Kapitel 5. - Still Breathing

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Irgendwas war anders, dieser Morgen fühlte sich andres an, ein pochender Schmerz zog sich von meiner rechten Schulter bis in den Rücken, aber das war nicht mal ungewöhnlich. Es schien, als sei ich über Nacht gewachsen und das nicht nur um ein kleines Stück.

Egal wie klein ich mich machte, meine Füße und mein Kopf stießen an die jeweiligen Bettenden, die Decke kratzte und ich spürte noch einen weiteren Gegenstand, unten an meiner Wirbelsäule. Vorsichtig tastete ich mit der linken Hand nachdem Störenfried.
Es war der Verschluss eines Anschnallers. Auf ein Mal nahm ich auch den Geruch von Öl und nassem Hund war.

Zu Hause war ich nicht, zu Hause würde es nie nach Öl oder nassem Hund riechen, auch die Seitenwand neben mir ist ungewöhnlich weich, mir wollte aber nicht einfallen wo ich war und wie ich hier her gekommen war.

Es war mir aber auch gerade ziemlich gleich und so schlummerte ich wieder ein und träumte mich fort, irgendwohin wo es besser war als hier, an einen schöneren Ort, nahezu perfekt. Eine Blumenwiese, Vögel zwitschern, die Sonne scheint mir warm ins Gesicht und es riecht nach Sommer.

Urplötzlich wurde ich jedoch aus meiner Traumwelt gerissen, laute Musik drang an mein Ohr und das Bild meiner perfekten Welt, an das ich versuchte Festzuhalten, zerplatzte vor mir wie eine Seifenblase.

Langsam kamen die Erinnerungen an letzte Nacht zurück, ich hatte es getan. Ich hatte mich überwunden, ich war meinem Paradies ein Stück näher gekommen!

Er hatte sein Versprechen gebrochen und es erneut getan, ich war abgehauen und dann hatte es angefangen zu regnen und dann war da das alte Auto, die hintere Tür war nicht abgeschlossen und dann hatte ich mich dort hin gelegt.

Die Musik wurde unterbrochen und ein Mann begann zu sprechen, ich brauchte etwas, bis ich verstand, dass es ein Radiosprecher war. Der Wagen hielt an, doch der Motor lief weiter, Ampel vielleicht?

„...Vermisst wird ein Jugendlicher, ein Junge, vierzehn Jahre alt, dunkelbraune Locken, graue Augen, Hinweise auf die Person werden an jeder Polizeilichen Dienststelle entgegen genommen und jetzt geht's weiter mit...", ab da an hörte ich nicht mehr zu, war ich gemeint? Suchten sie nach mir? Warum? Ich wollte nicht zurück! Und ich musste unbedingt aus diesem Auto raus! Wer weiß wo die Person am Steuer hin wollte!

Ich hatte ein wenig Angst davor, die Augen zu öffnen, doch schließ ich tat ich es und sah an die graue, schon ein wenig versiffte Decke des Autos. Vorsichtig und den Schmerz in Rücken und Schulter ignorierend richtete ich mich auf um über die Sitzlehne zu schielen. Am Steuer saß ein blonder Mann mittleren Alters, er summte das Lied was gerade im Radio lief mit und trommelte im Takt auf das Lenkrad.

Ich musste hier so schnell raus wie möglich, „Hallo!?", fragte ich zaghaft, der Mann hörte mich nicht und summte weiter, ich kannte den Song, er war von den Ramones und ich liebte diese Band, „Hallo! Sir!?", sagte ich nun lauter.

Ehe ich mich es versah trat der Mann auf die Bremse, die Vollbremsung kam so erwartend unerwartet, das ich erst gegen den Vordersitz prallte und dann zurück gegen die Rückbank fiel. Nach dem der Wagen zum stehen gekommen war, drehte sich der Mann zu mir um, er kam mir erschreckend bekannt vor, doch ehe ich darüber nach denken konnte, krallte sich die Hand des Mannes um meinen Oberarm und zerrte mich auf den Beifahrersitz. „Aua!", es war der rechte Oberarm und das Pochen verschlimmerte sich, doch der Mann achtete nicht darauf.

„Was genau tust du in meinem Auto!?", er hatte mich los gelassen und unauffällig hielt ich mir die rechte Schulter, das Pochen war stärker geworden, „Was machst du hier!?", beschämt sah ich auf meine kaputte Jeans, „Das Auto war offen", murmelte ich kaum hörbar, „Was?", ich sah Angst erfüllt auf, „Ihr...ihr Auto war nicht abgeschlossen".

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