhaare bebten.
"Der junge Mr. Perrish hat keine Freundin."
Sherlock zog die Augenbraue hoch.
"...sondern einen Freund. Und sein erzkonservativer Vater versucht, diese Tatsache vor der Nachbarschaft zu verbergen. Darum war er heute nachmittag unterwegs. Er wollte mit seinem Sohn reden und ihm, mal wieder, seinen Freund ausreden."
Wiggins schaute äußerst zufrieden drein.
"Ist ihm natürlich nicht gelungen. Und nun rate mal, wer dieser Freund ist ..."
Sherlock war ein einziges Fragezeichen.

Wie Hund und KatzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt